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Nicht immer gilt der objektivierte Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (Photo: Antonioguillem / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Verdeckte Gewinnausschüttung nur mit Zuwendungswillen

ESV-Redaktion Steuern
17.04.2024
Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebungen von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter können eine sog. verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Doch was ist in subjektiver Hinsicht erforderlich? Hiermit setzt sich der BFH in einem aktuellen Urteil auseinander.

Einbringung einer GmbH-Beteiligung in eine weitere GmbH

Klägerin war eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin unter anderem durch die Einbringung einer 100 % - Beteiligung an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die im Ergebnis die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah in dieser Begünstigung eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der Klägerin an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin.

Im finanzgerichtlichen Verfahren gegen den Ansatz als vGA machte die Klägerin geltend, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin nur irrtümlich aufgrund eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gleichwohl ab, weil einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter der von der Klägerin dargelegte Irrtum nicht unterlaufen wäre.

Subjektiver Maßstab für eine vGA?

Der BFH stellte nun im Revisionsverfahren klar, dass es für die Frage, ob der für die Annahme einer vGA erforderliche Zuwendungswille vorliegt, allein auf die Person der konkreten Gesellschafter-Geschäftsführerin ankommt.

Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist nach der Senatsrechtsprechung nämlich dann anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Dieser Maßstab ist eine "Denkfigur", die helfen soll, die Veranlassung einer Leistung an den Gesellschafter möglichst objektiv zu beurteilen. Subjektive Handlungserfordernisse bestehen insoweit prinzipiell nicht, um das Vorliegen einer vGA annehmen zu können. Es bedarf damit in der Regel weder der Absicht, Gewinne verdeckt auszuschütten, noch eines entsprechenden Ausschüttungsbewusstseins.

Grds. verobjektivierender Maßstab – aber Widerlegung möglich

Der handelnde Gesellschafter muss nicht mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis handeln, er muss den Tatbestand der vGA nicht kennen und er muss das Geschehene auch nicht richtig würdigen, vielmehr genügt in aller Regel ein persönlich zurechenbares Handeln. Die objektiven Abläufe sprechen insoweit grundsätzlich für sich und reichen aus, um den Tatbestand einer vGA erfüllen zu können.

Allerdings können nach Auffassung des Senats subjektive Entschuldigungsgründe unabhängig vom verobjektivierenden Maßstab des ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters die "konkrete" Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis entfallen lassen. Legt der Gesellschafter-Geschäftsführer also glaubhaft dar, dass eine Vermögensverschiebung an ihn nicht stattfinden sollte und dass damit kein Zuwendungsbewusstsein vorhanden war, ist der konkrete betriebliche Veranlassungszusammenhang gesichert und man gelangt bei der Prüfung nicht mehr zu einer "Umdeutung" infolge des gedachten Norm-Verhaltens eines typisierten sorgfältig handelnden Geschäftsführers. Fehlt es an jeglichem finalen Zuwendungswillen in Richtung eines Vermögenstransfers zu Lasten der Gesellschaft und zugunsten des Gesellschafters und steht fest, dass die Vorteilsverschiebung nicht aus gesellschaftlichen Gründen erfolgt ist, kann eine vGA wegen fehlender konkreter Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis ausscheiden.

Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen war, war die Entscheidung aufzuheben und der Streitfall deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückzuverweisen.

Fundstelle: Urteil des BFH vom 22.11.2023 - I R 9/20, veröffentlicht am 11. April 2024


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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht