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Doppelbesteuerungsabkommen kann zu finalen Verlusten führen (Photo: N. Theiss / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

Keine Berücksichtigung sog. finaler ausländischer Betriebsstättenverluste

ESV-Redaktion Steuern
28.04.2023
Was geschieht mit Verlusten inländischer Unternehmen aus einer im EU-Ausland belegenen Niederlassung, wenn im Inland Gewinne erzielt werden? Können diese verrechnet werden, wenn nach dem einschlägigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung für die ausländischen Einkünfte kein deutsches Besteuerungsrecht besteht? Mit diesen Fragen befasst sich der BFH in einem jüngst veröffentlichten Urteil.

Defizitäre Zweigniederlassung in Großbritannien

Der BFH befasste sich mit den oben angesprochenen Fragen aufgrund folgender Fallkonstellation des Urteils vom 22. Februar 2023 – I R 35/22 (I R 32/18): Eine in Deutschland ansässige Bank hatte im Jahr 2004 in Großbritannien eine Zweigniederlassung eröffnet. Da diese Zweigniederlassung aber ausschließlich Verluste erwirtschaftet hatte, wurde sie im Jahr 2007 wieder geschlossen. Eine steuerliche Nutzbarkeit dieser Verluste in Großbritannien war nicht möglich, da die Filiale dort niemals Gewinne erzielt hatte. Fraglich war daher, ob diese Verluste in Deutschland steuerlich erfasst werden können.

Vorrangig Doppelbesteuerungsabkommen zu prüfen

Der BFH stellt klar, dass die Verluste auch in Deutschland nicht nutzbar sind. Grund ist das einschlägige Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, welches besagt, dass Betriebsstätteneinkünfte aus Großbritannien nicht der deutschen Besteuerung unterliegen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die sog. Symmetriethese, nach der die abkommensrechtliche Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte sowohl positive als auch negative Einkünfte, also Verluste, umfasst. Solche vergleichbaren Regelungen sind in einer Vielzahl der von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen zu finden.

EU-Recht im Wandel

Der BFH hatte hierzu den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angerufen und in der Folge entschieden, dass dieser Ausschluss des Verlustabzugs auch im Hinblick auf sog. finale Verluste nicht gegen das Unionsrecht verstößt.

Nachdem zunächst sowohl der EuGH als auch der BFH davon ausgegangen waren, dass aus Gründen der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit ein Verlustabzug möglich ist, wenn und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im ausländischen Betriebsstättenstaat „final“ sind, änderte sich dies mit Erlass des EuGH-Urteils Timac Agro Deutschland vom 17.12.2015 (C-388/14). Dieses war vom BFH (Urteil vom 22.02.2017 – I R 2/15) als Aufgabe dieser Rechtsprechung verstanden worden. Dieses Rechtsverständnis war nach weiteren EuGH-Entscheidungen zweifelhaft geworden, so dass der BFH den EuGH erneut zur Klärung angerufen hatte. Dieser hat mit Urteil vom 22.09.2022 – C-538/20 sein Urteil Timac Agro Deutschland und damit auch im Ergebnis die Aufgabe der früheren Rechtsprechung bestätigt.

Finale Verluste verstoßen nicht gegen EU-Recht

Mit dem vorliegenden Urteil vom 22.02.2023 (I R 35/22) hat der BFH eine für international tätige deutsche Unternehmen wichtige Entscheidung getroffen. Inländische Unternehmen können Verluste aus einer im EU-Ausland belegenen Niederlassung nicht steuermindernd mit im Inland erzielten Gewinnen verrechnen, wenn nach dem einschlägigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung für die ausländischen Einkünfte kein deutsches Besteuerungsrecht besteht. Das gilt auch, wenn die Verluste im Ausland steuerrechtlich unter keinen Umständen nutzbar gemacht werden können, also „final“ sind (sog. finale Verluste). Hierin liegt kein Verstoß gegen das Recht der Europäischen Union.

Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 27. April 2023 – Nummer 024/23


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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht