
Steuerermäßigung für Hausnotrufsystem?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.02.2023 - VI R 7/21 entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 (Ermäßigung der Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen) für ein Hausnotrufsystem nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn dieses im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24-Stunden-Servicezentrale herstellt.
Umfang des Hausnotrufsystems von Bedeutung
Im vom BFH entschiedenen Fall hatte die Klägerin, eine im Jahr 1933 geborene Rentnerin, ihre Wohnung mit einem Hausnotrufsystem ausgestattet. Der mit dem Anbieter geschlossene Vertrag sah aber nur die Bereitstellung des Hausnotruf-Geräts und einen 24-Stunden-Bereitschaftsservice vor. Dieses sog. Paket Standard mit Gerätebereitstellung und 24-Stunden-Servicezentrale beinhaltete jedoch nicht den Sofort-Helfer-Einsatz an ihrer Wohnadresse sowie die Pflege- und Grundversorgung.
"Haushaltsnähe" entscheidend
Nachdem das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen für das Hausnotrufsystem nicht als haushaltsnahe Dienstleistung berücksichtigte, gab das Finanzgericht der hiergegen gerichteten Klage statt. Dies sah der BFH anders.
Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG könne nur für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht würden. Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist zwar gesetzlich nicht näher bestimmt, jedoch müssen nach der Rechtsprechung des Senats die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. Nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff des erkennenden Senats fällt hierunter auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden. Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.
Der Wortlaut des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG ist dahingehend eindeutig, dass Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt sind, auch wenn sie für den Haushalt erbracht werden. Insoweit kommt es auf die tatsächliche Erbringung der Leistung an. Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist daher grundsätzlich nicht von Belang. Ein bloßes Abstellen auf den Leistungserfolg würde zu einer rein funktionalen Betrachtungsweise führen, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt ist und auch nicht dem räumlich-funktionalen Verständnis des erkennenden Senats entspricht. Die räumlich-funktionale Verbindung zum Haushalt kann nicht allein dadurch begründet werden, dass sich die Leistung auf einen Haushaltsgegenstand bezieht.
Insoweit fehlte es hier an der "Haushaltsnähe". Denn die Klägerin zahle im Wesentlichen für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft sowie für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs. Die Rufbereitschaft und die Entgegennahme von eingehenden Notrufen in der Servicezentrale sowie gegebenenfalls die Verständigung Dritter, damit diese vor Ort Hilfe leisten, erfolge jedoch außerhalb der Wohnung der Klägerin und damit nicht in deren Haushalt.
Abgrenzung zu Notrufsystem in Seniorenresidenz
Das Urteil ist von der Entscheidung des BFH betreffend Aufwendungen für ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz abzugrenzen. Dort erfolgte der Notruf über einen sog. Piepser unmittelbar an eine Pflegekraft, die sodann auch die erforderliche Notfall-Soforthilfe übernahm.
Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 4. Mai 2023 - Nummer 027/23
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(ESV/cmx)
Programmbereich: Steuerrecht