Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Eigentum und Aufgabenverteilung können für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer von Bedeutung sein (Foto: dechevm / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Steuerbefreiung beim Grundstückserwerb aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben

ESV-Redaktion Steuern
09.08.2024
Für Fragen der Grunderwerbsteuer ist es entscheidend, ob bei der übertragenden juristischen Person des öffentlichen Rechts die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Eigentum an dem Grundstück zusammengefallen sind. Mit dieser Frage bei einem Erbbaurecht für ein Studierendenwerk hat sich der BFH in einem aktuellen Urteil auseinandergesetzt.

Erbbaurecht, um Betrieb des Studierendenwohnheims sicherzustellen

Klägerin ist ein Studierendenwerk in der Stadt A, das dort in der Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird. Ihr obliegt die Aufgabe der Errichtung und Bewirtschaftung von Einrichtungen für das studentische Wohnen. Im Rahmen dessen bewirtschaftet sie u.a. ein Studierendenwohnheim. Zur Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) stand das betreffende Grundstück im Eigentum des Volkes. Rechtsträger war seinerzeit der Rat der Stadt A. Bereits seit dem Jahr 1971 wurde das Grundstück überwiegend als Studierendenwohnheim genutzt.

Im Jahr 1991 wurde zunächst die Stadt A als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen, 2003 wurde es dann nach Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 Hs. 1 des Einigungsvertrags vom 31.08.1990 (BGBl. II 1990, 889) auf die Universität der Stadt A übertragen. Diese bestellte wiederum im Jahr 2011 ein Erbbaurecht zugunsten der Klägerin an dem Grundstück. Die Bestellung des Erbbaurechts erfolgte zum Zweck der Errichtung und des Betreibens von Studierendenwohnheimen und mit diesen im Zusammenhang stehenden Nebeneinrichtungen im Rahmen der gesetzlichen Aufgabe der Klägerin. Das Finanzamt setzte wegen der Bestellung des Erbbaurechts Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest, wogegen diese Einspruch unter Berufung auf die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 1 GrEStG einlegte.

Die Klage vor dem FG Mecklenburg-Vorpommern hatte keinen Erfolg, auch der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Tatbestandsmerkmal „aus Anlass“ für Steuerbefreiung entscheidend

Zunächst war festzustellen, dass notariell beurkundete Vertrag aus dem Jahr 2011 über die Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten der Klägerin ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Vorgang war.

Allerdings war der Erwerb des Erbbaurechts durch die Klägerin von der Universität nicht nach § 4 Nr. 1 Alt. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Denn die Bestellung des Erbbaurechts erfolgte nicht aus „Anlass des Übergangs“ einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe von der Universität auf die Klägerin.

Ausschlaggebend ist das Tatbestandsmerkmal des § 4 Nr. 1 Alt. 1 GrEStG „aus Anlass“. Das setzt voraus, dass sich die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Grundstückseigentum vor deren Übergang auf die andere juristische Person des öffentlichen Rechts einmal zeitgleich in der Hand der übertragenden juristischen Person des öffentlichen Rechts befunden haben.

Die Universität hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt zeitgleich das Eigentum an dem mit dem Studierendenwohnheim bebauten Grundstück und die öffentlich-rechtliche Aufgabe der Bewirtschaftung dieses Studierendenwohnheims inne. Die Klägerin bewirtschaftet das Studierendenwohnheim seit ihrer Gründung durch die vorläufige Satzung des Studentenwerkes vom 08.03.1991.

Ob die Universität vor dem 08.03.1991 mit der Aufgabe der Bewirtschaftung des Studierendenwohnheims betraut war, kann dahinstehen, da sie das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück erstmals im Jahr 2003 erworben hat. Die Erbbaurechtsbestellung im Jahr 2011 kann daher nicht aus Anlass der Aufgabenzuweisung an die Klägerin im Sinne des § 4 Nr. 1 Alt. 1 GrEStG erfolgt sein.

Fundstelle: BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 (II R 45/21), veröffentlicht am 1. August 2024
Hier bleiben Sie auf dem aktuellen Stand im Bereich Steuern.
Abonnieren Sie doch gleich hier unseren kostenlosen Newsletter Steuern!



GrEStG


von Hans-Joachim Beck

Ob bei Investitionsentscheidungen oder dem Erwerb einer selbstgenutzten Wohnung: Die Grunderwerbsteuer gewinnt bei steigenden Grundstückspreisen und wachsenden Steuersätzen eine immer größere Bedeutung. Fehler bei der Übertragung eines Grundstücks oder der Umstrukturierung eines Unternehmens können kaum wieder gut gemacht werden.

Einen praxisnahen Weg durch das Paragraphengeflecht des Gesetzes weist Ihnen die prägnante Kommentierung von Hans-Joachim Beck.

  • Entstehung von Grunderwerbsteuer und Gestaltungshinweise zur Vermeidung von Fallstricken
  • Systematik und Anwendung des GrEStG, auch im Rahmen der verschärften Regelungen über Share Deals
  • Anweisungen der Finanzverwaltung, welche die Auslegung des Gesetzes bislang stark prägen; insbesondere werden auch die Erlasse der Finanzverwaltung zur Anwendung der Neuregelungen von Share Deals vom Mai 2022 ausführlich kommentiert.

Mit vielen Übersichten und Beispielsfällen werden die komplexen gesetzlichen Zusammenhänge für die sichere Rechtsanwendung und optimale Beratungslösungen anschaulich dargestellt.


(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht