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OLG München: Wer zwei inhaltsgleiche Testamente anfertigt, muss beide Exemplare vernichten, wenn sein dort niedergelegter Wille ungültig werden soll (Foto: PeJo / stock.adobe.com)
Erbrecht

OLG München: Zerrissenes Testament bleibt wirksam, wenn ein weiteres Original existiert

ESV-Redaktion Recht
24.07.2020
Nicht selten verfassen Erblasser zwei Testamente mit gleichem Inhalt. Während ein Exemplar beim Erblasser bleibt, erhält der künftige Erbe das zweite Dokument. Doch gelten die letztwilligen Verfügungen in dem zweiten Exemplar auch dann noch, wenn der Erblasser seinen Willen ändert und nur sein Exemplar zerreißt? Hierzu hat sich das OLG München in einem vor kurzem veröffentlichten Beschluss geäußert.
In dem Streitfall hatte ein Erblasser zwei Testamente verfasst, die im Wesentlichen den gleichen Inhalt hatten.  Eines davon behielt er selbst. Das weitere Exemplar händigte er seiner Cousine aus. Diese war in beiden Testamenten als Alleinerbin eingesetzt. Im Jahr 2017 verlangte er von der Cousine auf Anweisung des Erblassers, das ihr überlassene Exemplar wieder herauszugeben. In dem Verfahren vor dem Nachlassgericht hatte der Betreuer dann das Exemplar, das der Erblasser behalten hatte, zerrissen. 

Die Cousine verweigerte die Herausgabe jedoch. Nach dem Tod des Erblassers beantragte sie einen Alleinerbschein. Mit Beschluss vom 7.3.2019 – 2 VI 642/17 – kündigte das Nachlassgericht Dillingen die Erteilung die Erteilung dieses Erbscheins an.

Gesetzliche Erben: Zerreißen des Testaments bedeutet Widerruf


Hiergegen wendeten sich die gesetzlichen Erben mit Beschwerden zum OLG München. Dabei beriefen sie sich auf die gesetzliche Erbfolge. Ihre Begründung: Mit dem Zerreißen des beim Erblasser verbliebenen Testaments wurde dieses wirksam widerrufen.

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OLG München: Zerreißen nur eines Exemplares ist kein wirksamer Widerruf


Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die tragenden Gründe des OLG München:

  • Zwei Exemplare derselben Verfügung: Mit dem Verfassen von zwei Exemplaren, die beide vom Erblasser unterschrieben waren, hatte dieser zwei Exemplare der inhaltlich selben Verfügung verfasst.
  • Zwei Originale: Damit existieren auch zwei Originale – und nicht ein Original und eine Kopie. Hätte der Eblasser eine Kopie fertigen wollen, wäre es ihm ohne weiteres möglichgewesen, die Kopie als solche zu kennzeichnen, so das OLG. Zudem war das Exemplar, das er seiner Cusine überlassen hatte, nach Meinung des Gerichts eher in Schönschrift geschrieben. Daraus schließen die Münchner Richter, dass der Erblasser auch dieses Exemplar als Original angesehen hatte. Zudem meinen sie, dass auch der Erblasser selbst von der rechtlichen Erheblichkeit dieser Version ausgegangen ist. Sonst hätte er seinen Betreuer nicht dazu angewiesen, dieses Dokument von seiner Cousine herauszuverlangen. 
  • Vernichtung eines Originals lässt die Wirksamkeit des anderen Originals unberührt: Aus der Vernichtung einer Urschrift, die beim Erblasser verblieben war, folgt nicht, dass die andere Urschrift unwirksam wird. Damit liegt auch kein wirksamer Widerruf des Testaments vor.
Quelle: Beschluss des OLG München vom 5.5.2020


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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht