
Stopper: „Transferzahlungen, hohe Spielergehälter oder Beraterzahlungen sind das Damoklesschwert, das bald fällt“
Herr Dr. Stopper, Arbeitsverträge mit Lizenzspielern der Fußball-Bundesliga dürfen nach einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts befristet werden. Warum zählt der Bundesliga-Profi überhaupt zur Arbeitnehmerschaft?
„Schneller Verschleiß im Spitzensport als tauglicher Befristungsgrund”
Das Erfurter Gericht hat nun Besonderheiten der Arbeitsleistung ausgemacht. Was sind denn konkrete Befristungsgründe?
Martin Stopper: Es geht ja um die Eigenart, die das Teilzeit- und Befristungsgesetz verlangt, das ja, wie gesagt, gänzlich andere Schutzzwecke verfolgt als eine für den Fußball so wichtige „krumme“ Rechtfertigungsgrundlage für das millionenschwere Transfersystem zu bilden. Deshalb hat man das Abwechslungsbedürfnis der Zuschauer oder den schnellen Verschleiß bei der Erbringung von Spitzensport als taugliche Befristungsgründe mit Argumenten ausgefüllt. Als Richter hat man eben das Recht anzuwenden, das einem an die Hand gegeben wird.
Zur Person |
Dr. Martin Stopper, seit über 20 Jahren im Sport tätig, ist Gründungspartner von Lentze Stopper Rechtsanwälte. Seinem Studium der Rechtswissenschaften in Konstanz folgten Promotion zum Dr. jur. und Habilitation mit der Venia Legendi für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Wettbewerbsrecht. Stopper war unter anderem als Justitiar bei der FIFA Marketing & TV Deutschland GmbH. Er ist Mitglied in der Deutschen Vereinigung für Sportrecht e.V. und Mitherausgeber der Zeitschrift SpuRt. Im ESV ist er Herausgeber des Handbuch Fußball-Recht, der inzwischen in 5. Auflage erschienen ist. |
Artikel 18 Abs. 2 Satz 2 des Fifa RSTP – Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern – bestimmt als Soll-Vorschrift sogar eine maximale Vertragslaufzeit zwischen Verein und Spieler von fünf Jahren. Was ist der Hintergrund dieser Fifa-Regelung, die ja hinter nationalen arbeitsrechtlichen Regeln zurückstehen müssen?
Diese wohlmeinenden Erwägungen sind jedoch von der Realität eingeholt worden. Die Fliehkräfte, die die Länge von Verträgen beeinflussen, sind heutzutage anders motiviert.
Verfolgt man die Sportpresse vor allem zu Saisonende, überschlagen sich die Meldungen zu Spielertransfers. Inwieweit trägt die Befristung der Arbeitsverträge hierzu bei?
„Je länger die vertragliche Restlaufzeit, desto höher die Transferzahlung”
Ihrem Werk ist zu entnehmen, dass nicht nur die Zahl der Transfers, die eine Transferentschädigung auslösen, steigt, sondern auch die absolute Summe der Entschädigungen. Diese ist von rund 1,25 Mrd. US-Dollar im Jahr 2012 auf 2,75 Mrd. US-Dollar im Jahr 2016 gestiegen – mehr als eine Verdoppelung. Sind dafür nur die stetig steigenden Fernsehgelder verantwortlich oder gibt es weitere Gründe?
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Welchen Einfluss haben wirtschaftliche Rechte Dritter auf Transfers? Gibt es eine Transferautonomie, um einer Fremdbestimmung durch Dritte zu begegnen?
Martin Stopper: Theoretisch ja, und das ist nicht einmal zynisch gemeint. Das so genannte Verbot der „Third Party Ownership“ ist geeignet, Ansprüche Dritter an Transferentschädigungszahlungen zu unterbinden. Aber die Durchsetzung dieses Verbots fällt schwer, da die Gier in diesem Honigtopf gut gefüttert wird und so mit viel Aufwand Fantasien zur Regelumgehung beflügelt und zur Umsetzung gebracht werden. Die Fifa versucht, diesem Treiben Einhalt zu bieten, aber es ist ein Kampf, den man nur gewinnen kann, wenn man selbst gut „bewaffnet“ ist.
Spielervermittler handeln zunächst im Auftrag des Spielers, später wechseln sie den Auftraggeber und werden im Interesse des Vereins tätig. Welche Rolle messen Sie aktuell den Spielervermittlern zu?
Martin Stopper: Sicherlich eine sehr große, da jeder erfolgreiche Spieler durch einen Spielerberater begleitet wird. Spielerberater sind besonders mächtig, wenn sie besonders gute und/oder besonders viele Spieler beraten. Dann werden Transfers gerne mal nicht nur aus sportlichen Gründen ermöglicht, sondern weil sie Teil eines ausgeklügelten Spielerverschiebungssystems sein können. Der Wechsel der Interessenvertretung bei einem Transfer von Spieler zu aufnehmendem Verein und wieder zurück, trägt dazu bei, schließlich zahlt bis heute immer noch ausschließlich der Verein den Spielerberater des Spielers.
Bei den Transfersummen war der Neymar-Transfer letztes Jahr der vorläufige Höhepunkt mit einer Transfersumme von 222 Millionen Euro. Hier kann die Bundesliga nicht mithalten. Wie kann sie aber den hieraus resultierenden Gefahren für den sportlichen Wettbewerb begegnen?
„Schieflage bei Finanzausstattung schadet sportlichem Wettbewerb”
Martin Stopper: Jede Schieflage in der Finanzausstattung schadet einem Wettbewerb, wenn seine Teilnehmer zum Teil im Porsche und zum Teil auf dem Fahrrad gegeneinander antreten sollen. Das sind Transferzahlungen zum Teil, unkontrolliert hohe Spielergehälter oder Beraterzahlungen tun ihr Übriges. Das ist das Damoklesschwert, das bald nicht mehr schwebt, sondern fällt.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht