
BVerfG: Im Zweifel für die Wahrheit?
Informationen über Mietstreitigkeiten im Internet veröffentlicht
Drei Jahre später berichtete der Beschwerdeführer auf Internet-Portalen über den Mietrechtstreit. Die Portale boten die Möglichkeit, Bewertungen über Firmen abzugeben. Der Beschwerdeführer nannte den Kläger bei einer Bewertung namentlich.Instanzgerichte verbieten Veröffentlichung
In einem weiteren Gerichtsverfahren verlangte der Kläger Unterlassung dieser Äußerungen. Das Landgericht Hamburg gab der Klage statt. Auch die Berufung des Beschwerdeführers zum Hanseatischen OLG hatte keinen Erfolg. Mit der hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Absatz 1 GG.Aktuell |
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Wahre Tatsachenbehauptung keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Nach Auffassung der obersten Verfassungshüter haben die Instanzgerichte die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit nicht ausreichend gewürdigt. Danach setzt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung bei Mitteilungen wahrer Tatsachen aus der Sozialsphäre voraus, dass dem Betroffenen wegen der Mitteilung ein unverhältnismäßiger Persönlichkeitsschaden droht.Die angegriffenen Entscheidungen würden aber keine schweren Rechtsverletzung aufzeigen, so das BVerfG weiter. Vor allem sei nicht zu erkennen, inwieweit der Kläger übermäßig an sozialer Achtung verlieren würde.
Meinungsfreiheit hat Vorrang
Auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer erst drei Jahre nach dem Rechtsstreit öffentlich geäußert hat, führt nach Meinung der Richter aus Karlsruhe nicht dazu, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiegt. Vielmehr schränke es den Beschwerdeführer über Gebühr in seiner Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG ein, wenn er nach drei Jahren keine Tatsachen mehr öffentlich äußern darf, die unstreitg wahr sind, so das BVerfG weiter.Beschluss des BVerfG vom 29.06.2016 - Az: 1 BvR 3487/14
Siehe auch Pressemeldung des BVerfG vom 04.08.2016
Hinweis der Redaktion |
Das Bundesverfassungsgericht hat am 03.08.2016 und am 02.08.2016 zwei weitere Entscheidungen zum Spannungsverhältnis zwischen Meinungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitrecht veröffentlicht. Dabei ging es um die Frage, ob die Bezeichnung „Spanner” eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil ist. In der anderen Entscheidung beschäftigten sich die Karlsruher Richter damit, ob die Bezeichnung „durchgeknallte Staatsanwältin” eine Schmähkritik ist. Mehr dazu unter: ESV.info: Übersicht der Woche - Rechtsprechung: Neues aus Karlsruhe und Kassel |
Weiterführende Literatur |
Der Berliner Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von Prof. Dr. Karl Heinrich Friauf, LL.M., und Prof. Dr. Wolfram Höfling, M.A., arbeitet für Sie heraus, wie sich die einzelnen verfassungsrechtlichen Bestimmungen auf das einfache Recht und die praktische Rechtsarbeit auswirken. Das Werk folgt bei den einzelnen Erläuterungen einem einheitlichen Gliederungsraster und bietet dem Leser die Entwicklungslinien der Verfassungsbestimmungen einschließlich der dogmatischen und entstehungsgeschichtlichen Aspekte. |
(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht