Brandenburgisches OLG: Erbe ist aufgrund fehlerhafter Zwangsversteigerung Eigemtümer des Grundstücks geblieben (Foto: Robert Hiltl / stock.adobe.com)
Fehlerhafte Zwangsversteigerung eines Grundstücks
Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil des Brandenburgischen OLG beim BGH eingegangen
ESV-Redaktion Recht
03.08.2023
Die fehlerhafte Zwangsversteigerung eines Grundstücks, auf dem die Ersteigerer anschließend ein Haus gebaut hatten, führte nach einem Urteil des Brandenburgischen OLG dazu, dass die Ersteigerer das Grundstück zurückgeben müssen – und zwar unbebaut. Das OLG hatte die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Nun zog das Ehepaar mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor den BGH.
Das Ehepaar hatte das betreffende Grundstück, das in Rangsdorf in Brandenburg liegt, im Jahr 2010 über eine Zwangsversteigerung des AG Luckenwalde als Bauland erworben. Grund der Versteigerung waren Schulden des ursprünglichen Eigentümers – der das Grundstück geerbt hatte – bei der Stadt Freiburg.
Nach der Versteigerung baute die Familie dort ein kreditfinanziertes Haus. Anschließend meldete sich der ursprüngliche Eigentümer und forderte das Grundstück mit einer Klage vor dem LG Potsdam zurück. Der Erbe soll im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht erreichbar gewesen sein.
Vorinstanzen: Erbe ist Eigentümer geblieben
Nach Auffassung des LG Potsdam hatte das AG Luckenwalde im Rahmen seiner Nachforschungspflicht im Sinne von § 1964 BGB den Erben nicht ausreichend gesucht. Die entscheidenden Rechtsfolgen: Die Zwangsversteigerung war rechtswidrig und der Erbe blieb Eigentümer des Grundstücks, sodass die Versteigerung rückabzuwickeln ist.
Diese Rechtsauffassung teilte das Brandenburgische OLG als Berufungsinstanz und verurteilte das beklagte Ehepaar zusätzlich zur Herausgabe des Grundstücks. Insoweit sind die Beklagten auch dazu verpflichtet, das errichtete Haus zu beseitigen. Zudem müssen sie Schadenersatz leisten und die Löschung einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld veranlassen. Eine Revision zum BGH hat das OLG nicht zugelassen.
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Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH
Zahlreichen Medienberichten zufolge ist die Familie nun mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor den BGH gezogen. Geregelt ist diese im Wesentlichen in
§ 544 ZPO, der unter anderem folgende Zulässigkeitsvoraussetzungen aufstellt:
- Beschwerdewert: Der Beschwerdewert, der mit Revision geltend gemacht wird, muss entweder nach § 544 Absatz 2 Nr. 1 den Wert von 20.000 Euro übersteigen.
- Berufung verworfen: Das Berufungsgericht muss die Berufung als unzulässig verworfen haben ( § 544 ZPO Absatz 2 Nr. 2 ZPO).
- Einhaltung der Form-und Fristvorschriften: Der Beschwerdeführer muss die Form-und Fristvorschriften nach § 544 Absatz 3 ZPO einhalten.
Schadenersatzansprüche der Familie?
Das OLG hatte aber angedeutet, dass die Familie Ansprüche aus den Gesichtspunkten der Amts- oder Staatshaftung gegen das Land Brandenburg haben könnte.
Weiteren Medienberichten zufolge wollte das Justizministerium des Landes in Brandenburg die Angelegenheit nicht kommentieren. Demnach hat das Ministerium mit den Beschwerdeführern Verhandlungen über etwaige Entschädigungen aufgenommen. Die Beschwerdeführer wollen aber zunächst versuchen, über den BGH die Räumung des Grundstücks und den Abriss des Hauses abzuwenden.
Räumen müssen sie das Grundstück vorerst nicht. Die Vorinstanz hatte ihnen eine Räumungsfrist bis zum 29.06.2024 zuerkannt.
Zudem hemmt die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Absatz 7 ZPO die Rechtskraft des angegriffenen Urteils. Dieses kann also frühestens mit einer Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig werden.
Weitere Erfolgsaussichten ungewiss
Zwar hatte sich die Familie in den vorherigen Verfahren gegen die Aufhebung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung gewehrt. Ihre Rechtsbehelfe hiergegen hatten aber nach den Feststellungen der Berufungsinstanz – ebenso wie eine Verfassungsbeschwerde – keinen Erfolg.
Quellen: U. a.: Tagesspiegel, ARD, SZ unter Berufung auf dpa
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