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BAG: Bei Betriebsratswahlen können prinzipiell auch Kurzarbeiter oder Mitarbeiter, die mobil arbeiten, per Briefwahl abstimmen (Foto: MQ-Illustrations /stock.adobe.com)
Anfechtung einer Betriebsratswahl

BAG zu Briefwahl bei Betriebsratswahlen aufgrund von Homeoffice und Kurzarbeit

ESV-Redaktion Recht
28.10.2024
Darf der Wahlvorstand bei Betriebsratswahlen den Wahlberechtigten, von denen er weiß, dass diese im Wahlzeitraum aufgrund mobiler Arbeit oder wegen Kurzarbeit voraussichtlich nicht im Betrieb sind, unaufgefordert die Unterlagen für eine Briefwahl zusenden? Mit dieser Frage hat sich das BAG aktuell beschäftigt.
In dem Streitfall fand in dem Stammwerk von VW (Arbeitgeberin) in Wolfsburg im Jahr 2022 turnusgemäß die Betriebsratswahl statt. Bei der Bekanntmachung des Wahlausschreibens im November 2021 ordnete die Arbeitgeberin aufgrund von Corona für die Mitarbeiter des Verwaltungsbereichs an, soweit wie möglich mobil zu arbeiten. Dies galt nicht für Beschäftigte, deren Anwesenheit im Betrieb erforderlich war. Im Januar 2022 verlängerte VW diese Anweisung, die auch für den Wahlzeitraum vom 14. bis 18.03.2022 gelten sollte. Anschließend versendete der Wahlvorstand unaufgefordert Briefwahlunterlagen an etwa 26.000 Arbeitnehmer, die in der Verwaltung beschäftigt waren.
 
Durch Produktionsausfälle kam es im Stammwerk ab Mitte Februar 2022 dann auch zu Kurzarbeit. Daher fasste der Wahlvorstand den Beschluss, alle betriebsabwesenden Arbeitnehmer, die im Wahlzeitraum von der Kurzarbeit betroffen waren und die die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand gemeldet hatte, der schriftlichen Stimmabgabe zuzuordnen. Daraufhin erhielten auch etwa 33.000 Mitarbeiter aus der Produktion Briefwahlunterlagen.
 
An der Wahl beteiligten sich der Pressemittelung des BAG zufolge (siehe unten) dann insgesamt 39.498 Wahlberechtigte, wovon etwa 35.000 berechtigte Briefwähler waren.
 

Antragsteller: Wahl hat Vorrang der Präsenzwahl vor der Briefwahl nicht berücksichtigt

Im Anschluss hieran hatten neun Wahlberechtigte, die auf verschiedenen Listen kandidierten, die Wahl vor dem ArbG Braunschweig angefochten. Sie beantragten, die Wahl für unwirksam zu erklären. Die Antragsteller sahen unter anderem in der Versendung von Briefwahlunterlagen an die Arbeitnehmer im Homeoffice und in Kurzarbeit einen Verstoß gegen die Wahlordnung. Demnach hat der Wahlvorstand gegen den Vorrang der Präsenzwahl verstoßen.
 

Keine Einigkeit bei den Instanzgerichten 

Während das ArbG Braunschweig die Wahl mit Beschluss vom 13.07.2022 (3 BV 5/22) antragsgemäß für unwirksam erklärte, wies das LAG Niedersachsen in Hannover den Anfechtungsantrag ab (Beschluss vom 30.08.2023 – 13 TaBV 46/22). Hiergegen wendeten sich die Antragsteller mit einer Rechtsbeschwerde an das BAG.

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BAG: Briefwahl vorliegend grundsätzlich möglich

Der Siebte Senat des BAG hat die Entscheidung des LAG Niedersachsen aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
  • Briefwahl vorliegend zwar grundsätzlich zulässig:  Bei Betriebsratswahlen sind den Wahlberechtigten nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 WO die Unterlagen zur schriftlichen Stimmabgabe zuzusenden, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Wahlzeitraum voraussichtlich nicht im Betrieb sein werden. Zu diesem Empfängerkreis zählen dem Senat zufolge auch die Arbeitnehmer, die während der Wahl aufgrund von vorübergehender mobiler Arbeit und wegen Kurzarbeit nicht vor Ort im Betrieb sind.
  • Aber – keine abschließende Entscheidung: Abschließend entschieden hat der Senat die Sache aber nicht. Mangels entsprechender Feststellungen des LAG Niedersachsen konnte der Senat nicht beurteilen, ob der Wahlvorstand auch Briefwahlunterlagen an Mitarbeiter gesendet hatte, die im Wahlzeitraum in Präsens im Betrieb gearbeitet hatten. Diese Sachaufklärung muss die Vorinstanz nun nachholen.
Quelle: PM des BAG vom 23.10.2024 zum Beschluss vom selben Tag – 7 ABR 34/23


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(ESV/bp)

 
 

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