
Keine rückwirkende Korrektur von Rechnungen bei fehlendem Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft
Warenbewegung innerhalb der EU
Streitig war, ob fehlerhaft behandelte innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte mit Rückwirkung umsatzsteuerrechtlich korrigiert werden können.
Kläger ist ein Großhändler für land- und forstwirtschaftliche Maschinen, welche er direkt bei den Herstellern, die u.a. in Belgien ansässig sind, bestellt. Der Großteil der Erwerber ist in Polen ansässig. Daher erfolgt die Warenbewegung unmittelbar vom Hersteller zum Erwerber in Polen. Alle Unternehmer verwenden jeweils die USt-IdNr. Ihres Ansässigkeitsstaates.
Für die Eingangslieferung erklärte der Kläger umsatzsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe im Inland und machte zugleich den Vorsteuerabzug geltend. Die Weiterlieferung nach Polen wiederum deklarierte er als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Seine Rechnungen und auch die Zusammenfassenden Meldungen erhielten jedoch zunächst keinerlei Hinweise auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft.
Das zuständige Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Voraussetzungen eines Reihengeschäfts erfüllt sind. Damit sei die nachfolgende, unbewegte Lieferung des Klägers nach Polen in Polen steuerpflichtig. Zugleich habe der Kläger die Waren gemäß § 3d Satz 2 UStG in Deutschland innergemeinschaftlich erworben mit der Folge, dass ein Recht auf Vorsteuerabzug nicht bestehe.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung korrigierte der Kläger die Rechnungen im Sinne des § 25b UStG und gab auch dahingehende Zusammenfassende Meldungen ab.
Das Finanzamt erkannte dies nicht an, das angerufene Finanzgericht vertrat die Ansicht, dass die innergemeinschaftlichen Erwerbe gemäß § 3d Satz 2 Hs. 2 UStG bereits in den Streitjahren entfallen seien, weil der Kläger mit Rückwirkung die Rechnungen an die Kunden berichtigt und eine korrigierte Zusammenfassende Meldung abgegeben habe, so dass die Erwerbe bereits zu diesem Zeitpunkt nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert zu gelten hätten.
Keine rückwirkende Heilung durch Rechnungsberichtigung
Anders als die Vorinstanz verneint der BFH eine rückwirkende Heilung. Da die Voraussetzungen von § 25b Abs. 1 und 2 UStG nicht vorliegen, kommt die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG nicht zum Tragen. Somit hat der Kläger hat damit zusätzlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland bewirkt, der in den Streitjahren weder nachweislich im Bestimmungsland besteuert wurde noch als besteuert gilt.
Der BFH kommt zu der Auffassung, dass ein Reihengeschäft vorliegt und der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs des Klägers sowie der Weiterlieferung damit im Bestimmungsland (hier Polen) liegen. Da der Kläger seine deutsche USt-IdNr. verwendet hat, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb daneben aber auch als in Deutschland bewirkt. Zu einem Entfall des deutschen Besteuerungsrechtes nach § 3d Satz 2 Hs. 2 oder § 25b UStG kommt es nicht.
Für § 3d Satz 2 Hs. 2 UStG fehlt es an dem Nachweis der tatsächlichen Besteuerung im Bestimmungsland. Gleiches gilt für die Besteuerung aufgrund der berichtigten Rechnungen, so dass es auf den Umstand, dass diese nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG keine Rückwirkung hätten, nicht ankommt.
Auch lagen die Voraussetzungen für die Besteuerungsfiktion nach § 25b Abs. 3 UStG nicht vor, da schon die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 der Norm nicht erfüllt waren. Dies gilt insbesondere für die Voraussetzung, dass der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG erteilt haben muss, in der auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen ist. Dieser Hinweis fehlte in den ursprünglichen Rechnungen und einer Berichtigung kommt keine Rückwirkung zu.
Laut EuGH wird der Enderwerber nicht wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt, wenn die Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthält. Eine spätere Ergänzung führt nicht mehr dazu, dass die Steuerschuld auf den Empfänger übergeht. Es handelt sich letztlich um eine materielle Voraussetzung für die Besteuerungsfiktion, die keiner rückwirkenden Berichtigung zugänglich ist.
Fundstelle: BFH, Urteil vom 17.07.2024 - VI R 35/22 (XI R 14/20), veröffentlicht am 19.09.2024
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