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Cheater werden es nach den beiden BGH-Urteilen schwerer haben (Foto: Drobot Dean/Fotolia.com)
Online-Gaming

Game over: BGH befasst sich mit Schummelsoftware für Computerspiele

ESV-Redaktion Recht
07.03.2017
Seit einigen Jahren geht der Computerspielentwickler Blizzard Entertainment, Hersteller des Spiele-Klassikers „World of Warcraft”, gegen die Firma Bossland wegen der Entwicklung und des Verkaufs von Schummel-Software vor. In zwei grundlegenden Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof diesen Streit nun entschieden.
Wer rettet nicht mal gern die Welt? Zumindest virtuell kann sich jeder diesen Traum erfüllen. Online-Spiele machen es möglich.

Vor allem sogenannte „MMORPG-Spiele” basieren auf einem sogenannten Charakter. Diesen muss der Spieler erstellen und kann damit in einer virtuellen Welt agieren. Zusammen mit anderen Spielern kann der Spieler dann Abenteuer erleben und seinen eigenen Charakter weiterentwickeln, zum Beispiel durch den Erwerb von Erfahrungspunkten. Ebenso kann der Spieler wertvolle Gegenstände finden oder Zauberkräfte und Wunderwaffen erwerben. Viele Missionen und Aufgaben brauchen aber sehr viel Zeit und einige Gegenstände gibt es nur äußerst selten.

Ein Pionier auf dem Gebiet dieser Online-Spiele ist die Firma Blizzard, die mit ihrem Spiel „World of Warcraft (WoW)” Maßstäbe gesetzt und zahlreiche Nachahmer gefunden hat.

Mit Bots kann man sich hochschummeln

Wem es nun zu mühsam ist, die entsprechenden Fähigkeiten und Levels im Spiel „redlich” zu erwerben,  kann diesen Lern- und Entwicklungsprozess durch sogenannte Bots und Cheats deutlich verkürzen. Laut den Spielregeln von Blizzard sind solche Automatisierungen aber verboten. Danach ist der Spielehersteller sogar berechtigt, Spieler, die Bots und Cheats verwenden, aus dem Spiel zu verbannen. Dies hat Blizzard in zahlreichen Fällen auch gemacht.  

Allerdings reichte dies dem Hersteller nicht aus. Vielmehr ging es ihm darum, bereits die Anbieter von Bots zu bekämpfen. Mit dem Vertrieb solcher Schummel-Software verdient auch das deutsche Unternehmen Bossland sein Geld. Im Angebot von Bossland befinden sich mehrere entsprechende Programme von Blizzard. In Deutschland dauerten die „Schlachten” zwischen Blizzard und Bossland mehrere Jahre. Die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Kontrahenten dürfte nun durch zwei Urteile des Bundesgerichtshofs entschieden worden sein.

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Urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Aspekte sind entscheidend

  • In dem Verfahren, das der BGH am 06.10.2016 entschieden hat, ging es in erster Linie um urheberrechtliche Fragen. Blizzard sah in dem Umstand, dass Bossland unter anderem Originalversionen des Spiels „WoW” auf seinen Rechnern ablaufen ließ, um die Bots zu entwickeln, einen Urheberrechtverstoß. Ebenso habe Bossland gegen die Lizenzbestimmungen des Spieleherstellers verstoßen. Blizzard verlangte daher Schadenersatz von Bossland. 
  • Insoweit kam es entscheidend auf § 69 d Absatz 3 UrhG an. Danach darf jeder, der zur Verwendung des Vervielfältigungsstücks eines Programms berechtigt ist, das Funktionieren eines Computerprogramms beobachten, untersuchen und testen, um die Elemente, die dem Programm zugrunde liegen, sowie dessen Ideen und Grundsätze ermitteln.  
  • In dem Urteil vom 12.01.2017 - Az: I ZR 253/14 – World of Warcraft II - wollte die Vetriebsparnertin von Blizzard der Fa. Bossland den Vertrieb der Spiele-Bots untersagen. Hier ging es um die Frage, ob der Vertrieb Bots, die eine fremde Spielesoftware betreffen, ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht ist. 
Im Wortlaut: § 69d Absatz 3 UrhG - Ausnahmen von den zustimmungsbedürftigen Handlungen
(3) Der zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks eines Programms Berechtigte kann ohne Zustimmung des Rechtsinhabers das Funktionieren dieses Programms beobachten, untersuchen oder testen, um die einem Programmelement zugrunde iegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn dies durch Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Programms geschieht, zu denen er berechtigt ist.

