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Festivalort: Teatro Ariston di Sanremo (Foto: Jose Antonio)
Italien-Lexikon

Das Festival di Sanremo begeistert jedes Jahr ganz Italien

Maria Grazia Margheri-Meise/Anna Charlotte Thode
06.11.2015
Was dem Deutschen der Eurovision Song Contest ist, ist dem Italiener das Musikfestival von Sanremo. Alljährlich erreicht die Übertragung im Fernsehen Höchstquoten. Ein Beitrag aus dem aktuellen Italien-Lexikon.
Sanremo/Festival della Canzone Italiana. Bedeutendste Veranstaltung für Unterhaltungsmusik (Canzone) in Italien. Das Festival findet jährlich Ende Feb./Anfang März an mehreren Tagen in S statt, dem Hauptort der Blumen-Riviera (Riviera del Ponente, Prov. Imperia) in Ligurien. Das Teatro Ariston fungiert seit 1991 als Austragungsort. An diesem Schlagerwettbewerb, der von der Wirtschaft gesponsert und von der RAI übertragen wird, nehmen in der Regel unveröffentlichte Titel teil, die von Sängerinnen und Sängern auf Italienisch vorgetragen werden. Als Gäste bzw. Begleitung it. Sänger treten oft ausländische Interpreten auf (z. B. 1965 Udo Jürgens mit Ornella Vanoni).

Bewahrungsinstanz der traditionellen, melodramatischen Canzone

Die it. Teilnehmer sind häufig bekannte Stars, aber auch junge und neue Teilnehmer hoffen auf das Karriere-Sprungbrett von S. Im Laufe der Zeit gab es immer wieder kleinere Regeländerungen. So wurden verschiedene Kategorien eingeführt, aus denen am Ende ein Gesamtsieger und ein 2. und ein 3. Platz ausgewählt werden. Die Abstimmung erfolgt in verschiedenen Jurys, die teilweise mit Personen aus dem Publikum besetzt sind, und durch sog. Televoting. Das Festival findet eine ungebrochene Resonanz; in Presse, Funk, Fernsehen und in den neuen Medien wird darüber berichtet. Die Fernsehübertragung verzeichnet noch immer Einschaltquoten um die 50 %. Aufgrund der großen Bedeutung von S wurde der Eurovision Song Contest in Italien nicht so sehr beachtet. In den 1990er Jahren nahm Italien nicht teil, 2011 wurde aber wieder ein Teilnehmer ins Rennen geschickt. Seit 2011 wird ein Teilnehmer von S als Repräsentant zum Eurovision Song Contest entsandt. Seit 2010 erhält der Sieger der it. Variante der Castingshow X Factor einen Startplatz bei S. Verschiedene Moderatoren führen durch den Abend, am häufigsten haben dies bislang Mike Buongiorno und Pippo Baudo getan, 2007 wurde Letzterer u. a. von Michelle Hunziker begleitet. Angegliedert an S ist eine Lotterie, die einen Hauptgewinn von 1 Mio. Euro ausschüttet. Idee und Planung des Schlagerwettbewerbs, der 1951 zum 1. Mal stattfand und seit 1955 im öffentlichen Fernsehen übertragen wird, stammen von Pier Bussetti (Direktor des Casinò di S, dem vorherigen Austragungsort) und Maestro Razzi (künstlerischer Leiter der RAI). Das Klima des Aufschwungs und des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit (Miracolo economico) waren die Bedingungen für den sofortigen Erfolg des Festivals. S spiegelt it. Lebensweisen und Denkgewohnheiten wider und ist so etwas wie die „Bewahrungsinstanz der traditionellen, melodramatischen Canzone“ (A. Bonnermeier).

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Erfolge und Skandale

Es ist ein fester Bestandteil der kulturellen Identität Italiens. Zudem ist es ein mächtiger Promotor im it. Musikbereich. Das Festival wirkte auch als Indikator für gesellschaftliche Veränderungen, die in den Beiträgen besungen oder manchmal auch vorweggenommen wurden. Für die Stadt und die Region, die Künstler sowie für die Musik- und Tourismusbranche ist das Festival von ungeheurer Bedeutung. Erinnert sei an den weltberühmten Schlager „Nel blu, dipinto di blu“ (1958) von Domenico Modugno, besser bekannt unter dem Refrain „Volare… oho!“. Durch S wurden u. a. folgende Sängerinnen und Sänger berühmt: Milva, Adriano Celentano, Mina, Lucio Dalla, Alice, Al Bano und Romina Power, Zucchero, Eros Ramazzotti und Laura Pausini. 2011 gewann Roberto Vecchioni mit „Chiamami ancora amore“ vor Modà mit Emma und dem Lied „Arriverà“. Al Bano belegte mit „Amanda è libera“ den 3. Platz. Im Laufe der 60-jährigen Geschichte von S fehlte es natürlich nicht an Skandalen, Kritiken und Einwänden, selbst ein Gegen-Festival wurde durchgeführt. Am tragischsten war sicher der Selbstmord des jungen Sängers Luigi Tenco, der sich 1968 aus Enttäuschung über den Misserfolg seines Schlagers das Leben nahm. Adriano Celentano verursachte 2012 mit seinen religionskritischen Äußerungen während einer Gala-Vorstellung einen Skandal. (ESV/vh)

Quelle: Italien-Lexikon (Vorveröffentlichung aus dem Italien-Lexikon)

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Literaturhinweis

Die 2. Auflage des Italien-Lexikons erscheint am 11. Dezember 2015. Sie können es jederzeit über den Buchhandel oder unsere Homepage www.esv.info vorbestellen.

Programmbereich: Romanistik