LG Frankfurt a. M.: Coronabedingte Einschränkungen berechtigen den Kunden zur Minderung des Reisepreises (Foto: ShDrohnenFly / stock.adobe.com)
Entschädigungsanspruch des Veranstalters nach Reisestornierung durch den Kunden
Reiseveranstalter haben keinen Entschädigungsanspruch gegen den Kunden, wenn dieser coronabedingt vom Reisevertrag zurückgetreten ist, meint die Reiserechtskammer des LG Frankfurt a.M. in ihrem Urteil vom 07.07.2022. In dem Streitfall hatte der Kläger eine Reise 18 Tage vor Antritt aufgrund von sich abzeichnenden Corona-Beschränkungen storniert. Der beklagte Reiseveranstalter erstattete den Reisepreis zwar teilweise. Allerdings behielt er eine Entschädigungspauschale zurück. Daraufhin verlangte der Kläger den vollen Reisepreis zurück.
Nach Auffassung der Kammer hat der Veranstalter keinen Anspruch auf Entschädigung. Demnach ist die Corona-Pandemie grundsätzlich ein Umstand, der den Kunden zum entschädigungsfreien Rücktritt berechtigt. In dem Streitfall stellte das Berufungsgericht aber vor allem darauf ab, dass der Veranstalter die Reise kurze Zeit später abgesagt hatte. Zwar ist das Urteil ist rechtskräftig – allerdings erwägt die Kammer Streitigkeiten dieser Art künftig einstweilen auszusetzen, weil der BGH die Frage, ob für die Bewertung der Corona-Situation auf den Zeitpunkt der Stornierung oder auf den Reisezeitraum abzustellen ist, dem EuGH vorgelegt hat (mehr dazu finden Sie unten).
Quelle: PM des LG Frankfurt 23.08.2022 zum Urteil vom 07.07.2022 – 2-24 S 243/21
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Einschränkungen und Schließung von Einrichtungen in Hotels und Clubs
Schließungen und Einschränkungen in einem Hotel oder Club aufgrund von Corona sind Reisemängel und berechtigen daher zur Minderung, meint die Reiserechtskammer des LG Frankfurt a. M. Demnach gehören derartige Einschränkungen nicht zum allgemeinen Lebensrisiko des Kunden. Vielmehr betreffen sie das „unmittelbare Leistungssoll“ des Reiseveranstalters.
In dem Streitfall hatte der Kläger für seine Ehefrau und sich eine Reise nach Fuerteventura gebucht. Die Reise in einen Club der Beklagten sollte vom 14. - 28.03.2020 stattfinden und inklusive Flug ab Stuttgart 3.600 EUR kosten. Am 21.03.2020 brach der Veranstalter die Reise ab. Anstelle nach Stuttgart wurde das Ehepaar aber nach Frankfurt a. M. gebracht – und dies in der Economy-Class anstatt in der gebuchten Premium Economy-Class.
Aufgrund der benannten Umstände sowie aufgrund zahlreicher Schließungen und Einschränkungen minderte der Kläger den Reisepreis. Die Minderungen bezogen sich unter anderem auf den fehlenden Zugang zum Strand und die Schließung des Wellnessbereichs. Hierfür setze der Kläger eine Reduzierung von 20 % des jeweiligen Tagespreises an. Für die Poolsperre und die geschlossenen Tennisplätze minderte er je 10 %. Bezüglich der Tage ab dem Reiseabbruch hat er den vollen Reisepreis zurückverlangt. Von der Beklagten angebotene Gutscheine lehnte der Kläger ab.
Die Kammer hat den Klageanträgen im Berufungsverfahren überwiegend stattgegeben – mit Ausnahme des „Downgrades“ auf die Economy-Class beim Rückflug. Hier legte der Kläger den Frankfurter Richtern zufolge nicht dar, dass die Beklagte ein Umsetzen oder eine Umbuchung abgelehnt hatte. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quelle: PM des LG Frankfurt a. M. vom 23.08.2022 zum Urteil vom 14.04.2022 – 2-24 S 119/21
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Kein Schmerzensgeld für Hitze an Bord eines Flugzeugs wegen ausgefallener Klimaanlage
Eine Fluggesellschaft kann nach der Flugastrechteverordnung zwar verpflichtet sein, eine Entschädigung für eine mehrstündige Verspätung zu zahlen. Allerdings haben Fluggäste keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen zu hoher Temperaturen, weil die Klimaanlage ausgefallen ist. Dies hat die Reiserechtskammer des LG Frankfurt a. M. mit dem mittlerweile rechtskräftigen Berufungsurteil vom 05.05.2022 entschieden.
Quelle: PM des LG Frankfurt a. M. vom 23.08.2022 zum Urteil vom 05.05.2022 – L2-24 S 16/20.
Boarding und Deboarding von Personen mit eingeschränkter Mobilität
Nach der Fluggastrechteverordnung muss eine Fluggesellschaft Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen einen Vorrang bei der Beförderung gewähren, so die Reiserechtskammer des LG Frankfurt a. M. mit Urteil vom 23.06.2022.
In dem Streitfall hatte der Kläger zwar keinen Rollstuhlbegleitservice gebucht. Dennoch hatte er nach Auffassung der Kammer ein besonderes Interesse daran, privilegiert ein- und auszusteigen. Dass der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen war, so die Kammer weiter, habe die beklagte Fluggesellschaft schon beim Einstieg erkannt. Damit hätte sie den Kläger auch vorranging aussteigen lassen müssen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quelle: PM des LG Frankfurt a. M. vom 23.08.2022 zum Urteil vom 23.06.2022 – 2-24 S 173/21
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