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Prof. Dr. Prof. Louisa Specht-Riemenschneider will als neue Bundesdatenschutzbeauftragte die Abstimmung zwischen der DSGVO und den Digitalrechtsakten verbessern (Foto: BfDIDH)
Im Gespräch mit Prof. Niko Härting: Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider als neue Bundesdatenschutzbeauftragte – ein verkürzter Interviewbericht

„Du unterschätzt mich, Niko“

ESV-Redaktion Recht
05.11.2024
Die neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, ist seit September 2024 im Amt. Ein Anlass für Prof. Niko Härting, Herausgeber der Fachzeitschrift „PinG, Privacy in Germany“, sich in einem Interview bei der neuen Bundesbeauftragten nach ihren Zielen und Vorstellungen zu erkundigen – aber auch ihre Haltung zu wichtigen Themen des Datenschutzes zu erfragen. Das Interview ist in voller Länge hier kostenlos abrufbar

Den Geist der DSGVO stärker umsetzen

Nach seinen Glückwünschen zum neuen Amt der Bundesdatenschutzbeauftragten bringt Härting zwei Schlagworte ins Spiel, die ihm in Erinnerung geblieben sind: Er möchte von der neuen Bundesdatenschutzbeauftragten wissen, ob ihr die sogenannten  „Roten Linien“ des Datenschutzes oder die Möglichkeiten der Datennutzung wichtiger sind.

Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider betont zunächst, dass das Eine nicht ohne das Andere geht. Die roten Linien des Datenschutzes – wie etwa den Grundsatz der Zweckbindung – hält sie für wichtig, um das informationelle Selbstbestimmungsrecht zu schützen. Die DSGVO sage aber nicht nur, was nicht gehe.

Vielmehr ermögliche die DSGVO die Nutzbarkeit der Daten an vielen Stellen, wenn hinreichende Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Dies gilt ihr zufolge auch für die Ausübung anderer Grundrechte, wie etwa für die Forschungsfreiheit.
 
Der neuen Bundesdatenschutzbeauftragten geht es aber nicht nur darum, die Datennutzbarkeit überall zu erleichtern, sondern sie möchte auch  den Geist der DSGVO stärker umzusetzen.
 
Bestrebungen, personenbezogene Daten nur deshalb stärker nutzbar zu machen, um den Profit Dritter zu steigern, erteilt sie eine klare Absage. Sie habe auch kein Verständnis dafür, warum die Bildung von großen Persönlichkeitsprofilen in der Hand von einzelnen Akteuren noch immer politisch zugelassen wird. Aus ihrer Sicht ist dies zu unterbinden.
 
Zur Person:
Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider ist seit September 2024 Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Sie war zuvor Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Recht der Datenwirtschaft, des Datenschutzes, der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Ihre Lehrtätigkeit ruht während ihrer Amtszeit als Bundesdatenschutzbeauftragte.

  

Abstimmung zwischen DSGVO und den Digitalrechtsakten verbessern


Anschließend geht Härting darauf ein, dass sich Specht-Riemenschneider bisher vor allem stark mit den neuen Europäischen Rechtsakten zur Datennutzung befasst habe sowie mit Datentreuhandmodellen. Weitere Themengebiete von ihr wären Rechte an Daten oder die Datennutzung bei Gesundheit und Forschung gewesen. Insoweit möchte Härting wissen, welche Erkenntnisse sie aus diesen Themen in ihr neues Amt mitbringt.

Datentreuhandmodelle ein Modewort

Hier gebe es viel zu tun, so Specht-Riemenschneider und führt weiter aus, dass Datentreuhandmodelle ein Modewort für alle möglichen technischen Erscheinungen wären. Die Modelle könnten aber bei der besseren Durchsetzung von Datenschutzrecht helfen. Vor allem bei sogenannten Personal Information Management-Systems (PIMS) oder bei Data Clean Rooms sieht sie viel Potenzial für den Schutz Betroffener.
 
In der öffentlichen Diskussion werde aber zum Teil nicht ausreichend differenziert. Dem Vorwurf, dass Datentreuhänder zur Kommerzialisierung von Daten beitragen sollen, entgegnet sie, dass bei einer richtigen Ausgestaltung das Gegenteil der Fall sei.
 
Auch in der aus ihrer Sicht fehlenden Abstimmung zwischen der DSGVO und den Digitalrechtsakten sieht sie ein großes Problem und hält den oft verwendeten Passus „Die DSGVO bleibt unberührt“ für falsch. Die DSGVO wird ihr zufolge immer berührt, und zwar auch dann, wenn deren Regelungen nur verschärft werden sollen. Hier, so Specht-Riemenschneider weiter, drücke sich der Gesetzgeber um eine Entscheidung und lasse Praxis und Rechtsprechung im Regen stehen. Daher wünscht sie sich, dass der Gesetzgeber insoweit mehr Verantwortung übernimmt. Sie wird das Thema der Abstimmung von Digitalrechtsakten und der DSGVO auf ihre Agenda setzen und versuchen, auch viel zu beraten und zu erklären.


