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Tödlicher Arbeitsunfall untersucht (Abb.: LAGuS M-V)
Unfalluntersuchung

Tödlicher Arbeitsunfall mit einem Radlader – Hätte das Tragen von Warnkleidung den Unfall verhindern können?

Kerstin Fink
13.02.2018
Die bei der Unfalluntersuchung festgestellten Sachverhalte zeigen, wie wichtig die Präsenz der Abteilung Arbeitsschutz und technische Sicherheit in den Betrieben ist. Die notwendigen technischen und organisatorischen Veränderungen im Betrieb tragen zu einer Erhöhung der Sicherheit aller bei.
Ein Radladerfahrer hatte am Unfalltag den Arbeitsauftrag, Rapsschrot in einer Lagerhalle zu verladen. Diese Arbeiten wurden aufgrund eines Defektes am Hydraulikschlauch unterbrochen. Nach dem Wechsel des Hydraulikschlauches fuhr der Radladerfahrer wieder in Richtung der Lagerhalle, um seinen Arbeitsauftrag fortzusetzen. Ca. 20 m vor der Halleneinfahrt querte der Verunfallte den Fahrweg und wurde vom Radlader
mit der Schaufel erfasst. Der Verunfallte ging zu Boden und wurde überrollt. Aufgrund der Größe der Schaufel (Großvolumenschaufel), welche ihm die Sicht nach vorn und zur Seite einschränkte, und der Blendung durch die Sonne hatte der Radladerfahrer den Verunfallten nicht wahrgenommen.

Zunächst scheint der Radladerfahrer allein für den Unfalleintritt verantwortlich zu sein, da er als Maschinenführer nur Arbeiten ausführen darf, wenn sich keine Personen im Gefahrenbereich aufhalten. Bei der Unfalluntersuchung stellte sich heraus, dass gegen eine Reihe von Vorschriften verstoßen wurde.
Dazu zählen:
  • Die Beschäftigten sind gemäß §15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Da der Verunfallte der Schichtleiter und somit die weisungsbefugte Person war, hätte auch er aufgrund seiner fachlichen Eignung und jahrelangen Berufserfahrung den Gefahrenbereich erkennen müssen. Er querte den Fahrweg des Radladers jedoch, ohne besondere Rücksicht auf den Verkehr auf dem Betriebsgelände zu nehmen.
  • Entsprechend §15 Abs. 1 ArbSchG haben Beschäftigte auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind. Der Radladerfahrer hat den Verunfallten übersehen. Ob er zu schnell gefahren ist, konnte bisher nicht ermittelt werden. Festgestellt wurde aber, dass der Fahrer kurz vor dem Unfall sein Sprechfunkgerät benutzte, um einen weiteren Kollegen zu bitten, das Hallentor zu öffnen. Dadurch war er abgelenkt. Hinzu kommt, dass er durch die Sonne, die direkt auf die Frontscheibe schien, geblendet wurde. Bei eingeschränkter Sicht hätte er seine Fahrt unterbrechen bzw. sich einweisen lassen müssen.
  • Der Arbeitgeber hat gemäß §§4 und 5 ArbSchG i.V. m. §3 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die möglichen Gefährdungen zu beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten. In der Gefährdungsbeurteilung fehlt die konkrete Aussage, dass auch das Schichtpersonal Warnkleidung zu tragen hat. Aufgrund des vorhandenen hohen Verkehrsaufkommens durch Lkws und Schaufellader hätte im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Notwendigkeit ermittelt werden müssen.
  • Weiterhin fehlen in der Gefährdungsbeurteilung klare Aussagen über Schutzmaßnahmen beim Einsatz von Großvolumenschaufeln. Da die Sicht eines Radladerfahrers beim Benutzen von Großvolumenschaufeln nach vorn eingeschränkt wird, hätte das Fahrzeug gemäß § 6 Abs.1 Satz 2 BetrSichV i.V. m. Anhang 1 Ziffer 1.5e über geeignete Hilfsvorrichtungen(z.B. Kamera-Monitor-System) für die Vorwärtsfahrt verfügen müssen, um die Sicherheit anderer Beschäftigter zu gewährleisten. Dieses fordert auch die TRBS 2111 Teil 1 Mechanische Gefährdungen – Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen beim Verwenden von mobilen Arbeitsmitteln –Ziff. 3.2. Danach hat der Arbeitgeber technische Maßnahmen zur Vermeidung, oder wenn das nicht möglich ist, zur Reduzierung der Gefährdung von Beschäftigten durch Anfahren, Überfahren oder Quetschen durch mobile Arbeitsmittel zu treffen.
  • Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten gemäß § 12 ArbSchG i.V. m. §12 BetrSichV über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. In regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, sind weitere Unterweisungen durchzuführen. Die Unterweisung der Schicht des Verunfallten erfolgte fristgerecht durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit. Da der Verunfallte zu diesem Zeitpunkt Urlaub hatte, nahm er nicht teil und wurde somit nicht wiederkehrend unterwiesen.
Die im Rahmen der Unfalluntersuchung geführten Beratungen mit dem Arbeitgeber zeigen, dass er gewillt ist, durch technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen die Sicherheit seiner Beschäftigten zu verbessern. So wurde als Sofortmaßnahme das Tragen von Warnkleidung festgelegt und alle Beschäftigten wurden anlassbezogen unterwiesen. Die Gefährdungsbeurteilung wird überarbeitet und die Verkehrswege werden gegenüber dem Fußgängerverkehr so weit wie möglich abgegrenzt; es werden nur Radlader mit Großvolumenschaufeln eingesetzt, die über geeignete Hilfsvorrichtungen (z.B. Kamera-Monitor-System) für die Vor- und Rückwärtsfahrt verfügen.

Die Frage, ob das Tragen von Warnschutzkleidung den Unfall verhindert hätte, ist spekulativ und kann zu diesem Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden. Fest steht, dass das Tragen von Warnkleidung das Risiko übersehen zu werden, verringert hätte.

Die bei der Unfalluntersuchung festgestellten Sachverhalte zeigen, wie wichtig die Präsenz der Abteilung Arbeitsschutz und technische Sicherheit in den Betrieben ist. Die notwendigen technischen und organisatorischen Veränderungen im Betrieb tragen zu einer Erhöhung der Sicherheit aller bei.
 
Aus dem Tätigkeitsbericht 2015 der Behörden für Arbeitsschutz und technische Sicherheit in Mecklenburg-Vorpommern
Kerstin Fink, LAGUS, Dezernat 501


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