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Auch ein elektronischer Taschenrechner dient der Information im Sinne der Verbotsnorm, so das OLG Hamm (Foto: sepy und Erwin Wodicka/Fotolia.com)
Elektronisches Gerät nach § 23 Absatz 1a Satz 2 StVO

OLG Hamm: Auch Taschenrechner am Steuer nicht erlaubt

ESV-Redaktion Recht
12.09.2019
Handys am Steuer sind verboten. Aber gilt dieses Verbot auch für Taschenrechner? Die Gerichte sind sich in dieser Frage nicht einig, wie eine jüngere Entscheidung des OLG Hamm zeigt.
In dem betreffenden Fall hatte der Betroffene – ein Immobilienmakler – die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 10 km/h überschritten. Dabei hielt er in der rechten Hand einen Taschenrechner und berechnete damit die Provision für einen Kundentermin. Hierbei wurde er fotografiert. Das Amtsgericht (AG) Lippstadt sah darin die Nutzung eines „elektronischen Geräts“ im Sinne von § 23 Absatz 1a Satz 2 StVO, das der Kommunikation, Information oder Organisation dienen soll. Das Gericht verhängte gegen den Betroffenen deshalb eine Geldbuße von 147,50 Euro wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Tateinheit mit der verbotswidrigen Nutzung eines elektronischen Gerätes.

Betroffener: Taschenrechner dient nicht der Information

Der Betroffene wendete sich gegen das Urteil des AG Lippstadt mit einem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde an das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Er meint, dass ein Taschenrechner nicht den Tatbestand der benannten Verbotsnorm erfüllt. Insoweit berief er sich auf eine gegenläufige Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25.6.2018 – 2 Ss (OWi) 175/18.  

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OLG Hamm: Taschenrechner passt in Systematik der Norm

Der 4. Bußgeldsenat des OLG Hamm hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zuzulassen und auf den Bußgeldsenat übertragen. Den Grund für die Zulassung sieht der Senat in der vom Betroffenen benannten Entscheidung des OLG Oldenburg. Die Auffassung der Richterkollegen aus Oldenburg teilt der Senat des OLG Hamm jedoch nicht. Die streitige Rechtsfrage, so der Bußgeldsenat des OLG Hamm, sei daher ggf. obergerichtlich im Rahmen eines Vorlageverfahrens zum Bundesgerichtshof (BGH) zu klären. Hier die gegensätzlichen Argumente der beiden Oberlandesgerichte:

OLG Hamm: Taschenrechner ist Kommunikationsgerät OLG Oldenburg: Rechner nicht mit Kommunikationsgeräten vergleichbar
  • Der Nutzer informiert sich mit Hilfe des Displays über das Rechenergebnis.
  • Dieses Ergebnis hat den Gehalt einer Nachricht.
  • Der Informationsbegriff stellt nicht allein auf Informationen oder Nachrichten ab, die allein von außen kommen. 
  • Zum Informationsbegriff zitiert das OLG mehrfach den Duden.
  • § 23 Abs. 1a S. 2 StVO ist nicht abschließend und ein Taschenrechner passt in die Systematik der Norm.
  • In der Begründung des Entwurfes der 53. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher
    Vorschriften sind dem OLG zufolge nur Geräte wie Smartphones, Touchscreens, elektronische Terminplaner, Diktiergeräte oder Notebooks benannt (mit Hinweis auf BR Drucksache 556/17, S. 26.)
  • Ein reiner Taschenrechner fällt nicht mehr unter einen der genannten Oberbegriffe.
  • Zwar dient das Ablesen des Rechenergebnisses auch der Information. Die Annahme, ein bloßer Rechner wäre ein vergleichbares Informationsgerät, überdehnt dem OLG zufolge aber die Auslegung der Norm und ist für den Normadressaten nicht mehr erkennbar.
Im Wortlaut: § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder.

Anfragebeschluss zum OLG Oldenburg

Aufgrund seiner abweichenden Auffassung hat der Senat des OLG Hamm beim Bußgeldsenat des OLG Oldenburg – im Rahmen eines sogenannten Anfragebeschlusses – angefragt, ob dieser weiterhin an seiner Rechtsauffassung festhält. Zwar wäre eine solche Anfrage nicht ausdrücklich vorgesehen, aber dennoch zulässig, so das OLG Hamm. Besteht das OLG Oldenburg also auf seiner Rechtsauffassung, wird in der Tat der BGH diese Frage klären müssen.

Quelle: Beschluss des OLG Hamm vom 18.6.2019 –  4 RBs 191/19

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