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Ampel auf rot, wenn Privatanleger Kreditrisiken tragen sollen (Foto: Reinhold Föger/Fotolia.com)
Bank - und Kapitalmarktrecht

Rote Ampel für den Verkauf von Bonitätsanleihen an Privatanleger

ESV-Redaktion Recht
11.08.2016
Die BaFin will den Verkauf von Bonitätsanleihen an private Anleger verbieten. Hierzu hat die Finanzaufsichtsbehörde den Entwurf einer Allgemeinverfügung bekanntgegeben.
Das geplante Verbot soll den Retailvertrieb von Zertifikaten betreffen, die sich auf Bonitätsrisiken von Referenzunternehmen beziehen. Die Frist zur schriftlichen Stellungnahme läuft bis zum 02.09.2016.

„Strukturierte Produkte, die sich auf Kreditrisiken beziehen, können für institutionelle Investoren eine sinnvolle Anlagealternative sein. In die Hände von Privatkunden gehören sie aus unserer Sicht aber nicht”, meint Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele hierzu. Der Finanzaufsicht ist aber bewusst, dass sie die Zertifikateindustrie vor große Herausforderungen stellt.

„Gerade weil der Zertifikatemarkt bei uns in Deutschland einen hohen Stellenwert hat, dessen Ruf und Glaubwürdigkeit von zentraler Bedeutung ist, müssen wir bei einzelnen Produkten intervenieren”, fährt Roegele fort.

Warum Privatanleger geschützt werden sollen

Die BaFin hat bei Bonitätsanleihen vor allem wegen der hohen Produktkomplexität erhebliche Bedenken und hält daher einen besonderen Anlegerschutz für erforderlich.

Danach sind Kreditrisiken bei Bonitätsanleihen von Referenzunternehmen maßgebend für die Verzinsung und Rückzahlung des investierten Geldbetrags. Spezielle Risiken, die heraus resultieren, sind nach Meinung der BaFin für Privatanleger kaum erkennbar. Besondere Bedeutung habe hierbei, ob ein Kreditereignis im Hinblick auf die zugrundeliegende Referenzverbindlichkeit eintreten wird.

Die speziellen Risiken für Privatanleger aus Sicht der BaFin

  • Ausallwahrscheinlichkeit nur schwer erkennbar: Privatkunden können kaum beurteilen, wie groß die Wahrscheinlichkeit für die Rückzahlung des Anlagebetrags ist, heißt es in der Erklärung. 
  • Adäquate Vergütung des Kreditrisikos? Gleiches gilt für die Frage, ob die Übernahme des Kreditrisikos durch die Höhe des Zinsversprechens adäquat vergütet wird. 
  • Interessenkonflikte: Als problematisch sieht die Aufsicht auch das Risiko eines Interessenkonfliktes an, das in der Produktstruktur angelegt ist. Einerseits seien die Emittenten auch Produzenten der Bonitätsanleihen, die an Privatkunden abgesetzt werden. Ebenso pflegen sie Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen, deren Bonitätsrisiken Bestandteile ihrer Produkte sind. Darüber hinaus treten Emittenten als Kreditgeber auf. Die gängigen Vertragsbedingungen für Bonitätsanleihen räumen den Emittenten in diesem Zusammenhang erhebliche Spielräume ein. 
  • Begriff „Bonitätsanleihe” irreführend: Darüber hinaus meinen die Finanzaufseher, dass die Produktbezeichnung „Bonitätsanleihe” irreführend ist. Dies wären keine klassischen Anleihen, wie der Name andeutet. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei der Anleger gerade kein Anleihe-Darlehensgeber. Vielmehr habe dieser Rolle eines Versicherungsgebers und trage das volle Risiko des Kreditereignisses.

Keine hinreichende Aufklärung

In den letzten Monaten hatte die Aufsichtsbehörde untersucht, in welchem Umfang Bonitätsanleihen aktiv an Privatkunden vertrieben werden und wie diese Kunden über die Risiken aufgeklärt werden. Hierbei habe sich gezeigt, dass Emittenten sogar gezielt Bonitätsanleihen für den Absatz an Privatkunden produzieren.

Aus der Auswertung der Beratungsdokumentationen zieht die Behörde den Schluss, dass den Kunden die Funktionsweise der Produkte in der Regel nicht ausreichend erklärt wird.

Mit dem Verbot will die BaFin von ihrer Möglichkeit einer Produktintervention nach § 4 b WpHG Gebrauch machen. Diese hat der Gesetzgeber im Juli 2015 mit dem Kleinanlegerschutzgesetz eingeführt. Seit dem kann die Behörde den Vertrieb, die Vermarktung und den Verkauf von bestimmten Finanzprodukte beschränken oder verbieten, um Anleger zu schützen.

Im Wortlaut: Entwurf der Allgemeinverfügung der BaFin vom 28.07.2016
Hiermit ergeht folgende

Allgemeinverfügung:

1. Ich ordne das Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Zertifikaten bezogen auf Bonitätsrisiken („Bonitätsanleihen” oder „credit linked notes”) an Privatkunden i.S.d. § 31a Abs. 3 WpHG an.

2. Die Allgemeinverfügung gilt an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.

Quelle: Presseerklärung der BaFin - Zur Begründung des Entwurfs der Allgemeinverfügung 


Weiterführende Literatur
Der Kommentar von Reischauer/Kleinhans zum Kreditwesengesetz (KWG) ist ein seit vielen Jahren angesehenes und bewährtes Standardwerk. Das Loseblattwerk kommentiert neben den KWG-Normen u.a. die LiqV oder die AnzV und erläutert den MaRisk-Regelungstext. Sukzessive behandelt das Werk zudem die wesentlichen Vorschriften der neuen EU-Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation). Dabei berücksichtigt es auch die technischen Standards der europäischen Aufsichtsbehörde EBA und weitere relevante Bestimmungen, wie z.B. die EBA-Guidelines.

(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht