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LG Göttingen: Für Entschädigungsansprüche nach § 58 TKG reicht es aus, wenn der betreffende Sendemast überlastet ist und hierdurch Bereiche ohne Netzabdeckung entstehen (Foto: mpix-foto / stock.adobe.com)
Entschädigungsansprüche nach § 58 TKG

LG Göttingen: Mobilfunknetz muss auch in Wohnung erreichbar sein

ESV-Redaktion Recht
28.09.2023
Haben Mobilfunkkunden Entschädigungsansprüche gegen ihren Anbieter, wenn sie ihr Netz in der Wohnung nicht erreichen können? Und wenn ja, wonach bemisst sich die Höhe des Anspruchs? Mit diesen Fragen hat sich das LG Göttingen vor Kurzem befasst.
In dem Streitfall konnte der Kläger etwa zehn Monate nicht von seinen Mobiltelefonen aus telefonieren. Die Beklagte hatte ihm unter einer einheitlichen Mobilfunkleistung drei Mobilfunknummern zur Verfügung gestellt. Zwei der Mobilfunknummern hatte der Kläger aber später in Kenntnis der Störungen beauftragt.

Die Störung bezüglich der ersten Nummer hatte der Kläger ungefähr nach einem Monat ihrem Auftreten gemeldet. Von dem beklagten Mobilfunkanbieter erhielt er dann unter anderem die Auskunft, dass der Sendemast nicht ausgefallen, sondern nur überlastet war. Zudem wies ihn der Mobilfunkanbieter darauf hin, dass er ja über WLAN telefonieren konnte.
 
Nachdem ein Schlichtungsverfahren vor der Bundesnetzagentur gescheitert war, verlangte der Kläger für Störungen in Bezug auf drei Mobilfunknummern eine Entschädigung von insgesamt 7.500 EUR und zog vor das LG Göttingen.

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LG Göttingen: Entschädigung von 2.810 EUR gerechtfertigt

Das LG gab der Klage zwar statt. Es verurteilte die Beklagte in der Hauptsache aber nur zu einer Zahlung von 2.810 EUR und stütze den klägerischen Anspruch auf § 58 Absatz 1 Satz 3 TKG. Da der Kläger 7.500 EUR gefordert hatte, muss er dementsprechend 63 % der Kosten des Rechtsstreits tragen und für die Beklagte verbleibt eine Quote von 37 %. Die wesentlichen Erwägungen des LG Göttingen:
 
  • Örtliche Zuständigkeit des Gerichts: Für Entschädigungsklagen nach § 58 Abs. 1, 3 TKG ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die vertragliche Pflicht zur Bereitstellung des ausgefallenen Dienstes zu erüllen ist.
  • Störung: Nach Auffassung des LG liegt auch dann eine Störung im Sinne von § 58 Absatz 1, 3 TKG vor, ein Sendemast überlastet ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn des betreffende Sendegebiet zwar teilweise von anderen Stationen mitabgedeckt wird, es aber dennoch einen Bereich ohne Netzabdeckung gibt.
  • Dienstausfall: Ein Dienstausfall ist nach § 58 Abs. 1, 3 TKG schon dann gegeben, wenn eine vertraglich geschuldete Leistung nicht genutzt werden kann. Ein vollständiger Ausfall aller vertraglich geschuldeten Leistungen ist nicht erforderlich.
  • WLAN-Anrufe kein Ersatz: Die prinzipielle Möglichkeit des Klägers, über WLAN zu telefonieren, lässt Entschädigungsansprüche unberührt, so das LG weiter.
  • Höhe des Anspruchs: Das Gericht erkannte aber nur für eine der vertraglichen Mobilfunknummern einen Entschädigungsanspruch an. Insoweit kann der Kläger nach § 58 Absatz 3 Satz 2 TKG für den dritten und vierten Tag nach der Störungsmeldung 5 EUR oder 10 Prozent der vertraglichen Monatsentgelte verlangen – je nachdem, welcher Betrag höher ist. Ab dem fünften Tag erhöhen sich diese Werte auf 10 Euro bzw. 20 Prozent. Die Ansprüche für die betreffende Nummer hat das Gericht am Ende seiner Entscheidung tabellarisch aufgelistet.
  • Keine Entschädigung für später beauftragte Nummern: In dem Umstand, dass der Kläger die weiteren Nummern etwa einen Monat bzw. mehr als zwei Monate nach der Störung und in deren Kenntnis beauftragt hatte, sah das LG einen Verstoß gegen den Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung. Demnach verhält sich ein Mobilfunkkunde, der einen Mobilfunkvertrag trotz Kenntnis einer längerfristigen Störung abschließt, treuwidrig nach § 242 BGB, wenn er eine Entschädigung verlangt. Entschädigungen sollen nämlich Anreize für den Anbieter schaffen, Störungen möglichst schnell zu beseitigen. Sie haben nicht den Zweck, die Kunden zu bereichern.
Quelle: Urteil des LG Göttingen vom 01.09.2023 – 4 O 78/23



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Im Wortlaut: § 58 Absatz 3, Sätze 1 und 2 TKG 
(3) 1 Wird die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen nach Eingang der Störungsmeldung beseitigt, kann der Verbraucher ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls des Dienstes eine Entschädigung verlangen, es sei denn, der Verbraucher hat die Störung oder ihr Fortdauern zu vertreten, oder die vollständige Unterbrechung des Dienstes beruht auf gesetzlich festgelegten Maßnahmen nach diesem Gesetz, der Verordnung (EU) 2015/2120, sicherheitsbehördlichen Anordnungen oder höherer Gewalt. 2 Die Höhe der Entschädigung beträgt am dritten und vierten Tag 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte bei Verträgen mit gleichbleibendem monatlichem Entgelt, je nachdem, welcher Betrag höher ist. 


(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht