
BAG: Vom Arbeitgeber angeordnete Corona-Tests waren rechtmäßig
Die Strategie sah eine Einteilung der Beschäftigten in Risikogruppen vor; je nach Gruppenzugehörigkeit wurden die Mitarbeiter zur Durchführung von PCR-Tests in verschiedenen Zeitabständen verpflichtet. Die Klägerin sollte als Orchestermusikerin zunächst zu Beginn der Spielzeit einen negativen PCR-Test vorlegen. Danach sollte sie alle ein bis drei Wochen neue Tests vorlegen. Hierfür bot die Bayerische Staatsoper kostenlose PCR-Tests an. Zudem teilte der beklagte Arbeitgeber der Klägerin mit, dass sie ohne Tests weder an Aufführungen noch an Proben teilnehmen dürfe.
Klägerin: PCR-Tests sind unverhältnismäßig
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BAG: Testanordnung liegt im billigen Ermessen des Arbeitgebers
- Konkretisierung der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers durch Arbeitsschutznormen: Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des ArbSchG konkretisieren die Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber in Bezug auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer auferlegt wurden.
- Weisungsrecht des Arbeitgebers aufgrund von § 106 Satz 2 GewO: Um die arbeitsschutzrechtlichen Maßnahmen umzusetzen, darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach § 106 Satz 2 GewO Weisungen erteilen, die die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Hierbei hat der Arbeitgeber ein Ermessen, das durch die Vorgaben des ArbSchG konkretisiert wird.
- Tests als Bestandteil des Hygienekonzepts: Nach diesen Maßgaben war die Weisung des Freistaats Bayern zur Durchführung von PCR-Tests im Rahmen des betrieblichen Hygienekonzepts rechtmäßig. So hatte die Bayerische Staatsoper aufgrund der pandemischen Verbreitung von Corona zunächst technische und organisatorische Maßnahmen veranlasst – wie etwa den Umbau des Bühnenraums und die Anpassungen der aufzuführenden Stücke. Nachdem diese Maßnahmen nicht mehr als ausreichend angesehen wurden, entwickelte die Bayerische Staatsoper dann, wie wie oben beschrieben, das benannte Hygienekonzept mit den PCR-Tests.
- Testanweisung im Rahmen billigen Ermessens: Dieses Hygienekonzept sollte den Spielbetrieb sicherstellen und zwar bei gleichzeitigem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten. Demgegenüber war der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit aufgrund der Tests dem Senat zufolge minimal. Die Folge: Die Anordnung der Tests war verhältnismäßig und entsprach einem billigen Ermessen, wie von § 106 GewO gefordert.
- Keine rechtswidrige Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung: Auch eine rechtswidrige Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung lag dem Senat zufolge nicht vor. Denn positive Testergebnisse werden ohnehin schon aufgrund der Meldepflichten des IfSG und der Kontaktnachverfolgung im Betrieb bekannt.
- Keine Vergütungsansprüche für die fragliche Zeit: Da die Umsetzung des betrieblichen Hygienekonzepts mit den Testvorgaben rechtmäßig war, hat der beklagte Arbeitgeber auch die Vergütung für die Zeit von Ende August bis Ende Oktober 2020 rechtmäßig einbehalten. Ebenso wenig ist dem Senat zufolge das häusliche Üben zu vergüten. Derartige Vergütungen wären nur insoweit geschuldet, wie sich diese sich auf die tarifvertraglich geregelten Dienste wie Proben und Aufführungen beziehen. Hieran hat die Klägerin in dem umstrittenen Streitzeitraum aber nicht teilgenommen.
- Keine Beschäftigung ohne Tests: Schließlich sahen die Erfurter Richter auch keinen Anspruch der Klägerin auf eine Beschäftigung ohne Tests. Insoweit betonte das Gericht nochmals, dass wirksame Testanordnungen vorliegend möglich waren.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Arbeitsrecht