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Ärztlicher Bereitschaftsdienst im Fokus der Umsatzsteuer (Foto: DOC RABE Media / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Zur Steuerbefreiung der vertretungsweisen Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes gegen Entgelt

ESV-Redaktion Steuern
24.07.2025
Krankheiten kommen häufig zur Unzeit. In diesen Fällen ist es gut, dass es den ärztlichen Bereitschaftsdienst gibt, der schnelle Hilfe leisten kann. Wie überall im Erwerbsleben müssen auch solche Dienste vertreten werden. Doch wie gestaltet sich eine solche Vertretungsleistung für einen anderen Arzt in umsatzsteuerlicher Hinsicht? Steht die ärztliche Leistung oder die Vertretungsleistung im Vordergrund? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil.

Freiwillige Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst

Kläger war ein selbständiger Arzt, der mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KV) eine Vereinbarung über die freiwillige Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst abgeschlossen hat. Im Zuge dessen übernahm er in den Jahren 2012 bis 2016 für andere, an sich zum Notfalldienst eingeteilte Ärzte als Vertreter deren „Sitz- und Fahrdienste“ in eigener Verantwortung. Gegenüber diesen vertretenen Ärzten rechnete der Kläger für die Vertretung einen Stundenlohn zwischen 20,00 EUR und 40,00 EUR ab. Die erbrachten Notfalldienste selbst hielt der Kläger für umsatzsteuerfrei.

Steuerfreiheit wegen ärztlicher Leistung?

Das Finanzamt und das Finanzgericht teilten die Einschätzung der Umsatzsteuerfreiheit nicht. Vielmehr waren sie der Ansicht, der Kläger erbringe gegenüber dem Arzt, dessen Notfalldienst er übernehme, eine sonstige Leistung gegen Entgelt, die kein therapeutisches Ziel habe. Die Vertretung des Arztes beim Notfalldienst sei daher umsatzsteuerpflichtig.

Der BFH teilte die Rechtsauffassung des Klägers und gewährte hingegen die Umsatzsteuerbefreiung. Auch die vertretungsweise Übernahme ärztlicher Notfalldienste gegen Entgelt durch einen anderen Arzt ist als Heilbehandlung im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei.

Als Begründung führt der BFH an, dass es zwar zutrifft, dass sich die vom Kläger vertretenen Ärzte durch die Vertretung beim Notfalldienst quasi Freizeit „erkauft“ haben. Allerdings habe der Kläger die zum Notfalldienst eingeteilten Ärzte nur dadurch von der Übernahme des Dienstes freistellen können, dass er selbst den ärztlichen Notfalldienst erbracht habe. Der ärztliche Notfalldienst sei damit eine ärztliche Heilbehandlung, da er dazu diene, in Notfällen ärztliche Leistungen in Zeiten zu erbringen, in denen die reguläre haus- oder fachärztliche Versorgung nicht stattfindet. Auch der vertretende Arzt gewährleiste damit die ärztliche Versorgung von Notfallpatienten im jeweiligen Einsatzgebiet, was eine umsatzsteuerfreie Tätigkeit sei. Auf den Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme des Notfalldienstes durch die Patienten kommt es nicht an.

Diese Beurteilung gilt nach Auffassung des BFH für die Notfalldienste eines Vertreters in gleicher Weise wie für die Notfalldienste der von der KV dafür eingeteilten Ärzte.

Tätigkeitsbezogene Betrachtungsweise

Der BFH überträgt mit dem vorliegenden Urteil zum ärztlichen Notdienst einerseits seine Rechtsprechung zu Bereitschaftsdiensten bei Großveranstaltungen (BFH-Urteil vom 02.08.2018 - V R 37/17) auf den sog. „Sitz- und Fahrdienst“. Andererseits behandelt er insoweit die Leistungserbringung durch einen fachlich qualifizierten Subunternehmer des Arztes und die Leistungserbringung durch den Arzt selbst gleich. Die tätigkeitsbezogene Betrachtungsweise des BFH gewährleistet zudem die möglichst gleichmäßige Umsatzbesteuerung ärztlicher Notfalldienste in ganz Deutschland, da es dadurch auf die erheblichen regionalen Unterschiede in der Organisation der Vertretung bei Notfalldiensten durch die jeweils zuständige KV nicht ankommt.

 
Fundstelle: Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.05.2025 - XI R 24/23, veröffentlicht am 24. Juli 2025



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Programmbereich: Steuerrecht