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Termingeschäfte können zu Verlusten führen - aber muss man auf solche Steuern zahlen? (Photo: Thares2020 / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte

ESV-Redaktion Steuern
22.08.2024
Mit dem JStG 2020 wurde eine Beschränkung der Verlustnutzung aus Termingeschäften eingeführt. Dies kann dazu führen, dass Einkünfte zu versteuern sind, obwohl der Steuerpflichtige – würde man die Gewinne und Verluste aus Termingeschäften zusammenfassen und verrechnen – keine Gewinne oder ggf. sogar in Summe Verluste erzielt. Nun äußert auch der BFH Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG.

Verluste aus Differenzkontrakten nicht in voller Höhe anrechenbar

Kläger war ein Ehepaar, das in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2021 u.a. ausländische Kapitalerträge aus Termingeschäften gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG in Höhe von 250.631 EUR und Verluste aus Termingeschäften im Sinne dieser Vorschrift in Höhe von 227.289 EUR erklärten. Das Finanzamt besteuerte nach Berücksichtigung der Verluste i.H.v.  20.000 EUR, eines weiteren Verlustvortrages und des Sparer-Pauschbetrags Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. v. 213.826 EUR und setzte dementsprechend die Einkommensteuer für das Streitjahr in Höhe von 52.280 EUR fest. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Dabei beriefen sie sich auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 17.11.2020 – VIII R 11/18 (BStBl II 2021 S. 562) zu Aktienveräußerungsverlusten und des hierzu beim BVerfG anhängigen Verfahrens 2 BvL 3/21. Sie trugen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkung des Verlustausgleichs der Gewinne und Verluste aus den Termingeschäften des Streitjahrs vor und machten geltend, dass nur der Gesamtgewinn nach Verrechnung der erzielten Gewinne und Verluste aus Termingeschäften in Höhe von 23.342 EUR der Besteuerung unterworfen werden dürfe. Denn bei einem wirtschaftlichen Netto-Gewinn aus Termingeschäften in Höhe von 23.342 EUR müssten sie aufgrund derzeit geltender Gesetzeslage insgesamt 59.860,60 EUR Steuern bezahlen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Hingegen führe die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2020 zur Ungleichbehandlung, für die nach vorläufiger Prüfung ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht vorliege, so das FG Rheinland-Pfalz. Es gewährte daher ADV und ließ aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage die Revision vor dem BFH zu. Der BFH gewährte ebenfalls die beantragte AdV.

Doppelte Benachteiligung

Der BFH bekräftigt die Rechtsauffassung des FG. In dem vorliegenden Beschluss teilt er im Rahmen der gebotenen (nur) summarischen Prüfung und auf Basis der bisherigen Sachverhaltsfeststellungen des FG dessen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr. Die Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2020 führt zu einer doppelten Begrenzung des Verlustausgleichs und der Verlustverrechnung, die zu einer zeitlichen Streckung der Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften führt. Sie wirkt dabei schärfer als die Verlust- verrechnungsbeschränkung für Verluste aus der Veräußerung von Aktien des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG aufgrund der betragsmäßigen Begrenzung. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG fordert vom Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der BFH zweifelt jedoch daran, dass hier „gleiche“ Sachverhalte vom Gesetzgeber herangezogen werden. Diese Auswahl muss sachgerecht in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche erfolgen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei ist eine zeitliche Streckung der Verlustverrechnung verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der Kernbereich einer Nettoertragsbesteuerung wird aber verletzt, wenn die Gefahr besteht, dass der Verlustausgleich in der Totalperiode gänzlich ausgeschlossen ist. Daher hält der erkennende Senat bei der gebotenen summarischen Prüfung § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2020 für nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (so auch die herrschende Sichtweise im Schrifttum). § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG bewirkt eine doppelte Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die Verluste aus Termingeschäften erzielen.

Fundstelle: BFH, Beschluss vom 7. Juni 2024, VIII B 113/23 (AdV) – veröffentlicht am 27. Juni 2024


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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht