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Mit dem zivilrechtlichen Nießbrauch sind häufig steuerliche Fragen verbunden (Foto: Nico / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Entgelt für Verzicht auf Nießbrauch

ESV/Redaktion Steuern
04.12.2025
Der Nießbrauch an einem Grundstück kann auch dergestalt genutzt werden, dass das Grundstück vermietet wird. Was passiert nun, wenn für den Verzicht auf die Ausübung eines Nießbrauchsrechts ein Entgelt gezahlt wird? Ist dieser Vorgang steuerbar? Hiermit beschäftigt sich der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil.

Entschädigung für Verzicht auf Nießbrauchsrecht

Streitig war, ob die Entschädigung für den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht an einem vermieteten Grundstück einkommensteuerbar ist.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte ein lebenslanges Nießbrauchsrecht einem Grundstück. Eigentümerin war eine Erbengemeinschaft, der die Kinder der Klägerin angehörten. Die Klägerin vermietete als Nießbraucherin das Grundstück zunächst an einen fremden Dritten und erzielte hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, später an eine KG, deren Komplementärin sie war. Aufgrund dessen wurde das Nießbrauchsrecht dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zugeordnet. Die Klägerin erzielte aus der Vermietung gewerbliche Einkünfte. 2018 schied die Klägerin aus der A-KG aus. Das Nießbrauchsrecht wurde wieder ins Privatvermögen überführt. Die Mieteinnahmen gehörten fortan wieder zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Nachdem die Erbengemeinschaft das Grundstück veräußert hatte, verzichtete die Klägerin auf ihr Nießbrauchsrecht. Hierfür erhielt sie von einer weiteren Gesellschaft, an die das Grundstück zuletzt vermietet war und deren Anteile die Kinder der Klägerin hielten, eine Entschädigung. Die Beteiligten einigten sich auf einen Wert des Nießbrauchsrechts zum Zeitpunkt des Verzichts, der übersteigende Betrag wurde der Klägerin unentgeltlich zugewendet.

Nach einer Außenprüfung qualifizierte das Finanzamt die entgeltliche Ablösung des Nießbrauchsrechts als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und berücksichtigte einen Veräußerungsgewinn.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision war begründet, führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht.

Steuerbarkeit des gezahlten Entgelts

Der BFH rügt, dass das Finanzgericht nicht die von der Klägerin bezogene Entschädigung für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht an dem von ihr vermieteten Grundstück im Umfang des entgeltlichen Teils den nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Einnahmen zugeordnet hat.

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Die Vorschrift hat lediglich klarstellende Bedeutung, welche aber doppelte Wirkung hat. Einmal ist ihr positiv zu entnehmen, zu welcher Einkunftsart eine Entschädigung gehört. Zum anderen hat die Vorschrift auch eine negative Rechtsfolge. Sie stellt in § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG klar, dass alle diejenigen Entschädigungen aus dem Regelungsbereich des § 2 Abs. 1 EStG ausgenommen sind, die für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden, die ihrerseits nicht unter die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG fallen. Es muss demzufolge eine kausale Verknüpfung zwischen der Entschädigung und den entgehenden oder entgangenen Einnahmen bestehen.

In sachlicher Hinsicht muss die Entschädigung für den Wegfall (steuerbarer) Einnahmen gewährt werden. Der Tatbestand des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist daher nicht erfüllt, wenn die Entschädigung für den Vermögensverlust an einem Wirtschaftsgut geleistet wird. Wird das Entgelt für die Aufgabe eines Wirtschaftsguts gezahlt und nicht dafür, dass dem Steuerpflichtigen aufgrund der Aufgabe Einnahmen entgehen, sind nicht die Einkünfte aus diesem Wirtschaftsgut, sondern das Wirtschaftsgut selbst betroffen.

Das Nießbrauchsrecht an einer vermieteten Immobilie, durch das dem Nießbraucher die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG zuzurechnen sind, wenn er im Außenverhältnis selbst als Vermieter in Erscheinung tritt und die an dem Vermietungsgegenstand zustande gekommenen Mietverträge im eigenen Namen abschließt, ist ein Wirtschaftsgut.

Verzichtet ein Nießbraucher auf dieses im Privatvermögen befindliche Recht und erhält er hierfür eine Gegenleistung, soll nach einer Entscheidung des X. Senats des BFH aus dem Jahr 1992 diese Gegenleistung keine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sein. Dies entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die die Ablösung eines Vorbehalts- oder Vermächtnisnießbrauchs gegen Einmalzahlung als nicht steuerbare Vermögensumschichtung ansieht In der Literatur wird für diese Ansicht angeführt, dass das Verzichtsentgelt nicht deshalb gezahlt werde, weil dem Nießbraucher Einnahmen entgingen, sondern weil er ein Wirtschaftsgut aufgegeben habe.

Die Senatsentscheidungen vom 20.09.2024 - IX R 5/24 und vom 11.02.2025 - IX R 14/24 sind dagegen von der Erwägung getragen, dass das Entgelt für die Ablösung eines Nießbrauchsrechts an einem Kapitalgesellschaftsanteil jedenfalls dann als nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbare Entschädigung zu behandeln sein kann, wenn der Nießbraucher wirtschaftlicher Eigentümer des nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteils war und ihm daher insoweit die Dividenden der Gesellschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 3 EStG steuerlich zuzurechnen waren.

Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist der erkennende Senat abweichend zur vorgenannten Rechtsprechung des X. Senats und der hieran anknüpfenden Auffassung der Finanzverwaltung der Ansicht, dass das Entgelt für den Verzicht auf die Ausübung des Nießbrauchsrechts jedenfalls dann eine steuerbare Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG darstellt, wenn der Nießbraucher das Grundstück zum Zeitpunkt des Verzichts tatsächlich vermietet und hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat.

Inhalt eines Nießbrauchsrechts

Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs, § 1030 Abs. 1 BGB ist die Berechtigung, Nutzungen nach § 100 BGB aus der Sache zu ziehen.

Nutzt der Nießbraucher sein Recht dazu, das Grundstück an einen Dritten zu vermieten und hieraus Erträge zu erzielen, stellt die für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht erhaltene Gegenleistung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Entschädigung für die entgangenen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dar. Denn in diesem Fall ist die tatsächliche Einkunftserzielung der wirtschaftliche Kerngehalt des aufgegebenen Rechts. Die Entschädigung tritt an die Stelle des ohne den Verzicht fortwährenden Zuflusses an Mieteinnahmen.  

Damit ist eine Entschädigung, die für den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht an einem zu diesem Zeitpunkt vermieteten Grundstück gezahlt wird, als eine solche für die entgehenden Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks anzusehen.

Der X. Senat hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner in der Entscheidung vom 25.11.1992 - X R 34/89 (BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663) vertretenen Auffassung nicht festhält.

Im Streitfall ist daher der Zufluss der Entschädigung für den Verzicht auf die Ausübung des Nießbrauchsrechts durch die Klägerin in der von den Beteiligten einvernehmlich zugrunde gelegten Höhe steuerbar.

Die Steuerbarkeit nach § 24 Nr. 1 Buchst. a (i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) hat zur Folge, dass es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Entschädigung als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren ist, nicht mehr ankommt. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften sind nach § 23 Abs. 2 EStG gegenüber anderen Einkunftsarten subsidiär.

Der Tatbestand des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige, dem eine Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zufließt, bei Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand. An der gegenteiligen Ansicht hält der X. Senat nicht mehr fest.

Fundstelle: Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. Oktober 2025 - IX R 4/24, veröffentlicht am 4. Dezember 2025


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