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Der angeklagte Richter wollte im familiengerichtlichen Verfahren die behördlich angeordnete Maskenplficht an zwei Weimarer Schulen kippen – hier ein Symbolbid (Foto: Oksana Kuzmina / stock.adobe.com)
Aufhebung der Maskenpflicht in zwei Weimarer Schulen durch Familiengericht

LG Erfurt: Familienrichter in Weimar wegen Rechtsbeugung verurteilt

ESV-Redaktion Recht
24.08.2023
Ein Beschluss des Familiengerichts (FG) Weimar, mit dem ein Amtsrichter während der Coronazeit an zwei Schulen unter anderem die Maskenpflicht mit Vorschriften aus dem Familienrecht kippen wollte, hat für viel Aufregung gesorgt. Nun hat das LG Erfurt den Richter wegen Rechtsbeugung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Ein Familienrichter des FG Weimar hob mit Beschluss vom 08.04.2021 (9 F 148/21) in einem Kindschaftsverfahren unter anderem die Maskenpflicht in zwei Weimarer Schulen auf.
 
Einer der Knackpunkte dabei ist die Zuständigkeit der Familiengerichte. Sowohl der BGH als auch das BVerfG vertraten später – neben zahlreichen anderen Gerichten – die Auffassung, dass die Zivilgerichte keinerlei Befugnisse haben, gegenüber Behörden die Aufhebung von Coronamaßnahmen anzuordnen.
 
Auch die Staatsanwaltschaft in Weimar teilte diese Auffassung und klagte den Amtsrichter wegen Rechtsbeugung an. Demnach ging es dem Richter hauptsächlich darum, die nach seiner Vorstellung bestehende Unwirksamkeit und Schädlichkeit von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona in der Öffentlichkeit darzustellen.

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LG Erfurt: Der Angeklagte hat sich ganz bewusst und in schwerwiegender Art und Weise von Recht und Gesetz entfernt


Die Zweite Große Strafkammer des LG Erfurt teilte die Auffassung der Staatsanwaltschaft im Kern. Sie verurteilte den Richter zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und setzte die Strafe zur Bewährung aus. Damit blieb die Kammer zwar unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre Haft ohne Bewährung forderte.
 
Die Kammer meint aber, dass der Angeklagte seine Entscheidung willkürlich traf und sich ganz bewusst und in schwerwiegender Art und Weise von Recht und Gesetz entfernt hatte. Die weiteren wesentlichen Erwägungen der Kammer:
 
  • Aktive Herbeiführung des Verbotsverfahrens gegen die Schule: Demnach hatte der Angeklagte das Verbotsverfahren aktiv generiert. Das heißt, er suchte nach Menschen, die ein solches Verfahren führen wollen. Hierbei hatte er eine Familie gefunden, für deren Kinder ein familienrechtliches Kinderschutzverfahren geführt werden sollte.  
  • Gezielte Auswahl der Gutachter: Ebenso hatte er bestimmte Gutachter gewählt, um das Ergebnis, das er von vornherein im Blick hatte, gutachterlich begründen zu können.
Somit fällte der Angeklagte eine Entscheidung, die er von Anfang an so beabsichtigte, führt der Kammervorsitzende zahlreichen Medienberichten zufolge hierzu aus. Mit anderen Worten: Der Angeklagte war befangen. Die Frage der Zuständigkeit spielte nach Meinung der Kammer bei ihrem Urteil nicht die entscheidende Rolle.
 
Zu Gunsten des Angeklagten bewertete die Kammer jedoch, dass der Angeklagte seine Entscheidung im „Kontext eines massiven Konflikts“ getroffen haben soll. Zudem war er nicht vorbestraft und das Verfahren hatte lange gedauert.

Am Ende ist der Fall damit aber noch nicht. Sowohl der verurteilte Amtsrichter als auch die Staatsanwaltschft kündigten Rechtsmittel gegen die Entscheidung des LG Erfurt an. 
 
Quelle: Zahlreiche Medienberichte zum Urteil des LG Erfurt vom 23.08.2023 – 2 KLs 542 Js 11498/21 – zum Teil unter Berufung auf dpa

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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht