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BVerwG: Behörde muss Posteingangsbuch ggf. lückenlos offenlegen (Foto: Manuel Schönfeld und AllebaziB/Fotolia.com)
Wann ist Behördenbescheid zugegangen?

BVerwG zu Zweifeln am Zugang eines behördlichen Bescheides

ESV-Redaktion Recht
23.09.2022
Sind Zweifel am Zugang eines behördlichen Bescheides angebracht, der mit einfacher Post versendet wurde, wenn die Empfängerin zwar den Zugang bestreitet, aber die Dokumentation ihres Posteingangs für den fraglichen Zeitraum nicht lückenlos offenlegt? Hierüber hat das BVerwG aktuell entschieden.
In dem Streitfall hat die amtsangehörige Stadt Penkun gegen einen subventionsrechtlichen Zinsbescheid des beklagten Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern geklagt. Den Bescheid hatte das Ministerium mit einfacher Post an die Gemeinde versendet. Zudem war in dem betreffenden Verwaltungsverfahren ein Bevollmächtigter für die Stadt bestellt – allerdings ohne Vorlage einer Vollmacht. 

Klage erst über einen Monat nach Bekanntgabefiktion erhoben

Erst über einen Monat nach der Bekanntgabefiktion von § 41 Absatz 2 Satz 1 VwVfG (siehe unten) erhob die Stadt Klage gegen den Bescheid. Sie berief sich darauf, diesen nicht erhalten zu haben. Im Berufungsverfahren trug Klägerin auf Nachfrage des Gerichts vor, dass sie in dem betreffenden Zeitraum zwar ein Posteingangsbuch geführt hätte. Dieses wäre aber heute nicht mehr vorhanden.
 
Die Berufungsinstanz – OVG Greifswald – hatte die Klage als unzulässig abgewiesen. Demnach kann der klägerische Vortrag keine Zweifel am Zugang des Bescheides begründen. Gegen die Entscheidung des OVG wendete sich die Gemeinde mit einer Revision an das BVerwG.

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BVerwG: Keine ernsthaften Zweifel am Zugang des Bescheides angebracht 

Die Revision blieb ohne Erfolg. Der 8. Senat des BVerfG hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Nach Auffassung des Senats durfte das beklagte Ministerium den Bescheid unmittelbar an die Klägerin senden. Zudem gab es für die Vorinstanz keinen Anlass, am Zugang des Bescheides zweifeln. Die weiteren tragenden Erwägungen des Senats:
 
  • Einfaches Bestreiten genügt grundsätzlich: Zwar reicht prinzipiell ein einfaches Bestreiten des Zugangs aus, um Zweifel daran zu begründen, denn der Empfänger kann in der Regel die genaueren Umstände, die gegen einen Zugang sprechen, nicht darlegen.
  • Aber – Ausnahmen für behördliche Adressaten: Ausnahmen gelten jedoch bei Behörden, die ihre Posteingänge dokumentieren. In diesem Fall ist die Darlegung möglich, nach der für den betreffenden Zugangszeitraum kein Eingang festgestellt wurde.
  • Obliegenheit zur Aufbewahrung bei Prozessbeginn: Darüber hinaus, so der Senat weiter, haben derartige Adressaten ab dem Prozessbeginn die verfahrensrechtliche Obliegenheit, nach der sie ihre Dokumentation – zum Beispiel durch ein Posteingangbuch – bis zum Abschluss des Verfahrens zu Beweiszwecken aufbewahren müssen.
  • Klägerin hat Verlust des Posteingangsbuchs zu vertreten: Geht diese Dokumentation in dieser aus Gründen verloren, die der Empfänger vertreten muss, hat dies nicht die Folge, dass nun wieder ein einfaches Bestreiten des Zugangs ausreicht. Einen solchen Verlust, den Klägerin zu vertreten hat, durfte die Vorinstanz beanstandungsfrei annehmen, betonen die Leipziger Richter abschließend.
Quelle: PM des BVerwG vom 21.09.2022 zum Urteil vom selben Tag – 8 C 12.21


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Im Wortlaut: § 41 VwVfG
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
 
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.


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(ESV/bp)
 
 
 

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht