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Angebote wie das neue Format der Tagesschau in leicht verständlicher Sprache ermöglichen die Teilnahme am gesellschaftlichen Dialog für unterschiedliche Zielgruppen. (Foto: Nuthawut - stock.adobe.com)
Sprachliche Barrierefreiheit

Einfache Sprache und Leichte Sprache im Vergleich

ESV-Redaktion Philologie
21.06.2024
Seit dem 12. Juni gibt es die Tagesschau von Montag bis Freitag nun auch in Einfacher Sprache. Ein Schritt, der die Nachrichtensendung zugänglicher machen und Inklusion fördern soll, denn Barrierefreiheit ist auch in Sachen Sprache von großer Bedeutung. So gibt es neben der Einfachen Sprache auch die Leichte Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Doch was unterscheidet die beiden Konzepte eigentlich voneinander?
Mit dem neuen Format in sogenannter Einfacher Sprache leistet die Tagesschau einen wichtigen Beitrag dazu, Informationen zugänglicher für Personen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz zu machen. Einfache Sprache, das bedeutet vor allem die Textverständlichkeit zu priorisieren und komplexe Satzstrukturen und Fremdwörter zu vermeiden.

Wertvoll ist diese verständlichere Version der deutschen Standardsprache für viele Menschen, darunter Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche und Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, sowie ältere Menschen und Menschen, die einen Schlaganfall oder andere Hirnverletzungen erlitten haben. Die erste tägliche deutsche Nachrichtensendung in Einfacher Sprache bedeutet deshalb ein niedrigschwelliges Informationsangebot und damit eine verbesserte Möglichkeit der Teilnahme an aktuellen Diskursen für die Zielgruppen, was ein bedeutender Aspekt selbstbestimmter gesellschaftlicher Teilhabe ist.

Selbstständigkeit und Selbstbestimmung – das sind auch Anliegen der Leichten Sprache. Doch so ähnlich die Begriffe auch sind, sie sind nicht synonym zu verwenden, denn die Leichte Sprache hat einige Alleinstellungsmerkmale.

In unserem Interview mit der Autorin Diana Nacarlı, deren Band „Leichte Sprache und Schule“ dieses Jahr erschienen ist, erklärte sie: „Leichte Sprache ist eine Varietät, die dem Abbau sprachlicher Barrieren dient und ist aus einer Bewegung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, wie sie sich selbst bezeichnen, entstanden. Unter anderem das Netzwerk Leichte Sprache hat hierfür einen Regelkatalog erstellt.“
 
Nachgefragt bei Dr. Diana Nacarlı 17.05.2024
„Leichte Sprache ist eine Varietät, die dem Abbau sprachlicher Barrieren dient“
Texte lesen und verstehen zu können ist eine wesentliche Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Doch was bedeutet es, wenn ein geschriebener Text zu kompliziert ist? Menschen mit Leseschwierigkeiten können beispielsweise bereits auf Probleme stoßen, wenn Sie einen Elternbrief oder den Beipackzettel eines Medikaments lesen wollen. Wenn jedoch wichtige Informationen aus der Schule, die das eigene Kind betreffen, oder Informationen über den richtigen Gebrauch eines Medikaments nicht zugänglich sind, stehen Betroffene vor großen Schwierigkeiten. mehr …

Dieser Regelkatalog für und von Menschen mit Lernschwierigkeiten fixiert Richtlinien für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache, darunter Regeln für Satz- und Wortlänge, Typografie, Vokabular, Satzaufbau und Grammatik. Oftmals erfolgt für Texte in Leichter Sprache auch eine Prüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten, die entsprechende Qualifikationen haben.

In der Einfachen Sprache hingegen „werden Texte sehr intuitiv erstellt, da es keinen Regelkatalog wie bei der Leichten Sprache gibt“, so Nacarlı. Einfache Sprache ist außerdem komplexer als Leichte Sprache, hat einen größeren Wortschatz und erlaubt auch etwas längere Sätze mit Nebensätzen.


Angebote in barrierefreier Sprache


Mittlerweile gibt es vermehrt Angebote in Einfacher oder Leichter Sprache, unter anderem von Behörden wie dem Bundesverwaltungsamt. Auch auf der Website des Deutschen Bundestages finden sich Informationen in Leichter Sprache. Die Website der Apotheken Umschau informiert in Einfacher Sprache über medizinische Themen, die häufig schwer zugänglich für Menschen mit geringerer Lese- und Schreibkompetenz sein können. Nachrichtenangebote gibt es unter anderem einmal pro Woche vom Deutschlandfunk und nun natürlich auch täglich von der Tagesschau.

Diese barrierefreien Angebote sind wichtig, da die Marginalisierung von Menschen auf sprachlicher Ebene auch den Ausschluss von der gesellschaftlichen sowie politischen Teilhabe nach sich zieht. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten und andere Zielgruppen der Einfachen oder Leichten Sprache sind weitere Informationsangebote dieser Art absolut notwendig, um ihnen auf gesellschaftlicher Ebene tatsächlich Autonomie und Mitbestimmungsrecht zu ermöglichen.


Leichte Sprache und Schule


Doch sowohl die Einfache als auch Leichte Sprache haben möglicherweise einen breiteren Nutzen, der mehr Menschen erreichen kann als nur ihre expliziten Zielgruppen. Dies wird seit einigen Jahren auch zunehmend in der didaktischen Forschung diskutiert. „Die Leichte Sprache mit ihrem Anspruch, für alle Menschen verständlich zu sein, könnte hierbei auch für die Schule ein interessantes Mittel zur Differenzierung und Förderung sein“, so sieht es Diana Nacarlı.

Denn: „Wie verschiedene Vergleichsstudien zeigen, sind wir immer noch weit entfernt von einem wirklich gerechten Bildungssystem. Damit wir uns diesem Ziel nähern können, brauchen wir effektive Lösungen, die vielleicht auch unkonventionell sind.“ Nacarlı sieht dieses Potenzial besonders in der Leichten Sprache und vermutet, dass mit dieser Wortschatz-, Sprach- und Lesekompetenzen gestärkt und weiter ausgebaut werden könnten. In ihrem Buch geht sie diesen Vermutungen nach.

Falls Sie mehr über das Thema Leichte Sprache im schulischen Kontext erfahren wollen, können Sie das Buch oder eBook ganz einfach hier oder in einer Buchhandlung Ihrer Wahl bestellen.
Leichte Sprache und Schule

von Diana Nacarlı

Durch das Recht auf inklusive Bildung sind Bildungsinstitutionen wie die Schule vor die Herausforderung gestellt, Lerngelegenheiten so zu gestalten,
dass sie für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich sind.
Insbesondere im Zusammenhang mit der Zugänglichkeit von Texten wird in den letzten Jahren auch in der didaktischen Forschung immer häufiger diskutiert, inwiefern sich Leichte Sprache zu diesem Zweck einsetzen lässt. Eine grundlegende Bedingung für den Einsatz Leichter Sprache im Unterricht ist allerdings, dass durch sie ein Kompetenzausbau möglich ist. Kann Leichte Sprache das leisten? Das Buch gibt Antworten auf diese Frage.

Programmbereich: Germanistik und Komparatistik