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Eigene Geschäftsstelle für Datenschutzkonferenz (DSK) 


In der Datenschutzszene ist man sich ziemlich einig darüber, dass die Datenschutzkonferenz – kurz  DSK – schlagkräftiger werden sollte, meint Härting dann weiter. So solle die DSK über eine Reform des BDSG aufgewertet werden. Er schließt dann mit der Frage nach der Rolle der DSK und der Kritik an unterschiedlichen Maßstäben und Methoden der einzelnen Landesbehörden an.
 
Dem entgegnet Specht-Riemenschneider, dass sie schon mehrfach eine eigene Geschäftsstelle der DSK gefordert habe. Eine solche würde nicht nur dabei helfen, die Abstimmungsprozesse weiter zu effektivieren und verhindern, dass Prozesse nicht jedes Mal von Neuem aufgesetzt werden. Vielmehr könnten dann die formalen Abläufe an einer Stelle gebündelt werden, was mehr Raum für inhaltliche Arbeit schaffe. Auch wenn es banal klinge, könne eine eigene Geschäftsstelle sehr viel bewirken – und zwar losgelöst davon, dass die DSK schon jetzt wirklich gut zusammenarbeiten würde. 

In der Sache brauchen wir Nachrichtendienste, die unsere Sicherheit gewährleisten


Ein wenig beachtetes Aufgabenfeld der Bundesdatenschutzbeauftragten sieht Härting anschließend in den Aktivitäten der Nachrichtendienste. Insoweit vermutet er, dass die neue Bundesdatenschutzbeauftragte Neuland betritt und fragt nach ihrer Meinung zur Kontrolle von Diensten, die von ihrem Aufgabenfeld her im Geheimen agieren.
 
„Du unterschätzt mich, Niko“, ist ihre spontane Antwort auf Härtings Ausführungen und hebt das Thema Sicherheit als einen der Bereiche hervor, den sie zum Schwerpunkt für ihre fünfjährige Amtszeit gemacht habe. Zwar hätte sie in der Tat bislang nicht wissenschaftlich dazu geschrieben. Dies bedeute aber nicht, dass ihr das alles völlig neu wäre.
 
„In der Sache brauchen wir Nachrichtendienste, die unsere Sicherheit gewährleisten“, fährt sie fort – vorausgesetzt, diese stellen sich der demokratischen Kontrolle. Weil diese Kontrolle in Deutschland aber verteilt ist, hält Specht-Riemenschneider es für sinnvoll, wenn sich die unterschiedlichen Kontrollorgane noch besser untereinander abstimmen könnten. 

Verlagerung der Kontrolle auf neu zu schaffende Behörden würde die demokratische Legitimation der Geheimdienste schwächen


Anschließend kritisiert Specht-Riemenschneider die Überlegungen des aktuellen Gesetzgebers, die Kontrolle über die datenschutzrechtlich relevanten Aktivitäten der Nachrichtendienste von ihrer Behörde auf andere Kontrollorgane zu verlagern. Weil diese erst eine Expertise, die technischen Voraussetzungen und das Personal neu aufbauen müssen, befürchtet sie eine Schwächung der demokratischen Legitimation der Geheimdienste.

Zudem hält sie derartige kostenintensive Verlagerungen der Kontrolltätigkeit gerade in Zeiten angespannter Haushaltslagen für schwer verständlich: „Sachargumente, die mich überzeugen, gibt es jedenfalls nicht“, bekräftigt sie ihre Ansicht hierzu.
 
Lesen Sie das vollständige Interview schon jetzt kostenlos in der Ping, Privacy in Germany, Ausgabe 06-2024 mit den weiteren Themen: 
  • Zivilrechtliches Eigentum an Daten?
  • Erweiterte Befugnisse des BKA
  • KI-Anwendungen als große Chance
  • Die großen Plattformen für Öffentlichkeitsarbeit und die Spielregeln der EU
  • Datenschutz im Gesundheitsbereich
  • Stärkung des Bewusstsein für Informationsfreiheit  


Datenschutz in allen Farcetten

PinG Privacy in Germany

Herausgeber: Prof. Niko Härting

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PinG bleibt im Gespräch: Hören Sie auch in den PinG-Podcast „Follow the Rechtsstaat“ mit Prof. Niko Härting und Dr. Stefan Brink rein, die Fragen zum Datenschutz, zu Grund- und Bürgerrechten in einer bewegten Zeit gemeinsam mit ihren namhaften Gästen ausleuchten.

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht