Stellenbesetzung: Kann männlicher Bewerber Gleichstellungsbeauftragter werden?
Kläger: Begründung der Absage ist geschlechtsspezifische Diskriminierung
Dies konnte der Kläger nicht nachvollziehen und verlangte eine Entschädigung wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung im Bewerbungsverfahren nach § 15 Absatz 2 AGG. Die Forderung des Klägers belief sich auf das Dreifache des Monatsverdienstes.Nach seiner Auffassung ist das weibliche Geschlecht für die in der Stellenausschreibung ausgewiesenen Tätigkeiten eines Gleichstellungsbeauftragten keine wesentliche berufliche Anforderung. Insoweit habe sich das gesellschaftliche Rollenverständnis bereits geändert.
Nach einer erfolglosen Klage vor dem Arbeitsgericht Lübeck legte er Berufung zum Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein ein.
LAG Schleswig-Holstein: Benachteiligung zulässig
Das LAG Schleswig-Holstein teile die Auffassung des Klägers nicht und wies die Klage ab. Dabei berief sich das Gericht im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:- Benachteiligung zwar gegeben: Zwar wurde der Kläger wegen seines Geschlechts im Sinne von § 7 Absatz 1 AGG benachteiligt, weil er als männlicher Bewerber keine Chance hatte, die ausgeschriebene Stelle als kommunale Gleichstellungsbeauftragte zu erhalten.
- Aber - Benachteiligung zulässig: Dennoch hielt das LAG die Benachteiligung nach § 8 Absatz 1 AGG für rechtskonform. So wären nach den gesetzlichen Grundlagen in Schleswig-Holstein nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte vorgesehen, so der Richterspruch aus Kiel. Als einschlägige Vorschrift benannte das Gericht § 2 Absatz 3 Satz 1 der Kreisordnung für Schleswig-Holstein und das Gleichstellungsgesetz (GstG) des Landes. Im Übrigen würden hierfür auch die Gesetzessystematik und die Gesetzesmaterialien sprechen.
- Weibliches Geschlecht Voraussetzung für Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten: Darüber hinaus ist das weibliche Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten einer Gleichstellungsbeauftragten.
Im Wortlaut: § 8 AGG - Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen |
(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. |
Im Wortlaut: Kreisordnung für Schleswig-Holstein - § 2 Selbstverwaltungsaufgaben |
(3) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben die Kreise Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragte ist vollzeitig und nur ausnahmsweise teilzeitig tätig (…). |
Kein Verstoß gegen Grundgesetz und Unionsrecht
Im Übrigen würden die benannten Regelungen der Beseitigung der strukturellen Nachteile von Frauen dienen, die nach wie vor vorhanden seien, so das LAG weiter. Diese sind dem Gericht zufolge auch mit dem Grundgesetz sowie dem Unionsrecht vereinbar, auch wenn damit erhebliche Nachteile für die formal benachteiligten Männer verbunden wären. Die Revision hat das LAG nicht zugelassen. Allerdings ist das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: PM des LAG Schleswig-Holstein vom 11.01.2018 zum Urteil vom 02.11.2017 - AZ: 2 Sa 262 d/17 (nrkr)
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(ESV/bp)
Programmbereich: Arbeitsrecht