Kindergeld - auch für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Im Wortlaut: § 1 Absatz 3 BKGG |
(3) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden, c) nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder 3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt. |
Constanze Janda hält die teleologische Reduktion des § 1 Absatz 3 BKGG für zwingend, wonach das Arbeitsmarktkriterium nicht angewendet wird auf nichtfreizügigkeitsberechtigte Vollwaisen. Für diese Kinder und Jugendlichen wäre das Kindergeld sonst unerreichbar, wenn nur solche Kinder diese Leistung erhielten, die erwerbsfähig seien. Das sei eine besondere Härte, weil die nichtfreizügigkeitsberechtigte Vollwaisen neben den Verlust ihrer Eltern auch finanzielle Einbußen hätten.
Kindergeld für minderjährige Flüchtlinge entlastet Kommunen
Für Kommunen, die unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreuen, wäre das gewährte Kindergeld eine Möglichkeit, die finanzielle Belastung entscheidend zu verringern. Doch würden die unbegleiteten Minderjährigen derzeit nach § 1 Absatz 3 BKGG erst mit inländischen Vollweisen gleichgestellt, wenn sie als Asylberechtigte oder Flüchtlinge anerkannt werden. Diesen Status würden sie üblicherweise nicht erreichen, sodass sie nach § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) lediglich ein Bleiberecht in Deutschland hätten, weil der Aufenthaltsort der Eltern nicht bekannt sei.Aktuelle Meldungen |
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Anspruch sollte für alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gelten
Der gewährte subsidiäre Schutz begründe aber zwangsläufig eine Einsatzpflicht des Sozialstaats. Dieser könne nicht den Aufenthalt von Menschen im Inland zulassen, ohne zugleich für deren Wohl einzustehen, so Janda in ihrem Beitrag für die SGb. Den Einwand, dass das Existenzminimum ohnehin durch die Sozialhilfe abgesichert sei und somit kein Bedürfnis nach Kindergeld bestehe, habe das Bundessozialgericht zu Recht nicht gelten lassen. Zwar sei eine Ausweitung der Anspruchsberechtigten kaum möglich, weil § 1 Absatz 3 BKGG ausdrücklich und eindeutig vorsieht, dass Leistungsberechtigte über einen Aufenthaltstitel verfügen müssen. Doch habe das Bundessozialgericht den Gedanken der Verwurzelung stark betont. Dieser finde sich wieder in § 1 Absatz 1 BKGG, der den Wohnsitz oder gewöhnlichen Inlandsaufenthalt erforderlich macht. Ein hinreichender Bezug des Vollwaisen zur inländischen Solidargemeinschaft sei damit gegeben. (ESV/bm)Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 3/16 der SGb-Z.
Zur Person |
Dr. Constanze Janda ist Professorin für Europäisches Arbeitsrecht, Sozialrecht und Zivilrecht an der Hochschule Heidelberg. |
Literatur zum Thema |
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Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung