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OLG Zweibrücken: Vorlage von gefälschtem Impfausweis in Apotheke ist strafbarer Gebrauch einer unechten Urkunde (Foto: senadesign / stock.adobe.com)
Fälschung von Corona-Impfzeugnissen

OLG Zweibrücken: Benutzung einer gefälschten Impfbescheinigung ist Urkundenfälschung

ESV-Redaktion Recht
06.10.2023
Ist das Vorzeigen einer gefälschten Corona-Impfbescheinigung in einer Apotheke, um den digitalen Impfausweis in der Corona-Warn-App zu erhalten und diesen dann zu benutzen, ein strafbares Gebrauchen einer unechten Urkunde? Nachdem das AG Speyer diese Frage verneinte, hat sich nun das Pfälzische OLG Zweibrücken hierzu geäußert.
Laut Sachverhalt legte die Angeklagte im Oktober 2021 in einer Apotheke einen Impfausweis vor, der auf ihren Namen lautete. Der Ausweis enthielt zwei Eintragungen, die mit einem Stempel und einer Unterschrift verifiziert waren. Diese sollten bescheinigen, dass sich die Angeklagte im Juli/August 2021 beim Impfzentrum Ludwigshafen zweimal gegen Corona impfen ließ. Allerdings hatte sich die Angeklagte niemals impfen lassen. Da die Apotheke von der Echtheit der Eintragungen ausging, stelle sie der Angeklagten einen digitalen Impfnachweis aus, den die Angeklagte in ihre Warn-App hochlud und benutzte. 

AG Speyer spricht Angeklagte frei

Das AG Speyer hatte die Angeklagte – vor allem unter Berufung auf die damalige Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts – freigesprochen. Hiergegen zog die Staatsanwaltschaft mit einer Revision vor das Pfälzische OLG Zweibrücken.
 
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OLG Zweibrücken: Straftatbestand der Urkundenfälschung erfüllt

Das OLG Zweibrücken hob die Entscheidung der Ausganginstanz auf und verwies die Angelegenheit an eine andere Abteilung des AG zurück. Die tragenden Gründe des OLG:
 
  • Impfbescheinigung ist Urkunde: Nach Auffassung des OLG ist der Impfausweis eine Urkunde. Demnach ergibt sich aus dem Datum der Impfung, dem angegebenen Impfstoff und der Charge in Zusammenschau mit den Personalien auf dem Deckblatt des Impfausweises die Erklärung des Arztes, dass dieser die benannte Person an dem betreffenden Tag mit dem angegebenen Vakzin aus einer bestimmten Charge gegen Corona geimpft hat.
  • Unechter Impfausweis: Versieht der Täter die Impfbescheinigung dann mit einem Stempel, der den Aufdruck des Impfzentrums und eine erfundene oder nachgeahmte Unterschrift enthält, will der Aussteller den Eindruck erwecken, dass die Bescheinigungen von einem Arzt des Impfzentrums ausgestellt wurde, obwohl die Angaben vom Täter kommen.   
  • Gebrauch der unechten Urkunde: Legt der Täter diese unechte Erklärung dann in einer Apotheke vor, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten, erfüllt dies den Tatbestand der Urkundenfälschung – und zwar in der Alternative des Gebrauchs einer unechten Urkunde im Rechtsverkehr.
  • § 279 StGB n.F. keine speziellere Norm: Zwar liegt nach Auffassung des OLG kein Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses nach 279 StGB (Fassung ab dem 24.11.2021) vor, weil die Angeklagte keine Behörde oder Versicherungsgesellschaft getäuscht hatte. Dieser nicht erfüllte Tatbestand ist dem OG zufolge aber nicht als speziellere Norm anzusehen, die den Gebrauch eines falschen Gesundheitszeugnisses verdrängt. Eine solche Auslegung lässt sich weder aus der Entstehungsgeschichte noch dem Zweck oder der Systematik der miteinander konkurrierenden Bestimmungen herleiten, so das OLG Zweibrücken abschließend.
Aufgrund der Zurückverweisung muss nun eine andere Abteilung des AG Speyer unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des OLG Zweibrücken neu über die Sache entscheiden.

Quelle: PM des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 02.10.2023 zum Urteil vom 26.06.2023 – 1 OLG 2 Ss 33/22

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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht