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BGH: Bei umweltbezogener Werbung ist die Irreführungsgefahr besonders groß (Foto: VRD / stock.adobe.com)
Umweltbezogene Werbung

BGH zu den Voraussetzungen für Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“

ESV-Redaktion Recht
02.07.2024
Die Bezeichnung „klimaneutral“ hat in der Werbung stark an Bedeutung gewonnen. Allerdings sind die Voraussetzungen für umweltbezogene Werbung sehr umstritten – auch unter den Gerichten. In einem Rechtsstreit zwischen der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und der Herstellerin von Lakritz- und Fruchtgummis, Katjes, hat sich nun der BGH dazu geäußert.
Die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ die hatte die Firma Katjes unter anderem auf Unterlassung verklagt. Katjes hatte damit geworben, dass ihre Produkte seit 2021 „klimaneutral" wären. Sie unterstützt über den sogenannten „ClimatePartner“ Klimaschutzprojekte und ihre Werbung enthielt neben dem Begriff „klimaneutral“ ein Logo, das mit der Webseite des „ClimatePartners“ verlinkt ist. Die Herstellung ihrer Produkte ist jedoch nicht CO2-neutral.
 
Diese Werbung hält die Klägerin für irreführend. Demnach verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die benannte Werbung so, dass der Herstellungsprozess selbst klimaneutral sein soll. Mindestens aber müsse klargestellt werden, dass die Klimaneutralität über kompensatorische Maßnahmen erreicht wird.
 
 

OLG Düsseldorf: Begriff „klimaneutral“ ist im Sinne einer ausgeglichenen CO2-Bilanz zu verstehen

Die Ausgangsinstanz, das LG Kleve, hat die Klage mit Urteil vom 22.06.2022 (8 O 44/21) abgewiesen.

Auch die Berufung der Klägerin vor dem OLG Düsseldorf blieb erfolglos. Das Berufungsgericht meinte in seiner Entscheidung vom 06.07.2023 (I-20 U 152/22), dass die Leser der Fachzeitung den Begriff „klimaneutral“ auch in Form einer ausgeglichenen CO2-Bilanz verstehen würden, sodass die Neutralität entweder durch Vermeidung bei der Produktion oder im Sinne von Kompensationen erreicht werden kann.
 
Ebenso verneinte die Vorinstanz ein Vorenthalten der Information zur Frage, wie die Klimaneutralität des beworbenen Produkts erreicht werden soll. Demnach ist diese Information zwar wesentlich. Allerdings lasse sich diese – über einen QR-Code – von der Internetseite des Kooperationspartners abrufen. Diese Art der Kenntnisnahme ist der Vorinstanz zufolge den Lesern der Zeitung auch zumutbar. Gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf, das die Revision zugelassen hatte, zogen die Wettbewerbshüter dann vor den BGH.
 
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BGH: Begriff „klimaneutral“ ist unmittelbar in der in der Werbung zu erläutern

 
Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Nach Auffassung des I. Zivilsenats des BGH ist die beanstandete Werbung irreführend nach § 5 Absatz 1 UWG. Die wesentlichen Überlegungen des Senats:
 
  • Begriff „klimaneutral“ mehrdeutig: Nach Auffassung des Senats ist die Werbung mehrdeutig. Der Begriff „klimaneutral“ könne von den Lesern der Fachzeitschrift, aber auch von den Verbrauchern, im Sinne einer CO2-Reduzierung bei der Produktion oder als bloßer CO2-Ausgleich verstanden werden.
  • Gefahr der Irreführung besonders groß: Bei umweltbezogener Werbung mit mehrdeutigen Begriffen ist die Irreführungsgefahr besonders groß, so der Senat weiter. Daher sieht er gegenüber den angesprochenen Verkehrskreise ein erhöhtes Aufklärungsbedürfnis über die Bedeutung und den Inhalt der benutzen Begriffe.
  • Bloßer Link in der Werbung reicht nicht aus: Mehrdeutige Begriffe sind dem Senat zufolge daher in der Regel schon in der Werbung selbst zu erläutern. Ein Link in der Werbung zu den Informationen über die Klimaneutralität reicht hierfür nicht aus. In dem Streitfall sah der Senat eine besondere Erläuterung des Begriffs „klimaneutral“ auch deshalb als notwendig an, weil er die CO2-Reduzierung bei der Produktion gegenüber der Kompensation aus Gründen des Klimaschutzes als vorrangig ansieht.  
  • Wettbewerbsrechtliche Relevanz: Die Irreführung ist auch wettbewerblich relevant, weil die Bewerbung eines Produkts mit „klimaneutral“ eine große Bedeutung für die Kaufentscheidung der Verbraucher hat, so der Senat abschließend.
Quelle: PM des BGH vom 27.06.2025 zum Urteil vom selben Tag –  I ZR 98/23

 
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(ESV/bp)

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