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Auch der 3. Zivilsenat des OLG Stuttgart hält die Videotechnik in Gerichtssälen noch für sehr störanfällig (Foto: YouraPechkin / stock.adobe.com - Symbolbild)
Videotechnik im Gerichtssaal

OLG Stuttgart lehnt Videoverhandlung bei komplexem Fall ab

ESV Redaktion Recht
16.05.2025
Darf ein Gericht Anträge auf Durchführung einer Videoverhandlung ablehnen, weil der Sachverhalt zu komplex ist? Diese Frage hat das OLG Stuttgart in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss entschieden.
In der Streitsache – in der ein Solarprojekt scheiterte – ging es um die Rückzahlung von etwa 1,5 Mio. EUR. Im Laufe des Verfahrens trugen die Beklagten vor, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) einen Verhandlungstermin nicht wahrnehmen konnte, weil dieser sich im Ausland befand. Die beiden Beklagten beantragten daher mit Schriftsatz vom 16.12.2024 die Durchführung einer Videoverhandlung.

Noch am selben Tag wies der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des LG Ellwangen, der zum Einzelrichter berufen war, den Antrag auf Durchführung einer Videoverhandlung zurück. Er meinte, die Sache sei hierfür zu komplex. Darüber hinaus erschien ihm der Streitwert zu hoch und er meinte, dass die Technik – auf den Fall bezogen – nicht ausreichend zuverlässig sei.
 
Die beiden Beklagten reagierten hierauf mit einem Befangenheitsantrag nach § 42 ZPO, der am 17.12.2024 beim LG Ellwangen einging. 

LG Ellwangen: Antrag auf Befangenheit in erkennbarer Verschleppungsabsicht  gestellt


Die 1. Zivilkammer des LG Ellwangen lehnte den Befangenheitsantrag ab. Der betroffene Vorsitzendende, der an dem Ablehungsbeschluss nicht mitwirkte, betonte in seiner dienstlichen Stellungnahme unter anderem aber, dass eine Kollegin erst am Vortag über große Probleme mit einer Videoverhandlung berichtet habe. Der Ansicht ihres Vorsitzenden schloss sich die Kammer an.

Nach weiterer Auffassung der Kammer hatten die Beklagten den Befangenheitsantrag in erkennbarer Verschleppungsabsicht gestellt. Demnach enthielt der 26-seitige Antrag zahlreiche Floskeln, Zitate und Redundanzen. Letztlich solle der Antrag lediglich dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2) einen Urlaub ermöglichen, den dieser erst nach der Terminierung gebucht habe, so die Kammer hierzu. Danach war der Antrag rechtsmissbräuchlich und unzulässig.

Auch einer sofortigen Beschwerde gegen den Ablehnungsbeschluss half die 1. Zivilkammer des LG Ellwangen nicht ab und legte die Sache dem OLG Stuttgart vor.

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OLG Stuttgart: Die sorgfältigen Ablehnungen der Videoverhandlung sowie der Befangenheit basieren auf sachlichen Erwägungen


Die sofortige Beschwerde der Beklagten hatte auch vor dem 3. Zivilsenat des OLG Stuttgart keinen Erfolg. Der Senat hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Demnach war der betreffende Vorsitzende Richter nicht befangen, weil er die Videoverhandlung nach § 128a ZPO ablehnte. Der Senat teilte die insbesondere die Meinung des Vorsitzenden in Bezug auf die Störanfälligkeit – aber auch die weitere Auffassung der Kammer hinsichtlich der Befangenheit. Die weiteren wesentlichen Überlegungen des Senats:

  • Störungsanfällige Videotechnik: Auch der Senat hält die Videotechnik angesichts der Komplexität des Falls und des hohen Streitwerts für nicht ausreichend störungsfrei. Seine Ansicht begründete der Senat unter anderem mit seinen eigenen Erfahrungen. Zudem hält der Senat den Hinweis des betreffenden Vorsitzenden auf die Störanfälligkeit nicht für sachfremd. Ebenso wenig sah der Senat in der schnellen Mitteilung der Rechtsauffassung des betreffenden Vorsitzenden Richters ein Präjudiz.
  • Ablehnungen sorgfältig begründet: Schließlich fußen sowohl die Ablehnung der Videoverhandlung als auch die Ablehnung der Befangenheit durch die Kammer dem Senat zufolge auf sachlichen Erwägungen. 
Quellen:


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(ESV/bp)

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