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Anonyme Anzeigen sind beim Finanzamt nicht selten (Foto: Vladimir / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Offenlegung einer anonymen Anzeige?

ESV/Redaktion Steuern
01.10.2025
Anonyme Anzeigen sind nicht nur Stoff für Bücher oder Filme. Auch das Finanzamt erreichen mitunter anonyme Briefe, die ein angenommenes Fehlverhalten Dritter übermitteln. Der Steuerpflichtige gerät dann häufig unversehens ins Visier der Steuerbehörden. Doch hat er ein Recht darauf, eine solche Anzeige einzusehen? Hierzu hat sich der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil geäußert.

Anonyme Anzeige als Anlass für Kassen-Nachschau

In dem Streitfall wurde dem Finanzamt (FA) eine anonyme Anzeige zugestellt. Diese veranlasste das FA, bei der Klägerin, die einen Gastronomiebetrieb führte, eine sogenannte Kassen-Nachschau nach § 146b AO durchzuführen. Jedoch wurde hier weder ein steuerstrafrechtliches noch ordnungsrechtliches Fehlverhalten der Klägerin festgestellt. Nachfolgend beantragte die Klägerin Einsicht in die für sie geführten Steuerakten. Weiterhin begehrte sie Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Zweck des Auskunftsverlangens war, Kenntnis vom Inhalt der Anzeige erhalten, um auf diese Weise Rückschlüsse auf die Person des Anzeigenerstatters ziehen zu können. Das Finanzamt lehnte die Anträge ab. Die Klage beim Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg.

Bundesfinanzhof (BFH) schützt Anonymität

Auch vor dem BFH blieb die Klägerin erfolglos.

Entscheidend ist nach Ansicht des BFH, dass das Geheimhaltungsinteresse des Anzeigenerstatters und der Finanzbehörde höher zu gewichten ist als das Offenbarungsinteresse des von der Anzeige Betroffenen. Hiervon ist dem BFH zufolge im Regelfall auszugehen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde infolge der Anzeige einer unberechtigten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt. Da dies hier nicht der Fall war, erhielt die Klägerin keine Einsicht in eine  anonyme Anzeige, die sich in den Steuerakten befand.

Auch der Rückgriff auf Art. 15 DSGVO führte nicht zum Erfolg. Auch die datenschutzrechtlichen Vorschirften lassen dem BGH zufolge keinen Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der anonymen Anzeige zu. Zwar beinhalte eine solche Anzeige regelmäßig personenbezogene Daten, über die die Behörde grundsätzlich Auskunft erteilen müsse. Allerdings werde der Anspruch nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO beschränkt, da durch die Preisgabe des Inhalts der Anzeige die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörde (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gefährdet werden könnte. Darüber hinaus verböte der Identitätsschutz des Anzeigeerstatters eine Auskunftserteilung, so der BFH.

Ein Steuerpflichtiger hat demnach im Regelfall keinen Anspruch auf Preisgabe einer anonym beim Finanzamt eingegangen Anzeige, die ihm steuerliches Fehlverhalten vorwirft. Auch vermittelt der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch insoweit keine weitergehenden Rechte.

Fundstelle: Urteil des BFH vom 15. Juli 2025 - IX R 25/24, veröffentlicht am 25. September 2025



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Programmbereich: Steuerrecht