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Betriebsveranstaltungen und die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs (Photo: Bilderstoeckchen / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

ESV-Redaktion Steuern
04.08.2023
Die Aufwendungen für sog. Betriebsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern oder Sommerfeste können erheblich sein. Das Einkommensteuerrecht sieht für die steuerliche Abzugsfähigkeit eine Freigrenze vor. Aber kann für bezogene Leistungen auch die Vorsteuer durch den Unternehmer geltend gemacht werden? Hiermit hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil befasst.

Kochevent als betriebliche Weihnachtsfeier

Im Streit stand der Vorsteuerabzug des Klägers für eine von ihm im Jahr 2015 (Streitjahr) veranstaltete betriebliche Weihnachtsfeier. Hierzu hatte der Kläger seine Arbeitnehmer aus den Bereichen Vorstand sowie Steuer- und Rechtsabteilung und Innendienst der Prüfungsabteilung (jeweils einschließlich der Leitungen) zu einer Weihnachtsfeier in Form eines Kochevents eingeladen. 32 Arbeitnehmer meldeten sich an, 31 nahmen tatsächlich teil. Der Kläger hatte für die Weihnachtsfeier bei einem Veranstalter ein entsprechendes Kochstudio angemietet, in dem die Teilnehmer unter Anleitung von zwei Köchen gemeinsam das Abendessen zubereiteten und anschließend verzehrten.

In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2015 berücksichtigte der Kläger keinen Vorsteuerbetrag aus der für die Weihnachtsfeier erteilten Rechnung, holte dies jedoch mit Schreiben an das Finanzamt vom 12.2.2016 nach. Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung in Höhe von 744,78 € bestehe auch dann, wenn die Kosten der Veranstaltung die einkommensteuerliche Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer überstiegen (Bruttokosten der Veranstaltung: 4.664,68 €) übersteige. Dies lehnte das Finanzamt unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. Oktober 2015 (BStBl I 2015, 832) ab.

Die Klage vor dem Finanzgericht Hamburg hatte keinen Erfolg. Auch die Revision wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen.

Vorsteuerabzug von wirtschaftlicher Gesamttätigkeit des Unternehmers abhängig

Der Vorsteuerabzug für sogenannte Aufmerksamkeiten (ertragsteuerliche Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer und Kalenderjahr) richtet sich nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers (Fortführung des BFH-Urteils vom 9. Dezember 2010, V R 17/10).

Die Kosten des äußeren Rahmens einer Betriebsveranstaltung sind jedenfalls dann in die Berechnung der 110 €-Freigrenze einzubeziehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt. Dies wurde vom Finanzgericht bejaht, da das "Kochevent" ein marktfähiges Gesamtpaket darstellte, das vom Zusammenspiel der besonderen Örtlichkeit in gehobenem Ambiente und dem gemeinsamen Zubereiten und Verzehren von Speisen und Getränken geprägt wurde. Das Herauslösen einzelner Bestandteile (wie der Raumkosten) aus dieser einheitlichen (auch einheitlich abgerechneten) Leistung führt daher zu einer künstlichen Aufspaltung.

Sofern eine Betriebsveranstaltung dazu dient, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Handelt es sich danach um einen zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsausflug, ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine "Aufmerksamkeit" i. S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt. Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden (BFH, Urteil vom 9. Dezember 2010, V R 17/10).

Teambuilding-Charakter der Veranstaltung

Bei der hier gegebenenen Weihnachtsfeier handelte es sich um ein sog. Teambuilding-Event. Die Veranstaltung war nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern die Mahlzeiten wurden angeleitet durch professionelle Köche auch zubereitet. So sollen  bzw. können Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern werden, da die Teilnehmer an einem gemeinsamen Ziel arbeiten, sich dabei besser kennenlernen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das zur Verbesserung des Betriebsklimas führen kann, entwickeln.

Obwohl der Kläger im Streitfall nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird dieses Recht durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Denn die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier erfolgten nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Interesse der Beschäftigten an der Feier zurücktritt. Vorliegend geht es um die Abgabe von Speisen und Getränken im außerunternehmerischen Bereich und nicht während der Dienstzeit. Die besondere Qualität der Speisen und Getränke hat einen eigenständigen Charakter, so dass die Zuwendung an die Arbeitnehmer nicht bloß als Reflex des überwiegenden betrieblichen Eigeninteresses und damit "nebensächlich" erscheinen. Dies gilt auch für das "Kochevent" als solches.


Fundstelle: BFH, Urteil vom 10. Mai 2023 (V R 16/21), veröffentlicht am 27. Juli 2023

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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht