Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

LAG Berlin-Brandenburg: Betriebsratsfähigkeit von ausländischen Organisationen, die teilweise in Deutschland operieren, ist nicht höchstrichterlich geklärt (Foto: Coloures-Pic / stock.adobe.com)
Betriebsratswahlen

LAG Berlin-Brandenburg zur Einführung eines Betriebsrats bei Unternehmen mit Hauptsitz im Ausland

ESV-Redaktion Recht
19.04.2023
Kann ein Unternehmen mit Hauptsitz im Ausland, das aber auch Personal im Inland stationiert hat, die Bildung eines inländischen Betriebsrats im Eilverfahren verhindern? Hierzu hat sich das LAG Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Beschluss geäußert.
In den Streitfall hatte sich die Antragstellerin – eine Fluggesellschaft mit Sitz in Malta – zunächst mit einem Eilantrag an das ArbG Cottbus gewendet. Die Antragstellerin fliegt mit einer maltesischen Fluglizenz auch den Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) an. An diesem Standort ist auch eigenes Personal stationiert und die Gewerkschaft „ver.di“ hatte das inländische Flugpersonal zur Wahl eines Betriebsrats aufgerufen.

Konkret wollte die Fluggesellschaft die Wahl eines Wahlvorstands – die die eigentliche Wahl eines Betriebsrats vorbereiten sollte – vorläufig untersagen lassen. Demnach sollte bis zur rechtskräftigen Klärung dieser Frage keine Betriebsratswahl stattfinden. 
 

Antragstellerin: Keine betriebsratsfähige Organisationseinheit im Inland

Nach Auffassung der Fluggesellschaft betreibt sie am BER keine betriebsratsfähige Organisationseinheit. Da der Eilantrag in der ersten Instanz scheiterte, zog die Antragstellerin dann mit einer Beschwerde vor das LAG Berlin-Brandenburg.

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.

 

LAG Berlin-Brandenburg: Streitfrage nicht im Eilverfahren zu klären


Auch vor der Beschwerdeinstanz blieb das Anliegen der Antragstellerin erfolglos. Demnach ist die Nichtigkeit der Betriebsratswahl Voraussetzung für deren Untersagung. Eine nur mögliche Anfechtbarkeit der beabsichtigten Wahl reicht hierfür nicht aus – denn schon nach der Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) sollten Betriebe ohne Betriebsrat vermieden werden. Falls eine Wahl angefochten wird, bleibt der gewählte Betriebsrat nämlich mit allen Rechten und Pflichten so lange im Amt, bis das Wahlanfechtungsverfahren rechtskräftig entschieden ist. Die weiteren Erwägungen des LAG:
 
  • Nichtigkeit von Betriebsratswahlen als Ausnahme: Betriebsratswahlen sind dem LAG zufolge nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Hierfür muss ein so eklatanter Verstoß gegen allgemeine Grundsätze ordnungsgemäßer Wahlen vorliegen, dass der Anschein einer gesetzmäßigen Wahl nicht mehr gegeben ist.
  • Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit im BER: Hieran fehlt es nach Auffassung des LAG. Das Gericht konnte zumindest nicht auf den ersten Blick erkennen, dass vorliegend kein qualifizierter Betriebsteil im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG existieren soll, weil am Flugbetrieb der Antragstellerin am BER ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit vorliegt.
  • Betriebsratsfähigkeit von ausländischen Organisationen, die teilweise in Deutschland operieren, nicht höchstrichterlich geklärt: Die Rechtsfrage, ob ein derartiger Betriebsteil auch dann betriebsratsfähig sein kann, wenn der Hauptbetrieb nicht im Geltungsbereichs des BetrVG liegt, so das LAG weiter, sei bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt.
  • Entscheidende Rechtfrage nicht im Eilverfahren zu entscheiden: Damit kann diese Frage auch nicht über eine  einstweilige Verfügung zugunsten der Fluggesellschaft geklärt werden –  denn die entgegenstehende Auffassung von Verdi hält das LAG für vertretbar und für nicht offensichtlich falsch.
  • Verschiebung der Betriebsratswahl für Belegschaft nicht zumutbar: Daraus folgt, dass eine Verzögerung der Betriebsratswahl bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung, die sich ggf. über drei Instanzen und über mehrere Jahre hinziehen kann, den Beschäftigten nicht zumutbar ist.
Der vorliegende Beschluss kann nicht mehr angefochten werden.
 
Quelle: PM des LAG Berlin-Brandenburg  vom 18.04.2023 zum Beschluss vom 22.02.2023 – 4 TaBVGa 1301/22


juris Arbeitsrecht Premium


Jetzt gratis testen:
 Lernen Sie juris Arbeitsrecht Premium für 4 Wochen kostenlos, unverbindlich und ohne Risiko kennen.

Mit juris Arbeitsrecht Premium nutzen Sie die maximale Bandbreite an arbeitsrechtlicher Top-Literatur der jurisAllianz für Ihre Argumentation - mit direktem Zugriff auf aktuelle Rechtsprechung und Bundesgesetze.




juris Arbeitsrecht Premium enthält inklusive der Inhalte des Moduls juris Arbeitsrecht folgende Werke aus dem Erich Schmidt Verlag:

  • Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld, Kommentar, von Dr. Gerhard Knorr, Prof. Dr. Otto Ernst Krasney
  • Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens von Dr. Alexander Ostrowicz, Dr. Reinhard Künzl, Christian Scholz
  • Betriebsverfassungsrecht von Dr. Klaus Pawlak und Jan Ruge
  • Alternativen zur Kündigung von Dr. Marion Bernhardt
  • Kündigung bei Krankheit von Prof. Dr. Achim Lepke
  • Personal Recruitment von Prof. Dr. jur. Wolfgang Böhm, Dipl.-Psychologe Dr. Stefan Poppelreuter
  • Schwerbehindertenrecht von Dr. Nicolai Besgen
  • Praxishandbuch Auslandsbeschäftigung von Ebba Herfs-Röttgen (Hrsg.)
Verlagsprogramm Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht


Arbeitsrecht, Recht des öffentlichen Dienstes und Beamtenrecht 03.04.2023
Aktuelle Entscheidungen zum Arbeits- und Sozialrecht

Im Arbeitsrecht waren in letzter Zeit einige sehr interessante Fragen zu klären. Wichtige Entscheidungen der Gerichte, die wir fortlaufend aktualisieren, stellen hier für Sie chronologisch zusammen. mehr …


(ESV/bp)
 

Programmbereich: Arbeitsrecht