
BGH: Eltern dürfen auf Facebook-Profil ihrer verstorbenen Tochter zugreifen
Facebook: Datenschutz hat Vorrang
Berliner Gerichte uneinig
Demgegenüber vertrat das Landgericht (LG) Berlin die Auffassung, dass Eltern als Sorgeberechtigte wissen dürfen, mit wem ihr minderjähriges Kind kommuniziert, und zwar auch über den Tod hinaus. Der Vertrag des Kindes mit dem sozialen Netzwerk gehöre als „digitaler Nachlass” zum Erbe des Kindes und müsse genauso behandelt werden, wie Briefe oder Tagebücher.Digitaler Nachlass | 08.01.2016 |
LG Berlin: Eltern erben Facebook-Account ihres Kindes | |
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Wenn ein minderjähriges Kind stirbt, haben die Eltern das Recht, auf dessen Facebook-Nutzerkonto zuzugreifen. Sie dürfen als direkte Erben sämtliche Chatprotokolle des Verstorbenen lesen. Das hat das Landgericht Berlin entschieden. mehr … |
Digitaler Nachlass | 31.05.2017 |
KG in Berlin: Facebook muss Benutzerkonto von verstorbener Tochter nicht freigeben | |
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Haben Eltern Anspruch auf Zugang zum Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes? Das Landgericht Berlin hatte diese Frage noch bejaht. Daraufhin legte Facebook Berufung ein. Das Kammergericht (KG) in Berlin hat jetzt als Berufungsinstanz über diesen Fall entschieden. mehr … |
BGH: Anspruch der Tochter auf Eltern übergegangen
- Nutzungsvertrag mit Tochter als Anspruchsgrundlage: Den Richtern aus Karlsruhe zufolge ergibt sich der Anspruch aus dem Nutzungsvertrag zwischen der Tochter der Klägerin und Facebook. Dieser ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergegangen.
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Vererbbarkeit nicht vertraglich ausgeschlossen: Die Vererbbarkeit ist dem Richterspruch zufolge auch nicht durch Vertrag ausgeschlossen worden, weil die Nutzungsbedingungen diese Frage nicht geregelt haben. In diesem Zusammenhang betonten die Karslruher Richter, dass die Klauseln zum Gedenkzustand nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Zudem wären diese Klauseln nach § 307 Absätze 1 und 2 BGB unwirksam.
- Vertrag nicht höchstpersönlicher Natur: Ebensowenig lässt sich nach Auffassung des III. Senats aus dem Wesen des Vertrags eine Unvererblichkeit des Vertragsverhältnisses herleiten, da dieser nicht höchstpersönlicher Natur wäre.
- Fernmeldegeheimnis nicht einschlägig: Auch das Fernmeldegeheimnis bringt den klägerischen Anspruch nicht zu Fall. Der Erbe, so der Senat hierzu, trete vollständig in die Position des Erblassers ein. Schon deshalb wäre der Erbe kein „anderer“im Sinne von § 88 Absatz 3 TKG.
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DSGVO anwendbar: Schließlich sahen die Karlsruher Richter auch keine Kollision mit dem Datenschutzrecht. Hervorzuheben ist, dass dem III. Senat zufolge die DSGVO anwendbar ist. Diese würde dem Zugang der Erben nicht entgegenstehen, so der Senat. Datenschutzrechtliche Belange der Erblasserin wären nicht betroffen, da die DSGVO nur lebende Personen schützen soll. Die Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung der Daten der Kommunikationspartner der Erblasserin sieht der Senat in Art. 6 Absatz 1 Buchstabe b Var. 1 DS-GVO und in Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO.
Quelle: Urteil des BGH vom 12.7.2018 – III ZR 183/17
Update
Digitaler Nachlass | 11.09.2020 |
BGH: Überlassung von PDF-Dateien ersetzt nicht den Zugriff auf Facebook-Account | |
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Im Juni 2018 hatte der BGH entschieden, dass die Erben beim Tod des Nutzers eines sozialen Netzwerks Zugang zum Benutzerkonto des Erblassers haben. Damit hatte der BGH ein Urteil des LG Berlin aus dem Jahr 2015 bestätigt. Dennoch mussten die Karlsruher Richter nun erneut über den Fall entscheiden. Nun ging es um den Umfang des Zugangs. mehr … |
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Programmbereich: Wirtschaftsrecht