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Kurzweilige Lektüre nicht nur für Sprachwissenschaftler:innen. (Foto: Angela Kausche/ESV)
Lieblingsbuch 2025: Kürze, Verdichtung und Fraktalität

Das Kleine im Großen und das Große im Kleinen – (m)eine Empfehlung!

ESV-Redaktion Philologie
08.12.2025
Wie heißt es so schön: „In der Kürze liegt die Würze“. Kurz ist mein Lieblingsbuch 2025 mit 386 Seiten nicht unbedingt, aber es wurde beim Lesen auch nie langatmig. Es punktet mit guten Beobachtungen und bleibt aufgrund vieler ‚Aha-Momente‘ auch nach der Lektüre ein gern erinnerter Begleiter im Alltag.
Hier ein Emoji, dort ein Verkehrsschild, ein Bilderrätsel oder auch nur die Nachricht eines englischsprachigen Kollegen ”nice to e-meet you“: Kürze, Verkürzung und Komprimierung begegnen uns laufend. Nicht immer nehmen wir sie als solche wahr, weil wir mit vielen Formen der Kürze vertraut sind und uns zuweilen gar nicht auffällt, dass es auch eine Langform gibt.

In seinem Buch Kürze, Verdichtung und Fraktalität gelingt es Hans-Werner Eroms, einen Überblick zu verschaffen über Länge und Kürze in Sprache, Literatur und Kunst. Er erläutert das Verhältnis von Lang- und Kurzformen sowie das Wesen von Fraktalität, nämlich die Eigenschaft von Objekten oder Strukturen, auf verschiedenen Skalenebenen ähnliche oder identische Muster aufzuweisen. Diese sogenannten selbstähnlichen Muster, die vor allem auch in der Natur begegnen, zeigen sich z.B. auch in Sprache und Bildender Kunst.

Lesen Sie hier ein Interview mit dem Autor! 25.06.2025
„Emojis erweitern das Ausdruckssystem unserer Sprache“
„Weniger ist mehr“ ist sicherlich auf vielerlei Ebenen ein Motto unserer Zeit. In einer Welt der ausufernden Möglichkeiten muss man sich manchmal auf das Wesentliche besinnen, ob nun beim bewussten Aussortieren des Kleiderschranks oder beim Filtern und Bewerten von Informationen. mehr …

Besonders gefallen haben mir die beiden Kapitel zur Rolle einzelner Buchstaben oder auch Buchstabengruppen und die Verschränkung von Buchstaben mit Bildelementen. Es ist wirklich interessant, auf wie vielen Ebenen und in welchen Bereichen man hier fündig wird: Von Zeitungsartikeln und Werbung über Comics hin zu Rebus und Emojis: Unser Alltag ist voll von Hüllwörtern wie dem „Z-Wort“, Wortbildungstypen wie „K-Frage“, Hashtags, Binnenmajuskeln wie in „BahnCard“ und beispielsweise den inzwischen Jung und Alt bekannten Smileys, die als Bildzeichen innerhalb eines Textes ein Wort oder einen ganzen Satz, oft auch ein ‚Befinden‘, auf ein einziges Zeichen verkürzen.

Aber auch die Beobachtung, dass ein Programm wie ChatGPT aus der Kurzform einer Anfrage eine Langform generiert und uns diese Langform am Ende dann wieder zusammenfasst, zeigt, wie wichtig der richtige Umgang mit Kürze oder Länge in unserem Alltag mit unbeschränkter Informationsflut sein kann. Auch sehr interessant fand ich bei der Lektüre, dass sich die Thematik von Kürze und Länge nicht etwa erst in der heutigen Zeit finden lässt, sondern ihren Ursprung auch schon in früheren Epochen hat, man denke an Flugblätter, Epigramme, Fabeln oder auch an das gute alte Telegramm, in dem kein Zeichen zu viel stehen durfte, aber trotzdem ein oft gewichtiger Sinn transportiert werden musste.

Es steckt noch sehr viel mehr in diesem Buch, dessen Inhaltsverzeichnis Sie hier einsehen können. Kurz und gut: Eine klare Kaufempfehlung, nicht nur für das Fachpublikum. Das Buch können Sie in jeder Buchhandlung erwerben oder aber über unseren Verlagsshop.

Der Autor
Prof. Dr. Hans-Werner Eroms lehrte bis 2003 als Professor für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Passau. Danach hatte er mehrfach Gastprofessuren u.a. in der Slowakei und Ungarn inne. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Aufsätze u.a. zur Syntax und Stilistik, sowie zur Öffentlichen Sprache, insbesondere zu stilistisch-pragmatischen Phänomenen wie der Verschränkung von Sprach- und Bildkommunikation.

Kürze, Verdichtung und Fraktalität
Minimalismus in der Sprache

Von Hans-Werner Eroms

Kürze und Prägnanz sind Forderungen, die seit jeher an sprachliche Ausdrucksweisen gestellt werden. Aber Kürze und Verdichtung sind nicht auf die Sprache beschränkt. Ähnliche Tendenzen finden sich in der Bildkommunikation. Werden Sprache und Bild integriert, führt das zu noch stärkerer Kompaktheit.
Diesen Phänomenen, wie z.B.

  • der Verdichtung von Texten zur Abstract-Erstellung mit ChatGPT,
  • der Kurzwortbildung,
  • der Binnengroßschreibung
  • oder der Manifestation in Einzelbuchstaben (z.B. eBay, E-Commerce, E-Bike)

widmet sich das Buch.
Doch nicht nur den minimalistischen Formen an sich, sondern auch ihrem Bezug auf Zwischen- und Langformen wird nachgegangen. Mit der seit einiger Zeit intensiv betriebenen, ursprünglich von der Mathematik entwickelten Forschung zur Fraktalität ergibt sich hier ein ganz neuer Zugang. Die Musterung von Gleichheit oder Vergleichbarkeit „selbstähnlicher“ Phänomene eröffnet für die Sprache, aber auch für die Bildende Kunst und andere Disziplinen neue und überraschende Einsichten.

Programmbereich: Germanistik und Komparatistik