
FG Köln zur Berücksichtigung von Kosten der Unterbringung in einer Pflege-WG bei der Einkommensteuer
Der 1965 geborene Kläger des Urteilsfalls ist aufgrund eines Motorradunfalls schwerbehindert. Neben einem Grad der Behinderung von 100 weist sein Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen G (erheblich gehbehindert), B (Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nötig) und H (hilflos) aus. Er ist von der Pflegekasse in Pflegegrad 4 (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) eingestuft.
Er machte in seiner Einkommensteuererklärung Miet- und Verpflegungskosten für seine Unterbringung in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen ab. Der Kläger sei nicht in einem Heim, sondern in einer Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen i. S. des § 24 Wohn- und Teilhabegesetz NRW (WTG NW) untergebracht.
Kosten der Unterbringung in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastung abziehbar
Das Finanzgericht Köln folgte in seinem Urteil indes nicht der Auffassung der Finanzverwaltung und berücksichtigte die Kosten abzüglich einer Haushaltsersparnis als außergewöhnliche Belastungen.Aktuelle Meldungen |
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Während es bei einem älteren Menschen nichts Außergewöhnliches sei, wenn er in einem Altersheim lebe, weil er nicht mehr für sich sorgen könne oder wolle, stelle sich für Menschen im arbeitsfähigen Alter – wie den Kläger – die Unterbringung in einem Heim als außergewöhnlich dar. So lebten Menschen in diesem Alter in der Regel entweder allein oder mit anderen, etwa Ehegatte, Partner oder Familienangehörigen.
Außergewöhnlichkeit auch bei Unterbringung in einer „Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen“ erfüllt
Die Annahme der Außergewöhnlichkeit gelte nicht nur bei einer Unterbringung in einem Heim i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 HeimG bzw. in einer – mit der Föderalismusreform 2006 in Nordrhein-Westfalen inhaltsgleich an dessen Stelle getretenen – sog. Einrichtung mit umfassenden Leistungsangebot nach § 18 Abs. 1 WTG NW. Sie sei vielmehr gleichermaßen bei einer Unterbringung in einer „Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen“ i. S. des § 24 Abs. 1 WTG NW zu bejahen, die – wie im Streitfall – die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 2 WTG NW einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft erfülle, erörterten die Richter des Finanzgerichts in ihrer Entscheidungsbegründung.Kein relevanter Unterschied zur „klassischen Heimunterbringung“ erkennbar
Es sei kein für die steuerliche Betrachtung relevanter Unterschied zwischen den verschiedenen, vom Gesetzgeber gleichermaßen anerkannten Formen der Unterbringung pflegebedürftiger Menschen ersichtlich. Denn – wie bei einer „klassischen Heimunterbringung“ – träten daneben die ihnen hier von einem oder mehreren Leistungsanbietern – statt in Gänze von der Einrichtung – angebotenen Betreuungsleistungen. So werde der Kläger vom ambulanten Pflegedienst X versorgt und es sei u. a. eine 24-Stunden-Betreuung nebst allgemeiner Unterstützungsleistungen im Haus sichergestellt. In der Gesamtschau der von den Klägern von verschiedenen Anbietern entgeltlich erworbenen Leistungen in Gestalt der Überlassung behindertengerecht eingerichteten Wohnraums, der häuslichen Pflegehilfe i. S. des § 36 SGB XI, der Nachtwache und allgemeiner Unterstützungsleistungen nebst der Versorgung stelle sich die Unterbringung in der Wohngemeinschaft im wesentlichen Kern damit nicht anders dar als die in einem Heim im Sinne des inzwischen nicht mehr gültigen § 1 HeimG bzw. nunmehr in einer sog. Einrichtung mit umfassenden Leistungsangebot nach § 18 Abs. 1 WTG NW.Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt
Das Finanzamt hat die vom Finanzgericht zugelassene Revision eingelegt, welche unter dem Aktenzeichen VI R 40/20 beim Bundesfinanzhof in München anhängig ist.Quelle: PM des FG Köln vom 15.03.2021
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(ESV/fl)
Programmbereich: Steuerrecht