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Die Veräußerung von mehreren Mehrfamilienhäusern innerhalb eines kurzen Zeitraums kann ungeahnte steuerliche Folgen haben. (Foto: Véronique Sagliet / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und Drei-Objekt-Grenze bei En-bloc-Veräußerung durch eine Kapitalgesellschaft

ESV/Redaktion Steuern
28.08.2025
Das Halten von Grundstücken ebenso wie Erwerb und Veräußerung von Grundstücken haben bei Unternehmen unterschiedliche Gründe. Von steuerlicher Bedeutung ist dies dann, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums mehrere Grundstücke veräußert werden. Dann kann ein sog. schädlicher gewerblicher Grundstückshandel vorliegen. Erneut hatte der Bundesfinanzhof Gelegenheit, sich zu diesem Themenkomplex zu äußern.

Veräußerung von mehreren Mehrfamilienhäusern en bloc

Klägerin ist eine in einen Immobilienkonzern (X-Gruppe) eingegliederte GmbH. Die Geschäftsführer der Klägerin waren auch die Geschäftsführer der Holdinggesellschaft, der Alleingesellschafterin der Klägerin. Eingetragener Geschäftsgegenstand der Klägerin war u.a. die Verwaltung eigenen Vermögens, der Erwerb von Immobilien und die Übernahme von Beteiligungen an anderen Unternehmen.

2016 erwarb die Klägerin fünf Grundstücke, daneben erwarben auch andere Gesellschaften der X-Gruppe weiteren Grundbesitz von den Verkäufern. Die Grundstücke waren jeweils mit mehrstöckigen Mehrfamilienhäusern bebaut und vermietet. Zwei Jahre später veräußerte die Klägerin die fünf von ihr erworbenen Grundstücke an die Y GmbH, eine Objektgesellschaft des Konzerns. Mit gleicher Urkunde veräußerten auch weitere Objektgesellschaften der X-Gruppe Grundbesitz an die Y GmbH.

In ihrer Steuererklärung beantragte die Klägerin gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (a.F.) die erweiterte Kürzung, welche ihr das Finanzamt nicht gewährte. Dabei ging das Finanzamt davon aus, das die Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe, der über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinausgegangen sei. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Im Revisionsverfahren wird die Verletzung von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gerügt.

Gewerblicher Grundstückshandel bei Kapitalgesellschaften

Auch der BFH vertritt die Auffassung, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung im Streitjahr zu versagen ist, weil ihre Tätigkeit gewerblichen Charakter hatte und sich nicht mehr als Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes darstellte.

Grds. sind die Voraussetzungen der sogenannten erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei einer Kapitalgesellschaft  bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Wesentlichen geklärt. Notwendige Voraussetzung für ein Grundstücksunternehmen im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht den Rahmen bloßer Vermögensverwaltung überschreitet. Bloße Vermögensverwaltung ist (noch) gegeben, wenn der Erwerb von Grundstücken lediglich den Beginn und die spätere Veräußerung das Ende einer grundsätzlich auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellt, also kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Hingegen ist die erweiterte Kürzung ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet. Die Grenze zur Gewerblichkeit wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (zum Beispiel durch Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt.

Grundsatz der Drei-Objekt-Grenze

Nach der typisierenden Drei-Objekt-Grenze kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren (zwischen der Anschaffung oder Errichtung und dem Verkauf) mindestens vier Objekte veräußert werden. Solche Veräußerungen lassen typischerweise darauf schließen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Objekte im Sinne der Drei-Objekt-Grenze zur Abgrenzung einer privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel können nicht nur Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen, sondern auch Mehrfamilienhäuser und Gewerbebauten sein.

Durch die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze wird die bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder des Baubeginns vorliegende innere Tatsache der bedingten Veräußerungsabsicht indiziert. Die dadurch indizierte bedingte Veräußerungsabsicht kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden, nicht hingegen durch bloße Erklärungen des Steuerpflichtigen über seine Absichten.

Noch nicht geklärt ist durch die bisherige Rechtsprechung, ob beziehungsweise inwieweit eine Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze bei einer nur kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft nicht nur eine bedingte Veräußerungsabsicht, sondern auch die Überschreitung des für die erweiterte Kürzung maßgeblichen Rahmens der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG indizieren kann. Der BFH hat insbesondere noch nicht die im Streitfall relevante Frage entschieden, ob im Hinblick auf die erweiterte Kürzung auch bei einer Kapitalgesellschaft das Kriterium der Nachhaltigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG in derselben Weise zu prüfen ist wie bei einem Personenunternehmen, wenn für dieses zu entscheiden ist, ob es originär gewerblich tätig ist. Diese Frage ist, wie das FG zu Recht entschieden hat, zu verneinen.

In Übereinstimmung mit dem FG geht der erkennende Senat davon aus, dass der Rahmen bloßer Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes bei einer einmaligen En-bloc-Veräußerung von Grundbesitz in einer für die erweiterte Kürzung schädlichen Weise unabhängig davon überschritten sein kann, ob insofern auch eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Für diese Rechtsauffassung spricht nach dem BFH bereits der Wortlaut der Norm. Dieser stellt weder auf die Erwerberzahl noch auf die Nachhaltigkeit der Veräußerung ab. Auch die Gesetzessystematik liegt diese Auslegung nahe, da er nicht auf die einkommensteuerliche Normen wie z.B. § 15 EStG verweist.

Nachhaltigkeit der Betätigung nicht erforderlich

Hieraus folgt, dass das vom Gesetzeswortlaut nicht erfasste und nicht der Ebene der erweiterten Kürzung zuzurechnende Nachhaltigkeitskriterium auch aus teleologischen Gründen nicht in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG hineinzulesen ist.

Soweit das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht von Anfang an indiziert, die aufgrund der Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von (regelmäßig) fünf Jahren offenbar geworden ist, wird somit zugleich die Überschreitung des Rahmens der bloßen Grundbesitzverwaltung und -nutzung indiziert. Dem steht aus den dargelegten Gründen nicht entgegen, dass das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze im Einkommensteuerrecht nicht auch die Nachhaltigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG indiziert. Denn hierauf kommt es für die Versagung der erweiterten Kürzung wegen Veräußerung von Grundbesitz bei einer Kapitalgesellschaft nicht an. Eine im Hintergrund verbleibende, nur gelegentliche Grundbesitzveräußerung kann im Hinblick auf die erweiterte Kürzung bei einer größeren Anzahl von zeitnah veräußerten Objekten im Sinne der Drei-Objekt-Grenze unabhängig davon nicht mehr zu bejahen sein, an wie viele Erwerber die Veräußerung erfolgt. Für die erweiterte Kürzung ist bereits schädlich, wenn die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung entscheidend in den Vordergrund tritt und die Veräußerung auf diese Weise die Gesamttätigkeit als gewerbliche Betätigung prägt. Werden Grundstücke zeitnah nach dem Erwerb wieder veräußert, deutet dies auf einen Erwerb in Wiederveräußerungsabsicht und nicht auf einen Erwerb zur langfristigen Vermietung hin.

Nach diesen Grundsätzen kann der Klägerin die beantragte erweiterte Kürzung im Streitjahr nicht gewährt werden. Ob eine Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG trotz der en-bloc-Veräußerung aller fünf Grundstücke an nur eine Erwerberin vorliegt, ist unerheblich für die Bejahung des Grundstückshandels der Klägerin, der gegenüber der nur kurzzeitigen Vermietung entscheidend in den Vordergrund getreten ist.

Fundstelle: Urteil des Bundesfinanzhofs vom 3. Juni 2025 - III R 12/22 (veröffentlicht am 28. August 2025)



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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht