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Haben zwei Tage ohne Postzustellung Auswirkungen auf die Bekanntgabefiktion? (Foto: blende11.photo / Adobe Stock)
Neues aus der finanzgerichtlichen Rechtsprechung

Gesetzliche Bekanntgabefiktion bei zwei Tagen ohne Postzustellung

ESV-Redaktion Steuern
23.06.2023
Das FG Münster hatte über die fristgerechte Erhebung einer Klage zu entscheiden. Dabei war fraglich, ob die Drei-Tages-Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO auch anwendbar ist, wenn planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Postzustellung stattfindet.

Postweg der Einspruchsentscheidung

Das Finanzamt hatte den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom  Freitag, den 28. Januar 2022, zurückgewiesen. Dabei konnte das Finanzamt aufgrund interner Papiere den Nachweis führen, dass das Schreiben die Behörde noch an diesem Tag verlassen hatte. Die hiergegen gerichtete Klageschrift ging dem Finanzgericht am    3. März 2022 zu. Der Kläger gab dabei an, dass die Einspruchsentscheidung erst am Donnerstag, den 3. Februar 2022, bei seinem Bevollmächtigten eingegangen sei. Grund sei, dass der von der Finanzbehörde eingesetzte Postdienstleister an Samstagen keine Post an die Kanzleianschrift seines Bevollmächtigten zustelle.

Bekanntgabefiktion gilt

Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster war die Klage verfristet.

Das Gericht sieht keinen Grund, von der gesetzlichen Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO abzurücken, nach der die Einspruchsentscheidung am Montag, den 31. Januar 2022, als bekanntgegeben gelte. Damit war die Klage am 3. Februar 2022 verfristet. Ausweislich der Angaben der Finanzbehörde zur Organisation des finanzamtsinternen Postablaufs und der Auskünfte des Postdienstleisters stand für das Finanzgericht fest, dass die mit einfachem Brief versandte Einspruchsentscheidung am 28. Januar 2022 an den Postdienstleister übergeben wurde.

Dem Kläger war es demgegenüber nicht gelungen, berechtigte Zweifel an der gesetzlichen Bekanntgabefiktion zu begründen. Hierfür reiche ein abweichender Eingangsvermerk wie z.B. der auf der Einspruchsentscheidung angebrachte Eingangsstempel der Kanzlei des Bevollmächtigten nicht aus. Auch war nicht feststellbar, welche Mitarbeiterin des Bevollmächtigten das Eingangsdatum auf der Einspruchsentscheidung aufgebracht hatte.

Auch die vom Kläger geltend gemachte generelle Unzuverlässigkeit des vom Finanzamt eingesetzten Postdienstleisters erschütterten die gesetzliche Fiktion nicht, weil der Postdienstleister Postlaufzeitmessungen vorlegen konnte, nach der er eine Zustellquote von 95,5 % für den Zeitraum zwischen Einlieferungstag und dem zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag nachweisen konnte.

Trotz zweier zustellfreier Tage (Samstag und Sonntag) konnte auch nicht generell von einer atypischen Konstellation ausgegangen werden, die die Drei-Tages-Fiktion ohne Vorliegen weiterer Umstände entkräftet.

Die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO entfällt daher nicht unabhängig von den vom Empfänger erhobenen berechtigten Zweifeln gegen den nach der Zugangsvermutung berechneten Bekanntgabezeitpunkt, wenn innerhalb des Drei-Tages-Zeitraums planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Postzustellung stattfindet.

Revision zugelassen

Das Finanzgericht Münster weicht mit seinem Urteil von der Rechtsprechung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 24. August 2022 - 7 K 7045/20 ab, wonach die Drei-Tages-Fiktion nicht anwendbar wärel, wenn nach dem Absendetag zwei zustellfreie Tage liegen bzw. regelmäßig an einem Werktag keine Postzustellung stattfindet. Aus diesem Grunde wurde die Revision gegen das Urteil zugelassen.

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Fundstelle: Finanzgericht Münster, Urteil vom 11. Mai 2023 (8 K 520/22 E)



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