Staatsanwaltschaft: Fahrer hatten niedrige Beweggründe
Die Staatsanwaltschaft Berlin beantragte, beide Raser wegen Mordes nach § 211 StGB zu verurteilen. Danach hatten sie den an dem Rennen unbeteiligten 69 Jahre alten Fahrer aus niedrigen Beweggründen getötet und den dessen Tod billigend in Kauf genommen.Im Wortlaut: § 211 StGB Mord |
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. |
Vorsatz oder Fahrlässigkeit?
In der Vergangenheit wurden vergleichbare Fälle bisher als fahrlässige Tötung oder als Körperverletzung mit Todesfolge angesehen. Die Schwierigkeit liegt darin, dem Täter einen Tötungsvorsatz nachzuweisen. Hierbei reicht ein bedingter Vorsatz aus.Bedingter Vorsatz oder Fahrlässigkeit |
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Verteidigung: Täter wollten keinen Menschen töten
Der Aspekt, dass die Täter darauf vertraut hatten, dass alles gut gehen werde, war auch Teil der Verteidigungsstrategie. Die Angeklagten hätten einfach auf ihr fahrerisches Können vertraut und geglaubt, alles unter Kontrolle zu haben, so ein Verteidiger.Zudem sei der Vorsatz, an einem illegalen Autorennen teilzunehmen, bisher nicht mit einem Tötungsvorsatz gleichgesetzt worden.
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LG Berlin: Täter handelten mit Eventualvorsatz unter dem Einsatz gemeingefährlicher Mittel
Das LG Berlin sah dies anders. Danach geht es nicht nur um die Teilnahme an einem illegalen Rennen. Dies ist zwar ein wichtiger Aspekt, aber nur einer von mehreren. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht auch folgende weitere Faktoren berücksichtigt:- Die Täter befuhren mit extremer Geschwindigkeit den Kurfürstendamm, auch nachts eine der belebtesten Straßen Berlins in der Nähe des KaDeWe. Im Verlauf ihres Rennens missachteten sie zahlreiche rote Ampeln.
- Der Gutachter konnte kurz vor der Kollision keinen Bremsversuch feststellen. Der Unfallort sah nach dem Zusammenprall wie ein „Schlachtfeld” aus.
Entscheidend ist also, dass die Angeklagten unmittelbar vor der Kollision erneut mit sehr hoher Geschwindigkeit bei Rot und bei Dunkelheit in eine sehr belebte Kreuzung hineingefahren sind, in der auch nachts mit lebhaftem Querverkehr zu rechnen war.
Damit haben die Angeklagten ihr Ziel, das Rennen gewinnen zu wollen und den „Kick” der hohen Geschwindigkeit über die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gestellt. Ihre Fahrzeuge haben sie dabei als „gemeingefährliche Mittel” eingesetzt, so das Gericht.
„Illegales Rennen” begründet Mittäterschaft
Der Aspekt, dass es sich dabei um ein illegales Autorennen handelte, bewog die Kammer dazu, das Verhalten des Teilnehmers, der nicht mit dem unbeteiligten Fahrzeug kollidiert war, als Mittäterschaft für die Mordtat zu werten.Quelle: PM des LG Berlin zum Urteil vom 27.02.2017 - AZ: 535 Ks 8/16
Standpunkt von Assessor jur. Bernd Preiß (ESV-Redaktion Recht) |
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Weiterführende Literatur |
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(ESV/dw, bp, map)