Bossland: Ablaufenlassen der Original-Spielsoftware durch § 69d Absatz 3 UrhG gedeckt

Die beklagte Firma Bossland sah ihr Handeln durch diese Vorschrift gedeckt. Da Bossland Original-DVDs der Client-Software von „WoW” erworben hatte, sah sich das Unternehmen als rechtmäßige Inhaberin dieser Vervielfältigungsstücke an. Damit sei Bossland auch dazu berechtigt gewesen, den Spiele-Client auf ihren Rechnern entsprechend § 69 d Absatz 3 UrhG einzusetzen und zu testen.

Berufungsgericht: Einsatz der Software auf dem Rechner der Beklagten rechtswidrig


Diese Auffassung teilte das Berufungsgericht nicht. Danach wurde die Spielsoftware lediglich eingesetzt, um die Bots zu entwickeln. Dies sei nicht mehr vom Zweck von § 69 d UrhG erfasst, so das Gericht.

BGH: Spiel besteht nicht nur aus Software, sondern auch aus audiovisuellen Spieledaten

Der BGH kam zwar zum gleichen Ergebnis, wie die Berufungsinstanz. Allerdings begründeten die Karlsruher Richter ihr Ergebnis völlig anders und gingen dabei auf die besondere Charakterisitk von Computerspielen ein:  
  • § 69 d Absatz 3 UrhG gilt nur für die Software des Spiels: Nach Auffassung des BGH durfte die Beklagte zwar die Spielesoftware grundsätzlich nach § 69 d Absatz 3 UrhG testen. Allerdings gilt dies nur für das eigentliche Computerprogramm. 
  • Spiel besteht auch aus audiovisuellen Spieldaten: Das vorliegende Spiel bestünde aber nicht nur aus der sogenannten Client-Software, sondern auch aus audiovisuellen Spieldaten. Für diese Daten gelten weder § 69 d Absatz 3 UrhG noch würde eine der EU-Richtlinien zum Urheberrecht die ungefragte Nutzung dieser Daten rechtfertigen. Damit war die Visualisierung dieser Daten auf den Rechnern der Beklagten rechtswidrig, so der I. Zivilsenat des BGH. 

Vertrieb von Bots ist Wettbewerbsverstoß

Damit nicht genug. In dem zweiten Verfahren, sah der BGH auch den Vertrieb der Bots durch Bossland als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht an. Dies teilte die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz in ihrer Meldung vom 17.01.2017 unter Hinweis auf das BGH-Urteil vom 12.01.2017 (Az: I ZR 253/14 – World of Warcraft II) mit. Dieses Urteil liegt noch nicht im Volltext vor. 

Zum BGH-Urteil vom 06.10.2016 BGH I ZR 25/15 - World of Warcraft I

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Weiterführende Literatur
Das Buch, Recht der Computer- und Videospiele, herausgegeben von Dr. Alexander Duisberg, Rechtsanwalt, und Dr. Henriette Picot, Rechtsanwältin, greift als erstes Werk für den deutschen und europäischen Markt ein breites Spektrum von praxisrelevanten Rechtsfragen auf. Es beleuchtet den Stand der Diskussion, bietet praxisnahe Lösungsansätze an und gibt einen fokussierten Überblick über die Rechtslage in neun europäischen Ländern. Das Werk ist auch als eBook lieferbar.

Das Berliner Handbuch Urheberrecht, herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Marcel Bisges, bietet eine umfassende Darstellung des Urheberrechts. Dabei geht das Werk vor allem auf die Aspekte ein, die für die Praxis wesentlich sind. Besonders hervorzuheben sind die digitalen Verwertungsmöglichkeiten. Zudem bezieht es die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie die jüngste europäische Richtlinien-Gesetzgebung mit ein.


(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht