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BGH: Solange die Cheat-Software nicht unmittelbar in den Quell -oder Objekt-Code der Spielesoftware eingreift, verstößt sie nicht gegen das Urheberrecht (Bild: blende11.photo / stock.adobe.com).
Urheberrecht

BGH: Sony verliert Streit um „Cheat-Software“

ESV-Redaktion Recht
31.07.2025
Die Frage, ob sogenannte „Cheat-Software“ das Urheberrecht verletzt, beschäftigt die Gerichte seit vielen Jahren. So sah der Konsolenhersteller Sonny seine Rechte dadurch verletzt, dass ein Drittanbieter seine „Schummelsoftware“ für die Spielkonsolen anbot und zog vor Gericht. Nachdem sich die Instanzgerichte uneinig waren, rief der BGH zwischenzeitlich auch den EuGH an. Nun hat der I. Zivilsenat des BGH die Sache entschieden.
In dem Streitfall verkaufte die Klägerin Spielkonsolen und Spiele exklusiv in Europa. Die Beklagten entwickelten Software, mit der die Spieler bestimmte Sperren umgehen oder zum Beispiel den  „Turbo“ in einem Autorennspiel manipulieren können. In anderen Spielen können die „Cheater“ verdeckte Spielfiguren freischalten.

Die umstrittene Software verändert dabei Daten im Arbeitsspeicher der Konsole, sie greift aber nicht in die Programmdateien der Spiele ein.

Die Klägerin sieht in den „Cheats“ eine verbotene Umarbeitung ihrer Spielesoftware nach § 69c Nr. 2 UrhG (siehe unten). Demgegenüber meinen die Beklagten, ihre Software würde lediglich temporäre Spieldaten verändern und nicht das Programm an sich. Damit liege kein Eingriff in das Urheberrecht vor.

Vorinstanzen uneinig


Das LG Hamburg folgte als Ausgangsinstanz in weiten Teilen der Auffassung der Klägerin (Urteil vom 24.01.2012 – 310 O 199/10) Anders sah es die Berufungsinstanz, das OLG Hamburg, in seinem Urteil vom Urteil vom 07.10.2021(5 U 23/12). Demnach ist die streitgegenständliche Software keine Umarbeitung des Programms, weil sie den Programm-Code nicht verändert, sondern nur Daten im Speicher. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zog die Klägerin mit einer Revision vor den BGH.

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BGH: Schutzgegenstand des Urheberrechts nicht berührt


Der I. Zivilsenat des BGH legte die Sache zunächst dem EuGH vor und bat diesen um Klarstellungen zur Auslegung von EU-Recht. Der EuGH sah in der Cheat-Software keinen Eingriff in den Programmcode der Spielesoftware (Urteil vom 17.10. 2024 – C‑159/23; mehr dazu unten).

In seiner heutigen Entscheidung folgte der Senat dem EuGH und teilte die Auffassung des Berufungsgerichts, sodass die Revision keinen Erfolg hatte. Die tragenden Erwägungen des Senats:

  • Der Ausgangspunkt: Ausgangspunkt ist die Richtlinie 2009/24/EG, nach der Computerprogramme geschützt sind. Der deutsche Gesetzgeber hat die RL durch die §§ 69a ff. UrhG umgesetzt.
  • Schutzgegenstand des Urheberrechts: Demnach sind sowohl der Quellcode als auch der Objektcode als Grundlagen eines Programms geschützt. Demgegenüber sind Ideen und Prinzipien, die dem Programm zugrunde liegen sowie dessen Funktionalitäten nach § 69a Abs. 2 Satz 2 UrhG nicht vom Schutzbereich erfasst.
  • Kein Eingriff in Objekt- oder Quellcode: Die streitgegenständliche „Cheat-Software“ verändert nach den Feststellungen der Berufungsinstanz nur variable Daten im Arbeitsspeicher der Spielkonsole beim Ablauf des Spiels. Die veränderten Daten gaukeln dem Spiel also nur einen bestimmten Zustand vor – etwa einen Spielstand – der auch im normalen Spielverlauf eintreten könnte. Damit beiinflusst die Software also lediglich den Spielablauf und lässt das Programm unangetastet.
Der Schutzbereich des Urheberrechts ist daher nicht betroffen, so der Senat abschließend.

Quelle: PM des BGH vom 31.07.2025  zum Urteil vom selben Tag – I ZR 157/21 


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Im Wortlaut: § 69a Absätze 1 und 2 UrhG

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.


§ 69c Nr. 2 UrhG


Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten: [...]

2. die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten, bleiben unberührt [ ... ]


(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht