
FamG Köln lehnt Anordnung von Wechselmodell ab – und rügt Schriftsatz mit Fake-Zitaten, der vermutlich unter Einsatz von KI generiert wurde
Das FamG Köln musste nun entscheiden, welche Art des Umgangs dem Kindeswohl am besten gerecht wurde.
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FamG Köln: Wechselmodel entspricht nicht dem Kindeswohl
Der Antrag des Vaters blieb vor dem FamG Köln ohne Erfolg. Das Gericht lehnte den Antrag auf Anordnung des Wechselmodells ab. Demnach werden die Kinder sehr stark durch den erbitterten Streit der Eltern – die auch nicht gut kommunizieren – belastet. Darüber hinaus haben die Kinder dem Wunsch des Vaters nicht eindeutig zugestimmt.
Zur Rüge des Gerichts – Einreichung von KI-Schriftsatz
Hervorzuheben ist, dass das FamG Köln den Anwalt der Antragsgegnerin ausdrücklich gerügt hat. Ausgangspunkt der Rüge ist, dass dessen Schriftsatz, den er offenbar von einer KI generieren ließ, zahlreiche falsche Informationen enthielt. Hier einige Beispiele (mehr dazu im Beschluss, siehe unten):
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Falsche Angaben zum juris Praxis Kommentar BGB, Band 4 (jurisPK): Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass der Autor Dr. Wolfram Viefhues nicht im Münchner Kommentar, sondern im jurisPK schreibt, dessen Herausgeber er ist. Zudem wird § 1687 BGB nicht von Brömmelmeyer, sondern von Thormeyer kommentiert. Darüber hinaus gibt es dem Gericht zufolge hier keine Randziffern 65 ff. Schließlich ist demnach die 9. Auflage des jurisPK im Jahr 2024 nicht im Jahr 2021 erschienen.
- Nicht vorhandene Fundstelle: Auch die Fundstelle „Völkl, FamRB 2015, Bl. 74“ ist dem Gericht zufolge frei erfunden. Gleiches gilt für die angebliche Fundstelle „OLG Frankfurt, FamRZ 2021,70“.
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Nicht existenter Rechtssatz: Darüber hinaus, so das Gericht weiter, gibt es keinen Rechtssatz, nach dem ein Wechselmodel mit einem psychisch instabilen Elternteil grundsätzlich unvereinbar wäre.
Quelle: Beschluss des AG Familiengerichts Köln vom 02.07.2025 – 312 F 130/25
Anmerkung der Redaktion: Weitere rechtliche Aspekte beim anwaltlichen Einsatz von KI
Die Ausführungen des FamG Köln verdeutlichen eindrucksvoll, dass es unerlässlich ist, die Quellen und Fundstellen, die eine KI benennt, eingehend zu prüfen. Hiervon entbindet die KI den Anwalt nicht. Es geht auch nicht nur darum, dass sich der Anwalt vor Gericht blamiert. Vielmehr stehen noch folgende weitere Risiken im Raum:
- Prozessbetrug? In der Literatur wird derzeit auch darüber diskutiert, ob die bewusste Angabe falscher Fundstellen gar ein Prozessbetrug oder ein Versuch sein kann. Der lateinische Grundsatz: „Iura novit curia“ (Das Gericht kennt das Recht) lässt daran aber Zweifel aufkommen, wenn man ihn wörtlich nimmt, denn „Wissende“ lassen sich nicht täuschen. Außerdem muss das Gericht die rechtlichen Lösungen selber suchen, wenn sie diese noch nicht kennt. Zudem ist unklar, ob der Anwalt der KI vorliegend nur blind vertraut oder oder ob er von den falschen Zitaten Kenntnis hatte. Zudem wird wohl auf den konkreten Einzelfall und vor allem auf dessen Komplexität abzustellen sein. Erst dann, wenn dem Anwalt Fake-Zitate bewußt sind, ließe sich sagen: „Man kann es ja mal versuchen“, womit wir also mindestens mal beim Versuch wären.
- Verletzung der Verschwiegenheitspflicht? Schließlich kann der Anwalt seine Verschwiegenheitspflicht verletzen, wenn er Mandantendaten an eine öffentlich zugängliche KI weitergibt. Oft ist in diesen Fällen nämlich unklar, wo die Daten aus den Eingaben der KI-Anwender letztlich landen. Dessen muss sich auch ein Anwalt bewusst sein. Auch hier wird es auf den Einzelfall ankommen.
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