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Viele Gamer „cheaten“ gerne, um zum Beispiel Hindernisse in Spielen zu umgehen – Symbolbild (Foto: Drobot Dean / stock.adobe.com)
Urheberrechtlicher Schutz von Computersoftware

Cheatsoftware rechtswidrig? BGH ruft EuGH an

ESV-Redaktion Recht
23.02.2023
Das sogenannte „Cheaten“ ist bei vielen Computerspielern sehr beliebt. Oft nutzen die Gamer hierfür eine externe Software. Diese verändert die Daten, die die Spielesoftware im Arbeitsspeicher des Rechners ablegt – und zwar ohne in den Quell- oder Objektcode der Spielesoftware einzugreifen. Unter anderem zu der Frage, ob dies eine urheberrechtswidrige Umarbeitung ist, hat der BGH nun den EuGH angerufen.  
In dem Streitfall vertreibt die Klägerin europaweit Spielekonsolen und Computerspiele hierfür als exklusive Lizenznehmerin.

Die Beklagten zu 1) und 2) gehören einer Unternehmensgruppe an, die Software entwickelt, produziert und vertreibt. Zum Produktumfang gehören auch Ergänzungsprodukte zu Spielkonsolen der Klägerin. Der Beklagte zu 3) ist Director der Beklagten zu 2).

Mit der Software der Beklagten konnten Nutzer von Spielkonsolen Einschränkungen in Computerspielen umgehen. So konnten die Gamer etwa in einem Autorennspiel Einschränkungen bei der Verwendung eines „Turbos“ oder bei der Verfügbarkeit von Fahrern umgehen – und zwar durch die Veränderung von Daten, die die Spielsoftware der Klägerin im Arbeitsspeicher der Konsole abgelegt hatte. Hierin sah die Klägerin eine unzulässige Umarbeitung ihrer Computerspiele im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG und ging gerichtlich dagegen vor.


LG Hamburg: Cheatsoftware greift rechtswidrig in den Programmablauf ein

Die Ausgangsinstanz – das LG Hamburg – hat der Klage auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung einer Schadensersatzpflicht überwiegend stattgegeben. Demnach greifen die Nutzer über die Cheatsoftware in den Programmablauf der klägerischen Spielesoftware ein – mit der Folge, dass das Computerprogramm der Klägerin umgearbeitet wird. Nach Auffassung des LG ist es unerheblich, ob die Änderung des Programmablaufs durch die Veränderung der Spielsoftware oder aber – wie im Streitfall – durch die Änderung von Daten im Arbeitsspeicher erreicht wird. Gegen das Urteil des LG Hamburg wendeten sich die Beklagten mit einer Berufung an das OLG Hamburg.

OLG Hamburg: Änderung von Daten im Arbeitsspeicher lässt Computerbefehle im Quell-und Objektcode unangetastet

Die Berufungsinstanz folgte der Auffassung des LG Hamburg nicht. Sie hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des OLG Hamburg liegt keine Umarbeitung eines Computerprogramms im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG vor. Demnach greift die Software der Beklagten lediglich in den Spielablauf ein, indem sie die Daten im Arbeitsspeicher der Spielkonsole verändert. Hierbei blieben die Computerbefehle im Quell- und Objektcode der Konsole unverändert. Der Ablauf eines Computerprogramms ist dem OLG zufolge aber nicht über § 69a UrhG geschützt. Gegen die abweisende Entscheidung des OLG zog die Klägerin dann mit einer Revision – die die Berufungsinstanz zugelassen hatte – vor den BGH.

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BGH schaltet EuGH ein

Der I. Zivilsenat des BGH hat den EuGH angerufen und diesem zur Vorabentscheidung zwei Fragen vorgelegt, die die Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG betreffen. Der Senat möchte Folgendes wissen:

  • Zum Schutzbereich von Computersoftware: Wird in den Schutzbereich eines Computerprogramms nach Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24/EG eingegriffen, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet?

  • Zur Frage der Umarbeitung eines Werkes: Liegt eine Umarbeitung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/24/EG vor, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet?
Quelle: PM des BGH vom 23.02.2023 zum Beschluss vom selben Tag – I ZR 157/21  


Update

Der EuGH hat inzwischen geantwortet und dabei klargestellt, dass die Cheat-Software nicht das Urheberrecht der Klägerin verletzt, weil diese lediglich die von der Spielkonsole angelegten Variablen ändert und die Originalsoftware weder vervielfältigt noch neue neue Programme entstehen lässt. es ist daher zu erwarten, dass der BGH die Entscheidung des OLG Hamburg im Ergebnis bestätigen wird. 

Mehr zum Thema 18.10.2024
EuGH zum Einsatz von Cheat-Software bei Computerspielen

In  dem Rechtsstreit zwischen der Spiel-Konsolen-Produzentin „Sony“ gegen die „Datel Design and Development Ltd.“, kurz Datel, hat sich der EuGH aktuell geäußert. Die Software von Datel ermöglicht dem Spieler bei einigen Sony-Spielen das Schummeln. Sony versuchte den Vetrieb der umstrittenen Software zu unterbinden.  mehr …



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(ESV/bp)

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