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Das BSG beschäftigt sich mit Einkommensbegriff beim Elterngeld (Foto: Blackosaka und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht

Neues aus Kassel, Celle, Stuttgart und Coburg

ESV-Redaktion Recht
23.03.2017
Wann sind Krankheitsmonate maßgebend für die Höhe des Elterngeldes? Diese Frage hat das BSG beschäftigt. Weitere wichtige Entscheidungen betreffen die Finanzierung von Börsentermingeschäften durch das Jobcenter, Sperrzeiten nach Ende einer Altersteilzeit und die Sittenwidrigkeit eines Pachtvertrages.

BSG: Keine Berücksichtigung von Krankheitsmonaten bei Bestimmung des vorgeburtlichen Erwerbseinkommens beim Elterngeld

Bei der Berechnung des Elterngeldes kann auch das Einkommen, das der Antragsteller vor einer Erkrankung erzielt hat, maßgebend sein. Dies hat der 10. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) am 16.03.2017 entschieden. Die Klägerin erlitt im Herbst 2011 zum wiederholten Mal eine Fehlgeburt. Da dies zu einer Depression führte, konnte die Klägerin ihrer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen. Ein dreiviertel Jahr später wurde die Klägerin erneut schwanger. Sie konnte ihre Arbeit allerdings wieder aufnehmen. Nach der Geburt ihres Kindes berücksichtigte das beklagte Land bei der Bestimmung des Elterngeldes zu einem großen Teil die Zeiten ihrer Erkrankung. In diesen erzielte die Klägerin kein Erwerbseinkommen.

Zu Unrecht, wie das BSG befand. Die Richter aus Kassel sahen in der Depression eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung im Sinne von § 2b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Diese entscheidende Vorschrift diene dem Nachteilsausgleich von Schwangeren, so das Gericht weiter. Danach darf das besondere gesundheitliche Risiko einer Schwangerschaft nicht zu einem geringeren Erwerbseinkommen bei der Bemessung des Elterngeldes führen. 

Quelle: PM 11/2017 des BSG vom 16.03.2017 zur Entscheidung vom selben Tag - AZ B 10 EG 9/15 R.

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Weiterführende Literatur
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LSG Niedersachsen-Bremen: Jobcenter muss Hartz-IV-Empfänger kein Startkapital für Börsentermingeschäfte finanzieren

Dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen zufolge muss das Jobcenter nicht die Selbständigkeit eines Grundsicherungsempfängers fördern, die darin bestehen soll, Börsentermingeschäfte zu betreiben.

In dem betreffenden Fall hatte ein langjähriger Hartz-IV-Empfänger von seinem zuständigen Jobcenter 60.000,00 Euro Startkapital für eine selbständige Tätigkeit als Darlehen beantragt. Dabei handelt es sich sogenanntes „Day-Trading mit Index-Futures”. Der Antragsteller und spätere Kläger meinte, dass er bei einer Erfolgsquote von mindestens 80 Prozent an monatlich 10 Arbeitstagen Einnahmen in Höhe von 6.400 Euro im Monat erzielen würde. Seine Markteinschätzung beruhe auf der bereits im Mittelalter bekannten „Candlestick Charting Technique”. Die Einzelheiten des Day-Tradings seien in Büchern von Joe Ross beschrieben. Die Richter aus Celle wollten sich diesen Argumenten nicht anschließen. Danach ist das beabsichtige Geschäftsmodell des Termingeschäfts grundsätzlich nicht mit dem Förderungssystem des SGB II vereinbar. Vielmehr bestehe nach dem Gesetz ein erwerbszentriertes Leistungssystem, das die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mit Bezug zum Arbeitsmarkt vorsehe, so das Gericht weiter. Demgegenüber sei eine rein private Vermögensverwaltung zur Vermögensbildung und zur Erzielung regelmäßiger Einnahmen nicht förderungsfähig.

Quelle: PM des LSG Niedersachen-Bremen vom 15.02.2017 zum Urteil vom 16.12.2016 - Urteil des LSG Niedersachen-Bremen

Weiterführende Literatur
Der Kommentar Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch (SGB) II: Grundsicherung für Arbeitsuchende, wendet sich an Praktiker in der Sozialverwaltung und den Kommunen, an die Anwaltschaft, an die Gerichte sowie an die Sozialpartner. Er enthält alle notwendigen Informationen rund um die aktuellen Regelungen und zeigt auch die Zusammenhänge des SGB II zum übrigen Sozialrecht auf.

LSG Baden-Württemberg: Arbeitslosigkeit nach Ende der Altersteilzeit kann Sperrzeit auslösen

Wer seinen Rentenbezug nach hinten verschiebt und sich nach Ende der Altersteilzeit arbeitslos meldet, muss eine Sperrzeit in Kauf nehmen. Dies hat das Landesozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden. In dem betreffenden Fall erhielt die versicherte Klägerin im Herbst 2006 von der Rentenversicherung die Auskunft, dass ihr frühestmöglicher Rentenbeginn der 01.06.2016 wäre, allerdings verbunden mit einem Abschlag von 10,8 Prozent. Daraufhin vereinbarte sie im November 2006 mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeit im Blockmodell und einem Ende der Freistellungsphase zum 31.05.2016. Anschließend wollte sie Altersrente in Anspruch nehmen.

Zum 01.07.2014 hatte der Gesetzgeber allerdings die abschlagsfreie Rente mit 63 eingeführt. Da die Klägerin bereits mehr als 45 Jahre gearbeitet hatte, änderte sie ihren Entschluss. Sie meldete sich zum Ende der Freistellungsphase arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld ab dem 01.06.2016. Der beklagten Bundesagentur für Arbeit teilte sie mit, dass sie ab dem 01.10.2017 abschlagsfrei in Altersrente gehen könnte. Dies wäre beim Abschluss der Altersteilzeit nicht absehbar gewesen. Die Bundesagentur sah darin dennoch eine selbst herbei geführte Arbeitslosigkeit und verhängte eine Sperrzeit von 12 Wochen. Zu Recht, wie das LSG Baden-Württemberg meinte. Zwar habe sie zum damaligen Zeitpunkt der Altersteilzeitvereinbarung einen wichtigen Grund für die geplante Arbeitsaufgabe gehabt. Weil sie sich aber nun anders entschied, sei dieser wichtige Grund entfallen. Deshalb habe die Klägerin die eingetretene Arbeitslosigkeit selbst zu vertreten, so der Richterspruch aus Stuttgart. Der Fall ist deshalb von Bedeutung, weil bereits mehrere andere Landessozialgerichte in vergleichbaren Fällen anders entschieden haben.

Quelle: Pressemeldung des LSG Baden-Württemberg vom 24.02.2017 zum Urteil vom selben Tag – AZ: L 8 AL 3805/16

Mehr dazu finden Sie hier.

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Lesetipp
Das Buch, Arbeitswelt 4.0, herausgegeben von Baker McKenzie, Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mbB, bietet einen Praxisleitfaden für die tatsächlichen und rechtlichen Herausforderungen der künftigen Arbeitswelt. Darüber hinaus begleitet dieser Band auch die politischen Debatten über die vierte industrielle Revolution juristisch. Das Werk ist auch als eBook lieferbar.

LG Coburg zur Sittenwidrigkeit eines Pachtvertrages wegen wucherähnlichem Pachtzins

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Coburg ist ein Pachtvertrag sittenwidrig, bei dem der vereinbarte Pachtzins doppelt so hoch ist, wie der objektive Marktwert.

Der Kläger hatte mit dem Beklagten, der kubanischer Staatsangehöriger und in gastronomischen Fragen völlig unerfahren ist, einen Pachtvertrag über ein Lokal geschlossen. In dem Vertrag waren unter anderem die Zahlung der Kaution sowie einer monatliche Pacht von 9.000 Euro netto vereinbart worden. Der Beklagte war der Auffassung, der Kläger könne sich nicht auf den Vertrag berufen. Dieser sei sittenwidrig, weil die vereinbarte Pacht massiv überhöht sei. Das LG Coburg hat die Klage des Verpächters, der zunächst die Kautionszahlung geltend gemacht hatte, abgewiesen. In dem Verfahren hatte ein Sachverständiger die Auffassung des Beklagten bestätigt. Wegen dieses besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sei der Pachtvertrag als wucherähnliches Geschäft unwirksam, so das Landgericht. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: PM des LG Coburg vom 17.03.2017 zum Urteil vom 18.04.2016 - AZ: 14 O 194/15

Weiterführende Literatur
Der Berliner Kommentar Pachtrecht von Dr. Christoph Kern, Staatsanwalt und Lehrbeauftragter an der Universität Würzburg, befasst sich mit allen denkbaren pachtrechtlichen Fragestellungen des materiellen Rechts sowie den Besonderheiten des Verfahrensrechts unter Zugrundelegung zahlreicher Beispiele aus Rechtsprechung und Literatur. Die durchgängig systematisch an den §§ 581 ff. BGB und deren tatbestandlichen Merkmalen ausgerichtete Kommentierung ermöglicht Ihnen als Rechtsanwender stets ein zielgenaues Nachschlagen. 

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht