Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

LG Köln: Grundsätzlich muss auch das Reisebüro den Kunden bei der Buchung über die Einreisebestimmungen im Zielland informieren (Foto: Viktor / stock.adobe.com)
Aufklärung über Einreisebestimmungen bei Pauschalreise

Neues zum Reiserecht

ESV-Redaktion Recht
02.09.2024
Grundsätzlich müssen Reiseveranstalter oder Reisebüros ihre Kunden über die Einreisebestimmungen im Zielland aufklären. Doch wie weit gehen diese Pflichten? Und gelten diese weiter, wenn sich die Einreisevoraussetzungen nach der Buchung ändern? Zu diesen Fragen haben sich das LG Köln und das AG München jüngst geäußert.

Der Fall vor dem LG Köln

In dem Streitfall buchte der Kläger in einem Reisebüro für seine Familie und sich eine achttägige Pauschalreise nach Kenia. Die Reise sollte schon zwei Tage später starten. Am Abflugtag eröffnete die Arline dem Kläger am Flughafen Frankfurt,  aber dass er und seine Mitreisenden ohne Visum nicht nach Kenia einreisen können. Zwar machte das Reisebüro den Vorschlag, die entsprechenden Visa online zu beantragen, sodass er einen Flug 90 Minuten später nehmen könne. Dieses lehnte der Kläger jedoch ab, ebenso wie den Vorschlag zu einer Umbuchung für den Folgetag. Vielmehr trat er mit seiner Familie die Heimreise an. Anschließend forderte er vom Reisebüro die Rückzahlung des Reisepreises einschließlich weiterer Kosten von insgesamt etwas mehr als 5.000 EUR,
 
Nach Auffassung des Klägers hatte das Reisebüro den Kläger nicht rechtzeitig auf die Visumpflicht hingewiesen. Darüber hinaus konnte die Frist zur Beantragung eines Expressvisums schon bei Buchung der Reise aufgrund der kurzen Zeitspann nicht mehr eingehalten werden, so der Kläger weiter. Der Fall landete schließlich vor dem LG Köln.

 
LG Köln: Reisebüro hat Beratungspflichten zu Einreisebestimmungen in Kenia nicht erfüllt


Das LG Köln gab der Klage in vollem Umfang statt. Nach einer Beweisaufnahme war das Kölner Gericht davon überzeugt, dass das Reisebüro seine Beratungspflichten nicht erfüllt hatte. Dabei betonte das LG zunächst, dass nicht nur der Reiseveranstalter, sondern auch das Reisebüro den Reisenden ausreichend über die Pass- und Visumserfordernisse des Ziellandes einschließlich der zugehörigen Fristen informieren muss. Die wesentlichen weiteren Erwägungen des LG:
 
Widersprüchliche Aussagen des Zeugen
 
Nach der Vernehmung des Mitarbeiters des Reisebüros hatte das LG erhebliche Zweifel dran, dass der Zeuge den Kläger bei der Buchung auf die gültigen Visumserfordernisse in Kenia und die entsprechenden Fristen hingewiesen hatte. Dies begründete das LG wie folgt:  
 
  • Keine konkreten Erinnerungen:  Der Zeuge hatte keine konkreten Erinnerungen an die Belehrung. Darüber hinaus erklärte er, dass sich der Reisende nach seiner Auffassung selbst über Visumpflichten informieren müsse. Vor diesem Hintergrund habe der Zeuge nicht überzeugend darlegen können, warum er den Kläger dennoch tatsächlich entsprechend belehrt haben will, so das LG.
  • Keine Kenntnis von der Nationalität der Kunden: Zudem spricht die Aussage des Zeugen, dass er bei Buchungen generell nicht wisse, welche Nationalität die Kunden hätten, dem LG zufolge für eine unzureichende Belehrung.

Weitere Erwagungen zur Visaproblematik

  • Kurze Antragsfristen für Visa: Auch nach den Einreise- und Gesundheitsbestimmungen, auf die sich das beklagte Reisebüro berief, habe die durchschnittliche Bearbeitungszeit für ein elektronisches Visum etwa zwei Tage gedauert. Weil die Reise schon zwei Tage nach der Buchung beginnen sollte, stand somit nicht fest, ob überhaupt rechtzeitig ein Visum hätte ausgestellt werden können.
  • Auch Erlangung von Express-Visa ungewiss: Ohne Erfolg blieb auch der Einwand des Reisebüros, nach dem der Kläger noch am Abreisetag am Flughafen ein „Online-Expressvisum“ hätte erlangen können. Das beklagte Reisebüro hatte den Beweis hierfür gar nicht angetreten, so das LG Köln. Dem Gericht zufolge widersprach dieses Vorbringen auch den Angaben zu den durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für Visa nach Kenia in den Reiseunterlagen. Ebenso wenig musste sich der Kläger daher auf eine Umbuchung für den Folgetag einlassen, weil auch die rechtzeitige Erlangung des Express-Visums ungewiss geblieben wäre.
Quelle: Mitteilung des LG Köln vom 31.07.2024 zum Urteil vom 29.07.2024 – 17 O 139/23

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps

 

Die Sache vor dem AG München

 
Um die Beratungspflichten des Reiseveranstalters über Änderungen der Einreisebestimmungen im Zielland nach der Buchung ging es vor dem AG München. In diesem Fall nahm der Kläger, der eine Reise auf die Malediven gebucht hatte, den Veranstalter auf Schadensersatz in Höhe von etwa 4.577 EUR in Anspruch.

Ihm wurde am Flughafen aufgrund geänderter Einreisebestimmungen der Check-In seines siebenjährigen Sohnes verweigert. Der Grund: Die Behörden auf den Malediven akzeptierten zu diesem Zeitpunkt keinen verlängerten Kinderreisepass mehr. Zwischen der Buchung und dem Reiseantritt lagen etwa neun Monate. Am Tag nach der geplanten Abreise wurde dem Sohn dann ein neuer Pass ausgestellt, sodass die Familie des Klägers die Reise an diesem Tag antreten konnte und den Hinflug selbst bezahlt hat.

Der Kläger meinte, dass ihn der Reiseveranstalter rechtzeitig über die geänderten Einreisebestimmung hätte aufklären müssen. Da dies unterblieben wäre, habe der Veranstalter seine Hinweispflichten nicht erfüllt.


AG München: Verantwortung für Beobachtung der weiteren Entwicklung der Einreisebestimmungen nach Vertragsschluss liegt beim Reisenden


Die Auffassung des Klägers teilte das AG München nicht und wies die Klage ab. Die tragenden Gründe des Gerichts:

  • Aufklärungspflichten bis zur Buchung erfüllt: Der beklagte Veranstalter hatte seine Hinweispflichten, die er bis zum Vertragsschluss nach EG 250 § 3 Nummer 6 EGBGB hatte, erfüllt. Die Beklagte hatte dem Kläger schon vor der Buchung empfohlen, dass insbesondere der Kinderpass nicht verlängert sein sollte.
  • Keine weitergehenden Pflichten: Weitergehende Hinweispflichten der Beklagten für die Zeit nach der Buchung sah das AG München nicht. Demnach liegt es in der Verantwortung des Reisenden, sich über weitere Entwicklungen der Einreisebestimmungen im Zielland  zu informieren.
Quelle: PM des AG MÜnchen vom 02.09.2024 zum Urteil vom 27.02.2024 – 223 C 19445/23

Steuer- und RechtsBrief Touristik SRTour


Flexibel mit dem digitalen Steuer- und RechtsBrief Touristik. Egal ob im Büro, im Homeoffice oder mobil: Setzen Sie auf die Vorzüge einer zeitlich früher erscheinenden digitalen Ausgabe, inklusive Zugang zum umfangreichen Archiv.

Expedition Steuern&Recht: Mit dem Steuer- und RechtsBrief Touristik (SRTour),dem aktuellen Informationsdienst für Touristik, Business Travel und Hotellerie, bleiben Sie auf dem neuesten Stand. Branchenexperten versorgen Sie mit regelmäßigen Updates und Praxistipps zu allen Steuer- und Rechtsfragen der Tourismusbranche.

SRTour bietet punktgenaue Fachinformationen, um steuerliche Vorteile erfolgreich zu nutzen, Steuernachzahlungen zu vermeiden und Risiken im Hinblick auf Haftungsfälle zu minimieren: Fundierte tourismusspezifische Antworten für Praktiker in Reisebüros, Reiseveranstalter oder Hotels, aber auch für ihre Berater.

Speziell für die Tourismusbranche

  • 12 x im Jahr: fundiert und gut lesbar mit vielen Tipps, Kurzhinweisen, Checklisten und Praxisbeispielen zu branchenspezifischen Themen, z. B. umsatzsteuerlichen Fragestellungen.
  • Direkter Fachaustausch: Kenner der Materie arbeiten an der Zeitschrift mit und beantworten im Leserforum auch regelmäßig Ihre Fragen.

Testen Sie SRTour kostenlos und unverbindlich.

Bitte beachten Sie: eJournals werden für Sie persönlich lizenziert. Sprechen Sie uns zu Mehrfachlizenzen für eJournals gerne an – Telefon (030) 25 00 85-295/ -296 oder KeyAccountDigital@ESVmedien.de.

Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht

Auch interessant 28.08.2024
AG München: Bloßes Nichterscheinen am Flughafen zu Reisebeginn ist kein Rücktritt

Kann ein Kunde, der eine Flugreise gebucht hat, seinen Reiserücktritt dadurch erklären, dass er zur Abflugzeit einfach nicht am Flughafen erscheint? Diese Frage hatte das AG München vor Kurzem zu klären  mehr …


(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht