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Schülerinnen und Schüler sind in der Schule und auf dem Schulweg gesetzlich unfallversichert – grundsätzlich auch bei gewaltbedingten Unfällen. (Foto: Yamu_Jay/Pixabay)
Gewalt unter Schülerinnen und Schülern

Jede dritte Lehrkraft sieht häufig Mobbing unter Schülerinnen und Schülern

ESV-Redaktion Arbeitsschutz/DGUV
10.10.2024
Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen hat den Eindruck, dass psychische Gewalt und Formen des Mobbings unter Schülerinnen und Schülern nach der Pandemie zugenommen haben. 44 Prozent sehen auch eine Zunahme von körperlicher Gewalt.
Das ist das Ergebnis einer von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) beauftragten repräsentativen Umfrage. Insbesondere psychische Gewalt wie Beleidigungen, Beschimpfungen und Mobbing sei demnach häufig zu beobachten. Neben den Umfragedaten veröffentlichte die DGUV ihre jährliche Statistik der gewaltbedingten Schülerunfälle für 2023. Deren Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr um rund 11.000 auf 64.897. Sie lag damit allerdings immer noch unter dem Wert vor der Pandemie (2019: 72.973). DGUV-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Hussy appelliert vor diesem Hintergrund, in nachhaltige Maßnahmen zur Gewaltprävention zu investieren.

Schülerinnen und Schüler sind beim Schulbesuch und auf dem Schulweg gesetzlich unfallversichert. Dieser Versicherungsschutz erstreckt sich grundsätzlich auch auf gewaltbedingte Unfälle. Laut DGUV-Statistik lag die Unfallrate im vergangenen Jahr bei 7,5 gewaltbedingten Unfällen je 1.000 Versicherte. Diese Quote liegt deutlich über jenen der Pandemiejahre (2020: 4,6, 2021: 3,9, 2022: 6,4), aber immer noch unter der Unfallrate vor der Pandemie (2019: 8,8). Schwere Verletzungen als Folge gewaltbedingter Unfälle sind selten: Beispielsweise kam es bei 5.200 Unfällen zu einer Fraktur. Eine Unfallrente wurde in 11 Fällen erstmals gezahlt.

„Der langjährige Trend rückläufiger Unfallzahlen durch Gewalt ist damit zwar ungebrochen“, so Hussy. „Das darf jedoch kein Anlass sein zu glauben, alles wäre in Ordnung, und die Hände in den Schoß zu legen.“ Denn die Unfallstatistik zeige kein vollständiges Bild des Gewaltgeschehens an Schulen. „Insbesondere psychische Gewalt und ihre Folgen tauchen darin nicht auf. Um ein Gesamtbild der Lage an allgemeinbildenden Schulen nach der Pandemie zu erhalten, haben wir daher diejenigen gefragt, die für die Sicherheit und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Schulen besondere Verantwortung tragen: Lehrerinnen und Lehrer“, so Hussy. „Die Ergebnisse unseres DGUV Barometers zeigen, dass wir mit Blick auf eine gewaltfreie Schule noch ein gutes Stück Weg vor uns haben.“

Im Auftrag der DGUV hat das Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa im August 2024 1.031 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen zu Gewalt unter Schülerinnen und Schülern sowie zu Präventionsmaßnahmen und -bedarfen befragt. Die wichtigsten Erkenntnisse der repräsentativen Umfrage sind:
  • Vier von zehn Lehrkräften waren im vergangenen Schuljahr mindestens einmal pro Woche mit psychischer Gewalt unter Schülerinnen und Schülern persönlich befasst, drei von zehn mit körperlicher Gewalt – beispielsweise, weil der Vorfall in ihrem Unterricht oder während ihrer Aufsicht passiert ist oder sie als Klassen- oder Vertrauenslehrerin oder -lehrer hinzugezogen wurden.
  • Zu den am häufigsten beobachteten Formen psychischer Gewalt gehören Beschimpfungen, Beleidigungen, Anschreien und Herabsetzen, was von knapp der Hälfte der Befragten häufig wahrgenommen wird. Mobbing als systematisches Ausgrenzen, Verspotten und Lächerlichmachen unter Schülerinnen und Schülern wird von rund einem Drittel der Lehrkräfte häufig im Schulalltag wahrgenommen. 23 % nennen auch Cybermobbing über Internet und soziale Medien.
  • Rund ein Drittel der befragten Lehrkräfte beobachtet häufig Schläge und Tritte als Form körperlicher Gewalt im Schulalltag. 18 % geben Haareziehen und Kneifen an. 8 % antworten, dass sie Angriffe mit Gegenständen häufig wahrnehmen.
  • Lehrkräfte an Gymnasien berichten seltener über psychische und körperliche Gewalt als Lehrkräfte anderer Schulformen.
  • In der überwiegenden Mehrheit (93 %) vermuten Lehrkräfte, dass persönliche Faktoren wie Impulsivität, mangelnde Empathie und niedrige Frustrationstoleranz zu Gewalt führen. Familiäre Faktoren wie eine geringe Bindung an die Eltern, Gewalt im Elternhaus oder hoher Medienkonsum werden ebenfalls als häufige Faktoren für Gewalt angenommen (78 %). Seltener (27 %) werden dagegen Faktoren im schulischen Umfeld, wie Kriminalität in der Nachbarschaft, oder schulische Faktoren (28 %), zum Beispiel ein negatives Schulklima, als Faktoren für psychische Gewalt vermutet.
  • Mehr als die Hälfte der Befragten (56 %) sieht eine Zunahme psychischer Gewalt unter Schülerinnen und Schülern nach der Pandemie. 44 % nehmen eine Zunahme körperlicher Gewalt wahr. Als Ursachen werden hier insbesondere ein Konsum problematischer Medien und persönliche Faktoren wie mangelnde Empathie, mangelnde Sozial- und Konfliktlösungskompetenz sowie falsche Erziehung gesehen.
Die Umfrage umfasste auch Fragen zur Gewaltprävention:
  • 84 % der Befragten geben an, dass Gewaltprävention im Schulprogramm ihrer Schule verankert ist.
  • An vielen Schulen kommt ein breites Spektrum von Maßnahmen zum Einsatz. So gaben 73 % der Befragten an, mit multiprofessionellen Teams aus Schulpsychologen und -sozialarbeitern zusammenzuarbeiten. 64 % sagen, ihre Schule verfüge über einen Schulkodex, also schulische Leitlinien. Mehr als 40 % der Lehrkräfte sagen, dass ihre Schule mit der Polizei sowie mit anderen externen Partnern kooperiere.
  • Auffällig ist, dass nur ein Viertel der Befragten angibt, dass Gewaltvorfälle systematisch an ihrer Schule erfasst werden. 41 % sagen, dass ihre Schule ein Nachsorgekonzept habe, z. B. in Form einer Streitschlichtung. Die Frage, ob es einen festgelegten, allen bekannten Ablauf bei Gewalt an der Schule gibt, bejahen ebenfalls nur 41 %.
  • Nach Möglichkeiten zur Verbesserung befragt, nannte rund ein Drittel der Lehrkräfte Aspekte aus dem Themenbereich Prävention und Umgang mit Gewaltfällen, insbesondere eine konsequentere Haltung des Kollegiums und der Schulleitung. Auch eine bessere Ausstattung mit Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern wird vorgeschlagen.
„Schulen tun bereits viel, um Gewalt zu begegnen“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Bildungseinrichtungen der DGUV, Annette Michler-Hanneken von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. „Die Antworten zeigen aber auch, dass ein Teil der Lehrkräfte noch Verbesserungsmöglichkeiten sieht.“ Hierfür stelle die gesetzliche Unfallversicherung Präventionsangebote wie das Programm „MindMatters“ zur Verfügung, das bereits von vielen Schulen in Deutschland erfolgreich angewendet werde.

Mit der Kampagne #GewaltAngehen werben Unfallkassen und Berufsgenossenschaften zudem dafür, dass Prävention von Gewalt möglich und wichtig ist. „Damit Schule gut ist, muss sie gesund sein“, so Präventionsexpertin Michler-Hanneken. „Und eine gesunde Schule ist eine Schule, die sich Gewalt entgegenstellt.“

Weiterführende Links:
Hintergrund der Schülerunfallstatistik
Zuständige Unfallversicherungsträger für die Schülerunfallversicherung sind die regionalen Unfallkassen. Ihnen werden Unfälle beim Schulbesuch und auf dem Schulweg gemeldet, wenn sie zu einer ärztlichen Behandlung geführt haben. Der Anteil der gewaltbedingten Unfälle an allen Schülerunfällen wird anhand einer 3-Prozent-Stichprobe ermittelt, auf deren Grundlage die Statistik der DGUV die entsprechenden Werte hochrechnet.

Hintergrund der Umfrage
Für die Umfrage befragte forsa 1.031 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland. Die Umfrage lief vom 2. bis 27. August als Online-Befragung. Die Teilnehmenden wurden mithilfe einer Zufallsstichprobe ausgewählt. Die Ergebnisse sind mit einer Fehlertoleranz von +/- 3 Prozentpunkten auf die Gesamtheit aller Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland übertragbar.

Quelle: Pressemitteilung der DGUV

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