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LG Koblenz: Coronabedingte Einschränkungen einer Pauschalreise, hier einer Kreuzfahrt, berechtigen nicht ohne Weiteres zu einem kostenlosen Rücktritt (Foto: huang / stock.adobe.com)
Reisen und Corona

LG Koblenz zum kostenlosen Reiserücktritt aufgrund von Corona

ESV-Redaktion Recht
05.04.2023
Können Reisende von einer Kreuzfahrt, die sie während der Corona-Pandemie gebucht hatten, kostenlos zurücktreten, wenn der Veranstalter zum Reisezeitpunkt einen vorher gebuchten Landausflug aufgrund von Corona storniert und das Reiseland als Hochrisikogebiet eingestuft wird? Hierüber hat das LG Koblenz kürzlich entschieden.
In dem Streitfall hatte der Kläger am 29.04.2021 für seine Frau und sich bei der Beklagten eine zweiwöchige Kreuzfahrt zu einem zum Reisepreis von 7.234,00 EUR gebucht. Stattfinden sollte die Schiffsreise im Januar 2022 – und zwar entlang der norwegischen Postschiffroute. Hierbei war auch ein Landausflug zu einem Konzert in der Eismeerkathedrale in Tromsø vorgesehen.
 
Am 10.12.21 teilte die Reiseveranstalterin dem Kläger allerdings mit, dass der gebuchte Ausflug zum Konzert in der Eismeerkathedrale aufgrund von Corona storniert werden muss. Nachdem das Auswärtige Amt Norwegen aufgrund der Omikron-Variante des Coronavirus zum  Hochrisikogebiet erklärte, trat der Kläger am 28.12.21 von der Reise zurück und verlangte die Rückzahlung des gesamten Reisepreises.
 
Demgegenüber zahlte die Reiseveranstalterin nur 901,60 EUR zurück. Dies entsprach 10 Prozent des Reisepreises.
 
Nach Meinung des Klägers liegen aufgrund von Corona jedoch außergewöhnliche Umstände am Reiseort im Sinne von § 653h Absatz 3 BGB vor. Deshalb kann die Beklagte ihm zufolge keine Stornokosten in Höhe von 90 Prozent des Reisepreises verlangen. Demgemäß verklagte er die Reiseveranstalterin vor dem LG Koblenz noch auf Rückerstattung von Stornogebühren in Höhe von 6.332,40 EUR.

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LG Koblenz sieht keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von § 651h BGH

Vor der 3. Zivilkammer des LG Koblenz hatte die Klage keinen Erfolg. Die Kammer sah einen Anspruch der Beklagten auf die vereinbarten Stornokosten in Höhe von 90 Prozent des Reisepreises. Die wesentlichen Erwägungen der Kammer:
 
  • Keine Berufung auf § 651h Absatz 3 BGB: Zwar sah die Kammer in der Corona-Pandemie grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand, der zu einem entschädigungslosen Rücktritt berechtigen kann. Allerdings hatte der Kläger die Reise erst am 29.04.2021 – und damit nach dem Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11.03.2020 gebucht. Demnach ist § 651h Absatz 3 BGB nicht einschlägig.
  • Corona für Buchungen nach dem 11.03.2020 kein automatischer Rücktrittsgrund: Der Kammer zufolge können die Folgen der Corona-Pandemie für Reisen, die erst nach dem 11.03.2020 gebucht wurden, nicht mehr automatisch als unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände im Sinne der benannten Norm bewertet werden, die dem Reisenden einen Rücktritt ohne Entschädigung einräumen.
  • Interessenabwägung erforderlich: Dem Kläger war schon bei der Buchung bewusst, dass es bei der Reise zu Beeinträchtigungen und wechselnden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie kommen kann. Dies, so die Kammer weiter, sei im Rahmen einer Interessenabwägung zu berücksichtigen und hierbei ist nicht erforderlich, dass schon konkrete Einzelmaßnahmen der Behörden vorhersehbar sind.
  • Corona-Maßnahmen keine außergewöhnlichen Umstände mehr: Entscheidet sich der Kläger bei der Buchung also trotzdem für die Reise, sind etwaige Beeinträchtigungen aufgrund von Corona nicht mehr außergewöhnlich, was dazu führt, dass die Ausnahmevorschrift des § 651h Absatz 3 BGB nicht greift.
Die Entscheidung ist deshalb bemerkenswert, weil sie offenbar die wohl nach der BUchung erfolgte Einordnung des Zielgebiets als Hochrisikogebeit nicht thematisiert. Nach den weiteren Angaben des Gerichts ist die Entscheidung nicht rechtskräftig.

Quelle: PM des LG Koblenz von März 2023 zum Urteil vom 01.02.2023 – 3 O 140/22 – § 651h BGB




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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht