
BVerwG zum datenschutzrechtlichen Anspruch eines Insolvenzverwalters auf Auskunft über Steuerkonto des Insolvenzschuldners
Der Kläger des Urteilsfalls ist Insolvenzverwalter und begehrt in dieser Funktion vom beklagten Finanzamt einen Auszug aus dem Steuerkonto des Schuldners. Hierdurch erhielte er die Möglichkeit, potentiell anfechtungsrelevante Sachverhalte zur Mehrung der Insolvenzmasse zu ermitteln. Sein zunächst auf das Niedersächsische Landesdatenschutzrecht gestütztes Begehren verfolgt er unter Berufung auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO seit dessen Inkrafttreten im Mai 2018 weiter. Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat eine betroffene Person das Recht, von einem für die Datenverarbeitung Verantwortlichen Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu verlangen.
Insolvenzverwalter ist nach Systematik und Sinn und Zweck der einschlägigen DSGVO-Regelungen keine betroffene Person
Dieser Anspruch besteht grundsätzlich auch gegenüber den Finanzbehörden. Allerdings sei der Insolvenzverwalter hinsichtlich der personenbezogenen Daten des Insolvenzschuldners weder nach dem Wortlaut, der Systematik noch nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen der DSGVO „betroffene Person“, urteilten die Richter des BVerwG.Wortlaut Art. 15 Abs. 1 DSGVO (Auszug): Auskunftsrecht der betroffenen Person |
(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden;… |
Wortlaut Art. 4 Nr. 1 DSGVO (Auszug): Begriffsbestimmungen |
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck: 1. „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen;… |
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Keine Erweiterung des Begriffs „betroffene Person“ auf den Insolvenzverwalter
Betroffene Person ist nach dem Urteil des BVerwG gem. Art. 4 Nr. 1 DSGVO nur die natürliche Person, die durch die jeweiligen personenbezogenen Daten identifizierbar oder identifiziert ist.Eine Erweiterung dieses Begriffs auf den mit der Verwaltung der Insolvenzmasse betrauten Insolvenzverwalter widerspräche nach dem Urteil des BVerwG dem Charakter des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Denn die in der DSGVO verankerten Betroffenenrechte dienten dem Schutz des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre aus Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
Dieser Schutz lasse sich nur verwirklichen, wenn sich die von einer Datenverarbeitung betroffene Person vergewissern kann, dass ihre personenbezogenen Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden, um andernfalls von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen unter anderem die Berichtigung oder Löschung ihrer Daten zu verlangen.
Der Auskunftsanspruch sei daher seiner Natur nach ein Instrument zur Schaffung des notwendigen Wissensfundaments für die Geltendmachung weitergehender Betroffenenrechte und ziele nicht auf die vom Kläger beabsichtigte Gewinnung von Informationen mit vermögensrechtlichem Bezug.
Kein Übergang des Auskunftsanspruchs in die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters
Nach der Entscheidung des BVerwG geht dieser Auskunftsanspruch auch nicht in die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters gemäß § 80 Abs. 1 InsO über. Denn der Auskunftsanspruch sei seinem Charakter nach untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden und könne nicht losgelöst von den weiteren Betroffenenrechten betrachtet werden. Eine Ausübung durch den Insolvenzverwalter würde seine Zielrichtung und seinen Zweck verändern. Auch eine Differenzierung nach dem Vermögensbezug der betroffenen Daten komme daher nicht in Betracht.Quelle: PM des BVerwG Nr. 51/2020 vom 17.09.2020
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(ESV/fl)
Programmbereich: Steuerrecht