
(E-)Mails als vorzulegende Handels- und Geschäftsbriefe
Unterlagenanforderung im Rahmen einer Bp
Die Beteiligten streiten anlässlich einer Außenprüfung über die Pflicht zur Vorlage von Handels- und Geschäftspapieren sowie sonstiger Unterlagen einschließlich eines sogenannten Gesamtjournals. Gefordert wurde insb. die Vorlage sämtlicher E-Mails, welche die Vorbereitung, den Abschluss und die Durchführung des sogenannten "…" (Agreements) mit der anderen Konzerngesellschaft einschließlich der Verrechnungspreisdokumentation betrafen.
Anforderung en bloc
Es ist in der Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass die Anforderung von Unterlagen "en bloc" im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung zulässig ist und nicht gegen § 119 Abs. 1 AO verstößt. Insbesondere wegen der oftmals vorhandenen Unkenntnis der Verwaltung über das Vorhandensein konkreter Unterlagen ist ein Vorlageverlangen regelmäßig noch hinreichend bestimmt, dass sich beispielsweise auf "Eingangs- und Ausgangsrechnungen", "Belege zu baren Geschäftsvorfällen", "Unterlagen über die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung" oder "Unterlagen über die Einkünfte aus Kapitalvermögen" erstreckt. Entscheidend ist für die Erfüllung des Bestimmtheitserfordernisses, dass dem Betroffenen eines Verwaltungsakts klar wird, was von ihm verlangt wird.
Vorlage- folgt aus Aufbewahrungspflicht
Die Vorlagepflicht folgt letztlich aus der Aufbewahrungspflicht. Voraussetzung für die Datenanforderung nach § 147 Abs. 6 AO ist allerdings das Bestehen einer Aufbewahrungspflicht. Der Finanzbehörde stehen diese Befugnisse deshalb nur in Bezug auf solche Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Dementsprechend ist es bereits grundsätzlich ausgeschlossen, dass die Finanzverwaltung mittels Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO Einsicht in Unterlagen verlangen kann, die zwar vorhanden sind, aber vom Steuerpflichtigen nicht aufbewahrt werden müssen. So hat nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 AO der Steuerpflichtige die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe geordnet aufzubewahren. Gleiches gilt nach § 147 Abs. 1 Nr. 3 AO für Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe. Aufbewahrungspflichtig sind danach nicht nur die Ein- und Ausgangsrechnungen von Handelsgesellschaften, sondern aufzubewahren ist die gesamte, den betrieblichen Bereich betreffende Korrespondenz, soweit sie sich auf die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines Handelsgeschäfts im Sinne der §§ 343, 344 HGB bezieht. Die Form ist dabei ohne Bedeutung, auch Fernschreiben, Telegramme und insbesondere E-Mails sind grundsätzlich aufbewahrungspflichtig.
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Erstqualifikationsrecht
Durch das sog. Erstqualifikationsrecht, also dass der Steuerpflichtige über die Relevanz der Unterlagen entscheidet und daher selektiert, erweist sich das Verlangen nach Unterlagen auch als verhältnismäßig.
Mit Recht darf sich das Finanzamt deshalb darauf berufen, die Vorlage der Unterlagen diene als Nachweis über die Vollständigkeit der erklärten Betriebseinnahmen sowie zur Überprüfung der angewandten Verrechnungspreismethode. Ohne Vorlage der begehrten E-Mails wäre dem Finanzamt jegliche Möglichkeit genommen, die Angaben sowohl im Hinblick auf die Verrechnungspreismethode als auch hinsichtlich der Art und des Umfangs ihrer Tätigkeiten zu überprüfen.
Dabei muss der Steuerpflichtige seine Datenbestände so organisieren, dass eine berechtigte Einsichtnahme durch die Finanzverwaltung erfolgen kann, ohne dass dabei geschützte Bereiche berührt werden.
Kein Gesamtjournal
Die Aufforderung des Finanzamts, im Rahmen der Außenprüfung ein sogenanntes Gesamtjournal in digitaler Form bereitzustellen, welches vom Finanzamt im Einzelnen bestimmte Informationen zu jedweder E-Mail-Korrespondenz der Klägerin und ihrer Mitarbeiter zu enthalten habe, ist bereits mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig, insb. kann es nicht auf § 147 Abs. 6 AO gestützt werden. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass ihr Einsicht in die gespeicherten Daten gewährt wird und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen genutzt werden kann. Sie kann im Rahmen einer Außenprüfung auch verlangen, dass ihr die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden (§ 147 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AO) oder dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden (§ 147 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AO). Eine Rechtsgrundlage für die Anforderung eines Gesamtjournals kann auch nicht in den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung im Sinne der §§ 238 ff. HGB sowie §§ 140 ff. AO i.V.m. den dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen gesehen werden.
Fundstelle: Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30. April 2025 - XI R 15/23, veröffentlicht am 18. September 2025
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(ESV/cmx)
Programmbereich: Steuerrecht