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BVerwG: Schließung von Fitnessstudios in Sachsen aufgrund von Corona verstößt gegen Gleichbehandlungsgrundsatz (Foto: Robert Kneschke / stock.adobe.om)
Corona und Grundrechte in Sachsen

BVerwG zur Schließung von Fitnessstudios, Restaurants und Hotels aufgrund von Corona

ESV-Redaktion Recht
17.05.2023
Die Schließung von Hotel- und Restaurantbetrieben oder von Fitnessstudios sowie die Ausnahmen der Sächsischen Corona-Schutz-VO vom 30. Oktober 2020 waren nicht nur in Sachsen umstritten. Zur Rechtmäßigkeit der Schließungen im Freistaat hat sich nun das BVerwG geäußert.
In dem Streitfall betreibt die Antragstellerin ein Sport- und Freizeitcenter. Hierzu gehören unter anderem ein Hotel, ein Restaurant sowie ein Fitness- und Ballsportbereich. Mit einem Normenkontrollantrag wollte sie feststellen lassen, dass § 4 Abs. 1 Nr. 4, 6, 16 und 18 SächsCoronaSchVO vom 30. Oktober 2020 unwirksam waren. Vor dem Sächsischen OVG hatte sie damit keinen Erfolg, sodass sie gegen die OVG-Entscheidung mit einer Revision vor das BVerwG zog.

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BVerwG: Keine Rechtfertigung für Schließung von Fitnessstudio

Der 3. Senat des BVerwG hat die Schließung von Fitnessstudios nach Nr. 4 der Vorschrift für unwirksam erklärt. Doch mit ihren weiteren Anträgen hatte die Antragstellerin keinen Erfolg. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:

  • Generalklausel des IfSG verfassungsgemäß: Nach Auffassung des Senats war die Generalklausel des Infektionsschutzrechts – hier § 28 IfSG – bei Erlass der Schutzverordnung verfassungsgemäß. Damit konnte diese Norm auch als taugliche Grundlage für die angegriffenen Maßnahmen dienen.
  • Verbot von Hotel- und Restaurantbetrieb verhältnismäßig: Die Verbote waren dem Senat zufolge im Hinblick auf die damalige pandemische Lage grundsätzlich verhältnismäßig. Das gilt vor allem aufgrund der dynamischen Entwicklung von Corona im Oktober/November 2020, sodass der Senat darin notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 32 Satz 1 IfSG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sah.
  • Ausnahme Fitnessstudio – Schließung verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz: Allerdings sah der Senat in dem Verbot des Individualsports in Fitnessstudios einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn dieser Sport blieb unter anderem in Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs erlaubt. Für diese Ungleichbehandlung gab es dem Senat zufolge keine tragfähige Rechtfertigung. 
Quelle: PM des BVerwG zum Urteil vom 16.05.2023 – 3 CN 6.22


Corona im Rechtsstaat


Wer hätte sich vor Corona vorstellen können, es schon bald mit Grundrechtseingriffen zu tun zu bekommen, die es zumindest im Westen Deutschlands so seit 1949 nicht gab? Oder wie schnell sich das gesamte gesellschaftliche Leben herunterfahren lässt? Zu schnell? Bleiben in der Krise Bürgerrechte und der Rechtsstaat auf der Strecke?

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  • Wie weit hält das Grundgesetz in diesen Krisenzeiten stand, funktioniert die Gewaltenteilung eigentlich noch?
  • Wie ist die Verhältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen?
  • Wie ist der Datenschutz zu bewerten, verhindert er die Pandemiebekämpfung?
  • Wie steht es um die Verlässlichkeit z.B. von Rechenmodellen zum Pandemiegeschehen?
  • Wer hat das Sagen? Die Wissenschaft, die Exekutive? Die Parlamente, die parlamentarische Opposition? Welche Rolle spielen die Medien?

Vielstimmig und kritisch in 39 Interviews: Sie finden Gespräche mit Konstantin Kuhle, Peter Schaar, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Katja Keul, Stefan Brink, Ulrich Kelber, Thomas Ramge, Nikolaus Forgó, Frederick Richter, Konstantin von Notz, Saskia Esken, Henning Tillmann, Ulrich Battis, Kyrill-Alexander Schwarz, Till Steffen, Malte Engeler, Paul Schwartz, Justus Haucap, Linda Teuteberg, René Schlott, Johannes Caspar, Barbara Thiel, Hans Michael Heinig, Horst Dreier, Michael Will, Indra Spiecker, Kai von Lewinski, Andrea Kießling, Johannes Fechner, Florian Schroeder, Manuela Rottmann, Stefan Brink, Paul van Dyk und Jonas Schmidt-Chanasit.

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Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht


Mehr Rechtsprechung 05.05.2023
Gerichtsentscheidungen rund um Corona

Corona hat nicht nur dazu geführt, dass der Gesetzgeber und die Behörden existenzielle Bürgerrechte eingeschränkt haben. Auch das Zivil-und Arbeitsrecht ist betroffen, was die Gerichte noch immer beschäftigt. An dieser Stelle fassen wir fortlaufend – je nach Aktualität – eine Auswahl von wichtigen Gerichtsentscheidungen zusammen, die Corona betreffen und über die wir berichtet haben. mehr …


Im Wortlaut: SächsCoronaSchVO vom 30. Oktober 2020 (Auszug)

§ 4 Schließung von Einrichtungen und Angeboten


(1) Verboten sind die Öffnung und das Betreiben mit Ausnahme zulässiger Onlineangebote von: 

[...]

4. Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen, soweit sie nicht medizinisch notwendiger Behandlungen dienen,

6. Anlagen und Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand und des Schulsports. Dies gilt nicht für das für Individualsportarten organisierte Training sowie deren Sportwettkämpfe ohne Publikum sowie für Sportlerinnen und Sportler,

a) für die ein Arbeitsvertrag besteht, der sie zu einer sportlichen Leistung gegen ein Entgelt verpflichtet und dieses überwiegend zur Sicherung des Lebensunterhalts dient, oder

b) die dem Bundeskader (Olympiakader, Perspektivkader, Nachwuchskader 1) und Nachwuchskader 2 des Deutschen Olympischen Sportbundes oder dem Spitzenkader des Deutschen Behindertensportverbandes angehören oder die Kader in einem Nachwuchsleistungszentrum im Freistaat Sachsen; [...]

18. Gastronomiebetrieben sowie Bars, Kneipen und ähnlichen Einrichtungen. Ausgenommen ist die Lieferung und Abholung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken sowie der Betrieb von Kantinen und Mensen, [ ... ]

§ 28 IfSG  a.F. – Schutzmaßnahmen  (Auszug)
(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige … festgestellt ..., .. trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, … soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. […]


(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht