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Erbeinsetzungen von Ehegatten mit Kindern sind oft tückisch (Photo: westfotos.de / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

Erbschaftsteuer beim Berliner Testament

ESV-Redaktion Steuern
07.03.2024
Ehegatten mit Kindern bedienen sich häufig eines sog. Berliner Testaments. Dabei wird ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder ausgesetzt, die beim Tod des Erstverstorbenen ihren Pflichtteil nicht fordern (sog. Jastrowsche Klausel). Fraglich war nun, wie dieses (betagte) Vermächtnis bei der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen ist. Damit befasste sich der BFH in seinem Urteil vom 11. Oktober 2023.

Berliner Testament

Im Streitfall errichteten die Eltern der Klägerin zunächst ein sog. Berliner Testament. Bei dieser Konstruktion, die in der Praxis häufig gewählt wird, setzen sich die Eltern gegenseitig zu Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen kann. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt. Weiterhin enthielt das Testament eine sog. Jastrowsche Klausel. Nach dieser soll in dem Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des zuerst sterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten beim Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.

Die enterbten Geschwister der Klägerin machten nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, das jedoch erst mit dem Tod der Mutter fällig wurde.

Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter fest. Das Vermächtnis rechnete es weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

Keine doppelte Besteuerung des Vermächtnisses

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück, der BFH bestätigte diese Rechtsauffassung, dass das Vermächtnis nicht doppelt besteuert worden sei.

Nach dem BFH wurde der Wert des Vermächtnisses für die Tochter (Klägerin) zunächst einmal besteuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert, das heißt einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war, auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen, weil dieses noch nicht fällig und damit noch nicht zu begleichen war. Erst nach dem Tod der Mutter hatte die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr auch der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Im Rahmen dieses Erbanfalls konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung.

Der BFH merkt an, dass bezüglich des betagten Vermächtnisses tatsächlich im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht – einmal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mutter. Dies ist für die Steuerpflichtigen zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht aber nicht zu beanstanden. Es liegt an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, die – um den überlebenden Ehegatten mit ausreichend Liquidität auszustatten – das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstverstorbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.

Quelle: BFH, Urteil vom 11.10.2023 - II R 34/20, veröffentlicht am 27.2.2024

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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht